VON NORA GRAF | 14.07.2015 14:27

„Jurassic World“ bald Wirklichkeit? - Die Wiederbelebung ausgestorbener Tiere

Seit etwa 65 Millionen Jahren gibt es sie nicht mehr, denn ein Massensterben im Kreide-Tertiär hat die meisten ihrer Arten verschwinden lassen: Die Dinosaurier. Doch bis heute erfreuen sie sich immer noch großer Beliebtheit, sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen. In dem Film „Jurassic World“, der seit kurzer Zeit in den deutschen Kinos zu sehen ist, werden diese Urzeittiere aus altem Genmaterial wieder belebt. In einer Art Vergnügungspark können die Besucher die Dinos bestaunen und hautnah erleben. Was im Film jedoch animiert wurde, könnte irgendwann vielleicht Wirklichkeit werden. Denn Forscher arbeiten bereits daran, ausgestorbene Tiere wieder zurück zu holen. Doch wie soll das im Detail funktionieren?

„De-Extinction“ (bzw. „Resurrection Biology“) nennt man im Englischen den Prozess, bei dem ausgestorbene Tiere „wiederbelebt“ werden sollen. Dabei werden drei Methoden diskutiert: Das Klonen, die Gentechnik und die Rückzüchtung. Beim Klonen erzeugt man ein genetisch identisches Individuum aus Gewebeproben des nicht mehr lebenden Tieres. Beim zweiten Verfahren nimmt man ein nahe verwandtes Tier, um mittels Gentechnik über Generationen hinweg immer mehr DNA-Sequenzen in deren Keimbahnen einzufügen, so dass letztlich der nahe Verwandte dem Ursprungstier immer ähnlicher wird. Die Rückführungsmethode kommt nur infrage, wenn das Erbgut zu einem großen Teil in noch existierenden Nachkommen vorhanden ist. Durch eine geschickte Züchtung lässt sich dann der Phänotyp des ausgestorbenen Tieres wiederherstellen.

Völker, die ums Überleben kämpfen

Michael Mahony, Biologie-Professor an der Universität Newcastle in Australien, versucht es nicht gleich mit den Dinosauriern, sondern erstmal mit einem kleineren Tier, dem Magenbrüterfrosch. Sein Name ist auch Programm: Das Weibchen konnte seinen Magen auch als Gebärmutter verwenden. Es sog die befruchteten Eier ein, brütete sie aus und würgte die fertigen Kaulquappen etwa einen Monat später wieder hoch.

Für Mahony stellt die Wiederbelebung des Magenbrüterfrosches ein persönliche Anliegen dar, denn er hat ihn als erster im Eungella-Nationalpark im Nordosten Australiens entdeckt, leider auch der einzige Lebensraum des seltenen Frosches. In den 1980er Jahren rottete ihn der Chytridpilz aus. Michael Mahony und seine Kollegen versuchen sich seit einigen Jahren am Klonen des Frosches. Dafür nehmen sie die intakte DNA von eingefrorenen Magenbrüterfröschen und pflanzen sie in die entkernte Zelle des australischen Südfrosches ein. Die Eizellen teilen sich und die DNA des ausgestorbenen Tieres vervielfältigt sich. Soweit so gut, doch damit sind die Forscher auch schon am Ende, denn fertige Frösche entstehen leider noch nicht. Mahony vermutet ein Problem bei der Technik, etwa beim Entkernen der Eizelle.

Die beliebteste Methode in der Wissenschaft ist die Gentechnik, da sich das Klonen oft als sehr schwierig heraus stellt, weil man dafür eine intakte DNA benötigt – bei jenen Tieren, die schon mehr als ein paar Jahrzehnte ausgestorben sind, wird das immer unwahrscheinlicher. Der Genetiker Ben Novak und die Evolutionsbiologin Beth Shapiro möchten die im Jahr 1914 ausgestorbene Wandertaube zurück holen. Aus ausgestopften Exemplaren versuchen sie verschiedene Genome zu entziffern, um dann am Ende den gesamten genetischen Bauplan zu erhalten. Diesen vergleichen sie dann mit dem Erbgut der eng verwandten Schuppenhalstaube, um die Abweichungen anhand gentechnischer Werkzeuge auszuschneiden und sie mit denen der Wandertaube auszutauschen. Aus diesem neuen Genom sollen Küken heran wachsen, die dann später echte Wandertauben zeugen.

Mit dem „Genome Editing“ könnte man fast jede Art wieder zurück auf die Erde holen. Zumindest in der Theorie, denn in der Forschung weiß man noch gar nicht, ob das Verfahren überhaupt funktioniert. Navis und Shapiro sind die ersten, die es versuchen.

Die Rückführung sehen viele kritische Stimmen in der Wiederbelebungsdebatte am wenigsten bedenklich, da dabei noch existierende Arten so gekreuzt werden, dass am Ende Tiere entstehen, die dem ausgestorbenen möglichst ähnlich sind. Für diese Tiere muss auch in der Regel der nötige Lebensraum nicht erst wieder geschaffen werden.

Wiederauferstehungsskeptiker gibt es einige. Tom Gilbert etwa vom Kopenhagener Naturkundemuseum plädiert in erster Linie für die Rettung von bedrohten Tieren. Die Möglichkeit des Zurückholens senke überdies die Hemmschwelle, noch lebende Tierarten aussterben zu lassen, so der US-Forscher Paul Ehrlich. Auch der Bioethiker Hank Greely von der Stanford University in Kalifornien ist der Meinung, dass durch die Gentechnik letztlich die Tiere litten. Es gebe zwar Gesetze zum Schutz von Versuchstieren, diese seien aber meist zu lasch. Außerdem werden die De-extinction-Versuche meist von Stiftungen oder privaten Institutionen gefördert, bei denen die strikteren Gesetzte des Public Health Sevice nicht greifen.

Man könnte noch weiter gehen und sich fragen: Was geschieht, wenn aus gentechnisch veränderten Tieren etwas entsteht, das außer Kontrolle gerät? Oder weniger dramatisch: Was passiert, wenn Tiere wiederbelebt werden, die das ökologische Gleichgewicht durcheinander bringen? Auch, wenn „Jurassic World“ ein Science-Fiction-Film ist – und vielleicht nicht der beste seiner Art – und auch, wenn auf absehbare Zeit ein Zurückholen der Dinosaurier unwahrscheinlich ist, so wirft er doch ein paar ernste Fragen zu diesem Thema auf.