VON JOACHIM SCHEUERER | 08.11.2013 11:53

Repliziertes Fleisch und der 3D-Drucker als Metzger von morgen

Science-Fiction-Fans, allen voran die Gemeinde der Star Trek-Anhänger, haben schon lange Visionen von repliziertem Essen, für das keine natürlichen Ressourcen verbraucht werden müssen. Jene Visionen könnten in nicht allzu ferner Zukunft wahr werden. Derzeit erforschen verschiedene amerikanische, niederländische und skandinavische Entwicklerteams die Möglichkeit der künstlichen "in vitro" Fleischproduktion. An vorderster Front steht dabei die Firma "Modern Meadow", die mit Fleisch aus dem 3D-Drucker unsere traditionellen Vorstellungen und Essgewohnheiten herausfordert.


Die Intelligenz unseres Fleisches oder:

Die Gründer von "Modern Meadow", Gabor Forgacs und sein Sohn Andras, möchten mit Hilfe von Fleisch aus dem 3D-Drucker zur Verminderung des Energie-, Wasser- und Landverbrauchs sowie der Treibhausgasemissionen, der Tierquälerei und der Epidemien durch massenhafte Nutztierhaltung beitragen. Zudem wollen sie verschiedenen Ernährungsgruppen wie z.B. Vegetariern, Juden, Moslems etc. eine alternative und ethisch unbedenklichere Fleischquelle liefern. Angesichts der global stetig zunehmenden Nachfrage nach Fleisch, welche die Welt vor erhebliche ökologische und ethische Probleme stellt und stellen wird, ist dies äußerst begrüßenswert.

Doch wie sieht das Verfahren aus, mit dem sie diese Ziele erreichen wollen und ist es überhaupt der richtige Weg oder nur wieder einmal mehr am Kern des Problems vorbeigedacht?

Der kuriose Herstellungsprozess beinhaltet eine sog. "Biotinte" aus tierischen Gewebezellen, welche im 3D-Drucker mithilfe eines Nährgels in eine feste Form gebracht und in Bioreaktoren zu Fleischklumpen heranreifen sollen. Angeblich ist es den Forgacs bereits gelungen ein solches Steak zu drucken und sogar zu verzehren.

Letzteres könnte dabei das größere Hindernis von beidem sein, wie auch Gabor Forgacs bewusst ist, der immer noch nach der richtigen Vermarktungsstrategie zum Abbau von Berührungsängsten seitens der Öffentlichkeit sucht. Die Vorstellung, künstliches Fleisch aus einem Biodrucker zu verspeisen, ist für viele Leute sicherlich gewöhnungsbedürftig und nicht sehr erstrebenswert oder appetitanregend. Zumal die bei frisch geschlachtetem Fleisch normal auftretenden biochemischen Reaktionen, welche die Farbe, den Geschmack und den Nährstoffgehalt des Fleisches bestimmen, beim Drucker-Fleisch noch nicht erfolgreich erforscht und kopiert werden konnten. Desweiteren stellt auch noch die reibungslose Gewährleistung des Nährstofftransports zu den Zellen ein Problem dar, weshalb bisher nur dünne Muskelklumpen hergestellt werden konnten. Und auch die Produktionskosten sind derzeit noch unverhältnismäßig hoch.

Gemessen an den ernormen Kosten unseres konventionellen Fleisch- und Lederkonsums für unser Wirtschafts- und Ökosystem, wirken die Gewöhnungsbedürftigkeit und die bisherige Kostspieligkeit dieser neuen Art der Fleischgewinnung jedoch wie Hürden, die es vielleicht wert sind überwunden zu werden. Vielleicht bedarf es genau solcher wissenschaftlichen Kühnheiten, um den zukünftigen Anforderungen gerecht werden zu können. Und selbst wenn es nur bei Science-Fiction bliebe, wäre dies vielleicht eine erfrischende Herausforderung unserer verkrusteten Denk- und Essgewohnheiten, auf dem Weg zu einer umweltverträglicheren Lebensweise.

Vielleicht geht es andererseits aber auch weniger darum, nach Alternativen zu suchen, die es ermöglichen unsere bisherigen auf Massenkonsum basierenden Essenstraditionen aufrechtzuerhalten und in ein ökologischeres Zeitalter hinüberzuretten, als vielmehr um einen prinzipiell bewussteren, respektvolleren und ausgewogeneren globalen Umgang mit den Nahrungsressourcen unseres Planeten. Kurz gesagt also um die Behebung der Ursache des Problems anstatt des bloßen Symptoms.