VON MAXIMILIAN REICHLIN | 20.09.2014 15:44

Predictive Policing und Racial Profiling – Wie funktioniert die Polizeiarbeit von Morgen?

Es klingt wie die Zukunft der Polizeiarbeit: „Predictive Policing“, die Möglichkeit, Straftaten zu verhindern, bevor sie überhaupt entstehen. Mit Hilfe von entsprechender Analysesoftware ist diese Zukunftsvision jedoch bereits heute möglich. Dazu werden oft auch sensible personenbezogene Daten verwendet, wofür größtenteils noch die Rechtsgrundlage fehlt. Kritiker halten nichts vom „Predictive Policing“ oder anderen Methoden wie dem „Racial Profiling“, das ähnlich funktioniert. UNI.DE über die Hintergründe.


Geht es um „Predictive Policing“ fühlt man sich schnell an Science-Fiction-Geschichten wie „Minority Report“ erinnert. Verbrechen mit modernster Technologie zu vereiteln, bevor sie geschehen. Das ist der Traum des „Predictive Policing“. Mit Hilfe von „Data Mining“, also dem Sammeln von Computer- und Telefondaten durch hochmoderne Analysesoftware könnte dieser Traum wahr werden. Der Westfälische Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann erklärte das „Predictive Policing“ und seinen Nutzen in einem Beispiel: „Aufmerksam werden“ müsse man zum Beispiel, wenn an einem bestimmten Ort, der sich aufgrund seiner Lage für mobile Einbrecher besonders lohnt, gleichzeitig ausländische Transportfahrzeuge gesichtet und ausländische Telefonkarten verwendet werden.

Geheimakte Deutschland

Wie „Predictive Policing“ funktioniert...

Bereits heute arbeitet die Polizei mit empirischen Erfahrungswerten, etwa, dass die Zahl von Taschendiebstählen bei Großveranstaltungen signifikant zunimmt. Wahrscheinlichkeiten sind hier relevant. Die Frage hinter dem „Predictive Policing“ ist: Wie wahrscheinlich ist es, dass eine bestimmte Person an einem bestimmten Ort ein bestimmtes Verbrechen begeht. Um Antworten zu erhalten, können verschiedenste Informationen verwendet werden: Metadaten von Telefongesprächen und SMS, das Surfverhalten der Nutzer, Kommentare auf Twitter oder Facebook, Blogeinträge, etc. Die Möglichkeiten sind grenzenlos.

Und hier wird es für das „Predictive Policing“ auch problematisch. Sensible private Daten dürfen in den meisten Staaten nämlich nicht oder nur in Ausnahmefällen und nur mit begründetem Verdacht verwendet werden. Das „Data Mining“ im Vorfeld, das unkontrollierte Sammeln und Speichern von gewissen personenbezogenen Informationen ist also rechtlich mehr als unsicher, auch in Deutschland. Ein Sprecher des Innenministeriums in Nordrhein-Westfalen sagte deswegen auch über den Vortrag Schürmanns, das Sammeln von Telefondaten oder die Kontrolle sozialer Netzwerke sei im Moment noch „reine Fiktion“.

...und warum es noch nicht funktioniert.

Auch Kritiker und Datenschützer betonen, dass für ein großes Projekt zum „Predictive Policing“, wie es beispielsweise in den USA üblich ist, in Deutschland die rechtliche Grundlage fehlt. Eine solche „Rasterfahndung“ gleiche dem „Racial Profiling“, also der Überprüfung und Befragung vor allem ausländisch-wirkender Zivilisten nur aufgrund von empirischer Erfahrung und Wahrscheinlichkeit. Diese Vorgehensweise wurde bereits 2012 vom Oberverwaltungsgericht in Koblenz für gesetzwidrig erklärt und ist ebenfalls Teil des umstrittenen „Predictive Policing“.

Dennoch will wohl auch Deutschland auf den Zug aufspringen. So ist zum Beispiel das BKA damit beschäftigt, den Markt nach entsprechender Software zu durchsuchen und auch die Bundespolizei soll bereits Interesse am EU-Projekt CAPER gezeigt haben, das durch die Analyse öffentlicher und privater Daten dem organisierten Verbrechen entgegen wirken soll. Allerdings, so eine Erklärung der Bundesregierung, wolle das BKA kein „Data Mining“ durchführen. Es würden lediglich „Marktbeobachtungen“ durchgeführt.