VON MAXIMILIAN REICHLIN | 04.09.2015 10:55

Synthetisches Nashorn-Horn – Lässt sich die Wilderei so stoppen?

Einem kleinen Startup-Team aus aus San Francisco ist es gelungen, Nashorn-Horn synthetisch herzustellen. Die Gründer wollen damit den Naturschutz unterstützen und mit günstigem künstlichen Horn die Nachfrage in Asien bedienen, um Wilderer aus dem Geschäft zu drängen. Naturschützer hingegen sind kritisch und glauben nicht so recht an die Wirksamkeit der Idee. Was ist dran am synthetischen Horn?


Keratin, ein wenig Nashorn-DNA und ein paar andere Grundstoffe. Mehr ist nicht nötig, um echtes Nashorn-Horn künstlich im Labor herzustellen. Nachdem der Biologe Matthew Markus und der Biochemiker George Bonaci aus San Francisco monatelang an den Prototypen getüftelt haben, ist es ihnen nun gelungen, echtes Horn synthetisch herzustellen. Eine Sensation. Die Jungunternehmer versprechen sich dadurch, die Wilderei auf Nashörner, vor allem in Südafrika, zu stoppen.

Repliziertes Fleisch und der 3D-Drucker als Metzger von morgen

Einfache Idee: Horn aus dem 3D-Drucker soll Wilderei stoppen

Ihr Plan ist simpel. Mit künstlichem Horn will das Startup „Pembient“ in Asien die wachsende Nachfrage bedienen. Vor allem in Vietnam gilt das begehrte Horn auch heute noch als Allheilmittel der traditionellen Medizin. Es soll fiebersenkend, potenzsteigernd und entgiftend wirken und sogar gegen Schlaganfälle, Epilepsie und Krebserkrankungen vorbeugen. Von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen reiner Humbug und in Vietnam eigentlich illegal. Trotzdem schwören die Asiaten auf das exotische Medikament. Bis zu 100.000 US-Dollar kostet das Horn dort pro Kilogramm und ist damit teurer als Gold.

Das künstliche Horn jedoch lässt sich mit der Methode von Markus und Bonaci einfach, schnell und günstig herstellen. Das Hornpulver, das die beiden Amerikaner aus Keratin und Nashorn-DNA gewinnen, kann sogar in einem 3D-Drucker zu einem realistisch aussehenden Horn verarbeitet werden. Mit Horn zu Spottpreisen will das kleine Startup den asiatischen Schwarzmarkt überschwemmen – sie stehen bereits in Verhandlung mit einigen chinesischen Firmen – und somit die Wilderei unrentabel machen. Ihr Fernziel ist es, die Wilderei in Südafrika, wo es noch die meisten Nashörner gibt, einzudämmen.

Naturschützer glauben nicht an die Idee

An sich eine gute Idee, doch einige Naturschützerinnen und Naturschützer haben etwas dagegen. Susie Ellis, Direktorin der International Rhino Foundation, glaub nicht an das synthetische Horn: „Die Menschen werden kein synthetisches Horn kaufen, wenn sie sich das Echte leisten können." Immerhin gelte echtes Nashorn-Horn nicht nur als wirksames Medikament, sondern vor allem als Statussymbol. Wie kein reicher Europäer statt eines Mercedes einen Fiat kaufen würde, so würde wohl kein wohlhabender Asiate auf künstliches Horn zurückgreifen.

Schlimmstenfalls, so wird befürchtet, könnte das gesteigerte Angebot durch den künstlichen Rohstoff die Nachfrage nach echten Horn sogar noch anwachsen lassen, und die Wilderei somit noch verschlimmern. Man müsse anders ansetzen. Etwa indem die Bevölkerung Vietnams über die Unwirksamkeit des Hornes und die Folgen der Wilderei aufgeklärt würde. Auch künstliche Befruchtung könnte Wirkung zeigen, wie sie zum Beispiel von Tierärzten in Südafrika ausprobiert wird. Das würde zwar die Wilderei nicht stoppen, zumindest aber die Population der vom Aussterben bedrohten Nashörner stabil halten.

Pembient ist optimistisch – auch Haifischflossen und Elfenbein seien denkbar

Alleine in diesem Jahr sind in Südafrika bereits rund 390 Nashörner der Wilderei zum Opfer, 2014 waren es insgesamt 1.200 Tiere. Das entspricht einer Steigerung von fast 9.000 Prozent seit dem Jahr 2007, wo jährlich noch 14 Tiere gejagt wurden. Tendenz weiter steigend. Gerade diese erschreckenden Zahlen sind es, die Pembient an ihren Erfolg glauben lassen. Sie lassen sich durch kritische Stimmen nicht beirren und wollen sich schon bald auch an die Rettung anderer gefährderter Arten wagen. So sei etwa auch die Herstellung von Haifischflossen oder Elfenbein möglich. Ob sie damit wirklich einen nachhaltigen Effekt erzielen werden, bleibt abzuwarten.