VON CLEMENS POKORNY | 03.07.2014 15:21

Ich wollt', ich wär' kein Huhn... - über die Initiative „Rettet das Huhn“

Legehennen geht es schlecht – selbst solchen in biologischer Haltung. Lässt die Leistung der Hochleistungs-Eierproduzenten nach, werden sie zu Hundefutter oder Suppenhühnern „verarbeitet“. Doch seit Ende des Jahres 2007 gibt es für einige ausgediente Hennen Hoffnung: Die Initiative „Rettet das Huhn“ vermittelt sie an Privathaushalte, wo sie endlich ein glückliches Leben führen können. Nebenbei fallen auch ein paar Eier ab. Ist das die Idee eines verrückten Huhns oder das Ei des Kolumbus?



15 Monate währt das Leben eines deutschen Haushuhnes. In dieser Zeit kommt es auf eine Legeleistung von fast 300 Eiern pro Jahr – fast dreimal so viel wie noch im Jahr 1990. Das bedeutet für die hochgezüchteten Tiere Stress, der durch das Gedränge (bis zu 3000 Hühner/Stall selbst in Biohaltung), das die natürliche Hackordnung verunmöglicht, noch vermehrt wird. Ist der Vogel nicht mehr rentabel genug, wandert er in den Schlachthof, wo er – oftmals unzureichend betäubt – für seine weitere Nutzung getötet wird.

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An dieser Stelle setzt „Rettet das Huhn“ an. Zwei für den Tierschutz engagierte Frauen aus Norddeutschland taten sich im Jahr 2007 zusammen, um wenigstens einigen ehemaligen Legehennen den Tod in der Großschlachterei zu ersparen. Seither haben sie viele Partner für ihre Sache gewonnen, die sich in fast allen westdeutschen Bundesländern sowie in Österreich und der Schweiz um die Vermittlung der Hühner kümmern. So konnten innerhalb von sechseinhalb Jahren schon über 20.000 Tiere gerettet werden.

Das ist natürlich wenig im Vergleich zu den 27.000 Vögeln, die in einem sehr großen Schlachthof pro Stunde (!) getötet werden. Der Initiative geht es aber auch weniger darum, einigen wenigen Legehennen ein grausames Ende zu ersparen und ein paar glückliche Lebensjahre zu ermöglichen. Vielmehr will „Rettet das Huhn“ ein Bewusstsein für unseren Umgang mit den Hühnern schaffen und weist dazu auch darauf hin, wie man Eier etwa beim Backen ersetzen kann. Insofern hat die Aktion langfristig das Ziel, sich selbst überflüssig zu machen – und Tierleid zu verringern, so lange es noch verursacht wird.

Wer daran mitwirken und ehemalige Legehennen bei sich aufnehmen will, braucht einen Garten für den Auslauf, möglichst mit einem umzäunten Gehege, sowie einen fuchs- und mardersicheren Stall. Die Website der Initiative bietet jede Menge praxiserprobter Tipps, Anleitungen und Hyperlinks für die eigene kleine, artgerechte Hühnerhaltung. So können Interessierte das Leben der Hochleistungshennen immerhin auf drei bis fünf Jahre verlängern (normalerweise leben Hühner bis zu zehn Jahre) und zusammen mit überschüssigen Eiern auch Informationen über die kommerzielle Legehennenhaltung an ihre Mitmenschen weitertragen. Wie die Bruderhahn-Initiative, die die „überflüssigen“ männlichen Küken vor dem sofortigen Tod nach dem Schlüpfen in der Brüterei zu bewahren versucht, setzt „Rettet das Huhn“ also an den Symptomen der Hühnerhaltung im großen Maßstab an, wirkt aber gerade dadurch darüber hinaus.