VON CLEMENS POKORNY | 04.02.2013 15:55

Die asiatische Wildtiermafia: Sinnlose Wilderei

Obwohl Elfenbein und Nashorn-Horn keinerlei medizinischen Nutzen haben, werden vor allem in Afrika so viele Elefanten und Nashörner gewildert wie seit den 1970er-Jahren nicht mehr. Mit mehr Rangern und moderner Technik versucht man nun, dem sinnlosen Morden Einhalt zu gebieten.

Der zunehmende Wohlstand in fernöstlichen Ländern wie China hat nicht in allen Lebensbereichen zu einer Verwestlichung der Lebensstile geführt: Noch immer hält sich in asiatischen Gesellschaften hartnäckig der Mythos, Nashorn-Horn lindere in pulverisierter Form Fieber und Schmerzen. Der Hunger der Neureichen nach Statussymbolen wie Elfenbein einerseits und die internationale Ächtung der Großwildjagd v. a. mit dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen von 1973 andererseits hat ebenfalls dazu beigetragen, dass sich Wilderei innerhalb der letzten Jahre zu einem großen Sektor der internationalen organisierten Kriminalität entwickelt hat. Weil die asiatischen Nashorn- und Elefantenbestände bereits kurz vor der Ausrottung stehen, gehen Wilderer aus Vietnam, Thailand oder China ihrem illegalen Geschäft verstärkt im subsaharischen Afrika nach, vor allem in Simbabwe und Südafrika.

Hunger

Dort treffen sie nicht nur auf Nashornpopulationen, die sich dank verschiedener Schutzbemühungen seit 1995 erholt haben und wieder auf immerhin ca. 25.000 Exemplare angewachsen sind, sondern vor allem auch auf politische Instabilität, Armut und Korruption. In den letzten Jahren nahm die nachgewiesene Zahl der gewilderten Tiere stetig zu, 2012 erreichte sie ihren vorläufigen traurigen Höchststand von 670 vorwiegend im südafrikanischen Krügerrand-Nationalpark abgeschlachteten Nashörnern sowie etwa 10.000 getöteten Elefanten, wie der WWF schätzt. Bis zu 50.000 US-Dollar lassen sich in Asien mit einem Kilo Nashorn-Horn verdienen. Von diesem Kuchen bekommen die Wilderer selbst, die noch am leichtesten gefasst werden können, gleichwohl am wenigsten ab; am blutigen Geschäft verdienen vor allem Schmuggler und (Zwischen-) Händler: Wilderei und Schmuggel gehören zu den fünf einträglichsten Sparten der internationalen organisierten Kriminalität, mit einem Umsatz von geschätzten mindestens acht Milliarden Dollar pro Jahr. Für die Tiere bedeuten die nächtlichen Übergriffe, die Wilderer in der Regel von kleinen Helikoptern aus auf sie verüben, einen in jedem Fall unnötigen Tod: Zwar sterben Nashörner nicht immer durch den meist nur einen Schuss, der sie zum Stillhalten zwingt, aber die Wilderer verletzten bei ihrem Raub die Schädel der Tiere so massiv, dass diese verbluten. Den Einheimischen als Komplizen der asiatischen Banden bringt zwar die Wilderei einerseits mehr ein als der Tourismus, von dem vor allem wenige Unternehmer profitieren. Doch der Wildtierhandel finanziert andererseits auch lokale Rebellenorganisationen und destabilisiert so die betroffenen Regionen zusätzlich, weil er bewaffnete Konflikte anheizt.

Mittlerweile gibt es immerhin einige Lichtblicke für Mensch und Tier. Im Dezember 2012 vereinbarte das wichtigste Exportland (Südafrika) mit dem hauptsächlichen Importland (Vietnam) eine Kooperation im Kampf gegen Wilderei und Hornhandel. Polizei und Justiz gehen – mit ihren begrenzten Möglichkeiten, vgl. oben – mutiger gegen Wilderer und Schmuggler vor. Doch Korruption und das Fehlen alternativer Einnahmequellen erschweren den Kampf gegen die Wildtiermafia in Afrika nach wie vor. Nationalparkranger haben sich daher intelligente Methoden einfallen lassen, um die Großsäuger zu schützen: Teilweise sägen sie den Nashörnern die Hörner ab, um sie für Wilderer unattraktiv zu machen. Doch das hilft nur begrenzt: Nashorn-Hörner wachsen stetig nach und selbst ihre im Schädel verbleibenden Stümpfe bleiben für skrupellose Jäger interessant. Daher kommt vermehrt auch Hightech zum Einsatz: In die Hörner implantierte RFID-Chips erlauben jederzeit die GPS-Ortung der markierten Nashörner und schlagen Alarm, wenn etwa das Tier – aus Angst vor angreifenden Wilderern – plötzlich losrennt. Der WWF schließlich übt in einer internationalen Kampagne Druck auf Regierungen aus, den Wildtierhandel härter zu bestrafen und effektiver zu bekämpfen. Das wäre dringend nötig: In Kenia wurden schon 2009 fast zwei Prozent der Spitzmaulnashorn-Population getötet und damit eine in Hinblick auf den Fortbestand der Spezies im Land kritische Marke überschritten. Die getroffenen Maßnahmen zum Artenschutz müssen also schnell greifen, wenn wir auch in Zukunft noch Elefanten und Nashörner in freier Wildbahn bestaunen wollen.