VON MAXIMILIAN REICHLIN | 01.08.2013 13:58

Geheimakte Deutschland – Deutsche Nachrichtendienste und ihre Aufgaben

Durch die jüngsten Skandale um das Ausspähprogramm „Prism“ der amerikanischen NSA, mit dem im großen Stil die Kommunikation von deutschen Bürgern in einem noch unbekannten Ausmaß überwacht wurden, sind auch die deutschen Geheimdienste in die Kritik geraten. Man warf den Ämtern enge Zusammenarbeit mit den amerikanischen Behörden vor, in vielen deutschen Städten wurde zu Demonstrationen aufgerufen. Doch welche Geheimdienste existieren in der Bundesrepublik überhaupt und was sind ihre Aufgabenfelder? UNI.DE hat sich umgehört.


Insgesamt 19 Geheimdienstbehörden und entsprechende Abteilungen zählt der MDR auf deutschem Bundesgebiet. Die drei wichtigsten und größten Geheimdienste sind jedoch der Bundesnachrichtendienst (BND) als Auslandsnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als Inlandsnachrichtendienst und der bundeswehrzugehörige Militärische Abschirmdienst (MAD). Darüber hinaus existieren in den meisten Bundesländern noch einzelne Verfassungsschutzbehörden als lokale Inlandsnachrichtendienste.

1984 oder 2013?

Wenn der große Bruder mithört:

Anti-Terror-Datei

Alles nur geschreddert...

Grundsätzlich ist es die Aufgabe all dieser Ämter, Nachrichten und Informationen zu sammeln, die für die Bundesrepublik eine Bedeutung haben könnten – ob nun militärisch, wirtschaftlich, politisch oder zivil – weswegen sie offiziell auch als Nachrichten- und nicht als Geheimdienste bezeichnet werden. Dabei beschränkt sich der BND vor allem auf Nachrichten aus dem Ausland, der Verfassungsschutz deckt nationale Informationen ab, ein besonderes Augenmerk liegt dabei immer auf Informationen über Bestrebungen gegen die Bundesrepublik Deutschland oder deren Verfassung.

Beide Behörden wurden nach Ende des zweiten Weltkrieges gegründet. Der BND ging dabei aus der „Organisation Gehlen“ (OG) hervor, die unter amerikanischer und russischer Leitung entstand und grundsätzlich das Ziel hatte, die Sowjetunion mit Informationen zu versorgen. Dabei wurde die OG von der amerikanischen Behörde CIA unterstützt. Erst seit 1956 firmiert das Amt unter seinem offiziellen Namen Bundesnachrichtendienst und steht unter deutscher Leitung. Sechs Jahre zuvor war der Bundesverfassungsschutz ins Leben gerufen worden, als Zugeständnis der Alliierten an die zukünftige Bundesrepublik. Die Gründung wurde durch den sogenannten „Polizeibrief“ ermöglicht, der es der werdenden Bundesregierung gestattete, eine "Stelle zur Sammlung und Verbreitung von Auskünften über umstürzlerische, gegen die Bundesregierung gerichtete Tätigkeiten einzurichten.“.

Sowohl der BND als auch der BfV und der MAD stehen auf einer eigenen Rechtsgrundlage. So existieren das „Gesetz über den Bundesnachrichtendienst“, das „MAD-Gesetz“ und das „Bundesverfassungsschutzgesetz“, in denen geregelt wird, zu welchen Maßnahmen die Nachrichtendienste greifen dürfen und zu welchen nicht. Beispielsweise ist zur Verhütung eines Geheimdienstes wie der Gestapo im Dritten Reich festgelegt, dass die Bundesnachrichtendienste von der Polizei getrennt sein müssen und keine exekutiven Maßnahmen ergreifen dürfen.

Dennoch geraten die deutschen Geheimdienste nicht selten ins Kreuzfeuer der Kritik. Erst im letzten Jahr wurde den Behörden Mitwisserschaft in den Morden und Verbrechen der Zwickauer Terrorzelle des NSU vorgeworfen, aktuell stehen sie wegen der Ausspähaffäre des amerikanischen Geheimdienstes NSA in der Kritik. Auch hier wird den Geheimdiensten unterstellt, von den Aktivitäten der amerikanischen Behörde gewusst und sie sogar noch unterstützt zu haben, wohl auch weil die von der NSA genutzte Technik auch von deutschen Diensten verwendet werden soll. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen wies die Anschuldigungen jüngst zurück, nachdem eine Sachbearbeiterin des Kanzleramtes die Gesetzestreue der deutschen Nachrichtendienste bestätigt hatte. Vor dem Hintergrund der Späh-Affäre will Außenminister Guido Westerwelle nun den ersten offiziellen „Cyber-Beauftragten“ einsetzen, der die Interessen der deutscher Staatsbürger im digitalen Raum schützen soll. Die genauen Aufgabenbereiche dieses Beauftragten stehen jedoch noch nicht fest.