VON CLEMENS POKORNY | 05.04.2012 14:29

Vertrauen in Google?

Einer Studie zufolge vertrauen Studierende unkritisch denjenigen Websites, die ihnen als erstes Ergebnis einer Suchmaschine angezeigt werden – und laufen damit Gefahr, falschen oder manipulierten Informationen aufzusitzen. Vertrauen in Google hat noch einen anderen Preis: Das Unternehmen sammelt so viele personenbezogene Daten, dass es schon bald den gläsernen User kreieren könnte.

Jeder Student kennt das: Für ein halbherzig vorbereitetes Referat oder die schnelle Information über ein bestimmtes Produkt wird gerne einmal eine Suchmaschine bemüht. In Sekundenbruchteilen liefert sie – auch unter Einbeziehung syntaktischer Einschränkungen seitens des Suchenden – nach bestimmten Algorithmen sortierte Websites, die den Suchbegriff enthalten oder ihm nahe kommen. Welcher Treffer an erster Stelle steht, darüber entscheidet nicht nur die Anzahl der Klicks auf die entsprechende Seite. Zur sogenannten Linkpopularität gehört auch die Anzahl und Art der Verlinkungen, die auf eine Netzseite verweisen. Die Suchmaschine der Firma Google bezieht nach Angaben des Unternehmens mehr als 200 Faktoren in das Ranking ein. Das genaue Vorgehen bei der Sortierung der Suchergebnisse hält Google geheim, unter anderem um Manipulationen z.B. zu Werbezwecken zu verhindern.

Die Firma genießt bei Studierenden offenbar einen so guten Ruf, dass sie den Ergebnissen ihrer Suchmaschine gleichsam blind vertrauen. Dies zeigte 2010 eine Untersuchung in den USA. Von 102 Studierenden im ersten Semester, die alle nach derselben Information suchen sollten, klickte die Mehrheit ausschließlich auf das jeweils erste Ergebnis ihrer Suchmaschine, und ein Viertel dieser Probanden gab den ersten Platz im Ranking der Suchmaschine als Grund dafür an. Niemand machte sich die Mühe, zu recherchieren, wer für die Informationen der benutzten Website verantwortlich zeichnete, ob also beispielsweise der Urheber überhaupt qualifiziert genug war, um zitierfähig zu sein, oder ob vielleicht ein Interesse daran vorlag, die Angaben selektiv oder verzerrend dazustellen. Was die Studie nicht untersuchte: Viele Menschen wissen gar nicht, dass die Google-Suchmaschine ein „Gedächtnis“ hat. Google erstellt ein Webprotokoll, in dem Sprache, Standort und die durchgeführten Suchen eines Users gespeichert werden sowie die Websites, die er aufgrund der Suchergebnisse angeklickt hat.

Google ist also nicht nur deshalb nur mit Vorsicht zu vertrauen, weil seine Suchergebnisse nicht nach Glaubwürdigkeit, Neutralität und Qualität angeordnet werden, sondern auch, weil der Konzern immer mehr Daten seiner Nutzer sammelt. Damit verfolgt er ein unheimliches Ziel, wie Geschäftsführer Eric Schmidt unverhohlen erklärt: „Ich denke, die meisten Menschen (...) möchten, dass Google ihnen sagt, was sie als nächstes machen sollten." Seine Zukunftsvision: Das Unternehmen kennt Beruf, Hobbys, Freunde und jederzeit den Standort von Personen weltweit und gibt ihnen – auch unaufgefordert – Ratschläge für den Tag, zum Beispiel durch eine „intelligente Brille“. Kommt der gläserne User, ist der Möglichkeit totaler Überwachung à la „1984“ Tür und Tor geöffnet? Wie weit Google geht, wird die Zukunft zeigen. Wer den Datensammlern sein Vertrauen entziehen will, kann aber heute schon auf alternative Suchmaschinen setzen: Metasuchmaschinen bedienen sich anderer Suchmaschinen und speichern selbst keine Daten dauerhaft. ecosia zum Beispiel bedient sich der Suchmaschinen yahoo und Bing, nicht aber des Angebots von Google, und spendet 80% ihrer Einnahmen für den Regenwaldschutz. Und ixquick sammelt als einzige Suchmaschine überhaupt keine Daten über ihre Benutzer.