VON MAXIMILIAN REICHLIN | 14.10.2013 14:23

Die Rapanui und ihr Kampf um Unabhängigkeit der Osterinsel

Vor der Entdeckung der Osterinsel im Jahr 1722 von den Niederländern entdeckt worden war, führten die einheimischen Rapanui ein einfaches und naturbezogenes Leben, bestimmt durch Fischfang und Erntezeiten. Heute gehört die Insel, obwohl geografisch zu Polynesien gehörig, zu Chile. Bauprojekte und Tourismus des südamerikanischen Staates drohen, die Spuren des indigenen Volkes der Rapanui gänzlich zu vernichten. Demonstrationen gegen den chilenischen Einfluss in der Vergangenheit wurden von der Polizei gewaltsam beendet. Nun streben die Rapanui nach Unabhängigkeit. UNI.DE über den Kampf eines Volkes nach Selbstbestimmung.

Das Volk der Rapanui hat auf der Osterinsel kaum mehr Gelegenheit, sich zu entfalten. Einwanderungswellen aus dem herrschenden Chile drängen immer mehr Rapanui aus ihren angestammten Wohngebieten in die einzige Stadt der Insel, Hanga Roa. Die Chilenen nutzen die Osterinsel als Wohnort, um Steuern zu sparen. Das führte dazu, dass heute zwei von drei Einwohnern der Insel chilenischer Abstammung sind. Hinzu kommen groß angelegte von der chilenischen Regierung geplante Bauprojekte. Ein Vier-Jahres-Plan, der insgesamt um die 60 Millionen Dollar kosten soll, sieht etwa Luxushotels für die Touristen vor.

Urlaub mit gutem Gewissen

Diese strömen in Massen zu der abgelegenen Insel. Mehr als 65.000 Touristen besuchen jedes Jahr das größte Freilichtmuseum der Welt, um die schönen Strände, die vulkanische Landschaft, und die riesigen Moai, die Steinstatuen, zu sehen, die die Osterinsel berühmt machen. Die Tourismusbranche macht mittlerweile 80% der Wirtschaft der Osterinsel aus. Andere Wirtschaftszweige sind kaum vorhanden. Beinahe jedes Gut muss vom Festland eingeführt werden, was die Preise der Waren erhöht. Chile hat die Rapanui komplett in die Abhängigkeit gedrängt und übernimmt langsam deren Land, Arbeitsplätze und Wirtschaft.

Demonstrationen gegen das Vorgehen der Chilenen wurden in der Vergangenheit gewaltsam niedergeschlagen. 2010 wurde in zwei Fällen die chilenische Militärpolizei eingesetzt, um Demonstranten an der Besetzung von Gebäuden zu hindern, die in einem von Chile und Amerika finanzierten Bauprojekt in Luxushotels umgewandelt werden sollten. Die meisten Demonstranten wurden verhaftet und in einigen Fällen verletzt.

Was die Rapanui fordern: Sie wollen ein Mitspracherecht über die Verwendung öffentlicher Gelder und die Anzahl der chilenischen Einwanderer, die auf die Insel übersiedeln. Schließlich wollen sie auch die Zeiten begrenzen, in denen Touristen die Insel besuchen dürfen. Ganz wollen sie den Tourismus selbstverständlich nicht aufgeben, doch fordern sie eine Beschränkung, um ihre Kultur und ihren Lebensraum zu schützen. Auch die Unabhängigkeit von Chile und dafür die Anbindung an das wesentlich nähere Polynesien sind Teil der Forderungen.

Andere Rapanui dagegen kümmern sich nur wenig um die chilenische Politik und die Touristen. Sie ziehen sich als „Guardians“, also als „Wächter“ der Rapanui in die Wildnis zurück, tragen traditionelle Kleidung und leben ein Leben, das der Kultur der Rapanui vor der Entdeckung durch die Europäer entspricht, um so die ursprünglichen Werte der Osterinselbewohner wieder aufzubauen und zu stärken. Diese Guardians kritisieren, dass Chile seit der Annektierung der Insel 1888 nichts getan hat, um die einzigartige Kultur der Rapanui zu schützen. Die Möglichkeit dazu besteht erst sei 1966, als die Osterinsel und ihre Bewohner einen neuen rechtlichen Status und ein Wahlrecht erhielten. Zuvor waren die Einheimischen Rapanui von den chilenischen Siedlern als Leibeigene betrachtet worden. Die Guardians stellen sich also der Aufgabe, über 100 Jahre Unterdrückung und Degeneration zu überwinden.