VON SINEM S. | 12.04.2013 12:23

Ohne Geld leben?

Wenn es eine Sache gibt, ohne die man eigentlich nicht leben möchte oder kann, dann ist es das liebe Geld. Ohne den schnöden Mammon würde sich der Alltag nämlich recht schwierig gestalten, wenn nicht gar unmöglich. Nun gibt es aber Möglichkeiten, der Konsumfalle und dem Geldzwang zu entfliehen, und sein Leben ohne Geld zu bestreiten. Einige Aktivisten weltweit haben es bereits vorgelebt und finden immer mehr Nachahmer. Ob das Containern von Essen, regionale Tauschringe mit eigenen Tauschwährungen oder das Portal wastecooking.com, welches leckere Anleitungen zum Resteverkochen gibt, der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Ob Miete, Kleidung oder Essen – wer nicht jeden Monat ein festes Einkommen bestreitet, kann sich nur schwer in dieser Gesellschaft behaupten. Oft bleibt einem nur der Gang zum Arbeitsamt übrig, wobei auch der Hartz IV-Regelsatz immer wieder kritisiert wird, da er nicht wirklich zum Leben reicht. Es gibt aber Menschen, die sich den gesellschaftlichen Zwängen und dem Konsumwahn entziehen möchten und lieber das benutzen, was schon längst vorhanden ist. Tag für Tag werden allein in Deutschland Tonnen von Lebensmittel und Kleidung von Privathaushalten und Groß- und Einzelhandel weggeworfen – sehr zur Freude derjenigen, die „Containern“ gehen. Dabei werden mehr oder weniger illegal die Abfallcontainer von Supermärkten und Bekleidungsgeschäften durchsucht (meist in einer Nacht- und Nebelaktion). So auch Phillipp Hauschild aus Hamburg, der jeden Monat nur 40 Euro ausgibt - und das für Zigaretten. Ansonsten lebt der Occupy-Aktivist im Gästehaus auf einem Gutshof, welches ihm eine andere Aktivistin zur Verfügung gestellt hat. Essen und Kleidung beschafft sich der ehemalige Industriekaufmann, der vorher von 4350 Euro netto im Monat lebte, selbst aus Containern von Unternehmern, und ergatterte so auch schon mal eine North Face-Jacke oder einen Trenchcoat von H&M.

Containern statt einkaufen

So auch der Brite Mark Boyle, der ein Jahr lang nichts kaufte und alles selbst herstellte oder eben gebraucht bezog. Ausschlaggebend für seinen Sinneswandel war der Gedanke, dass der Mensch nicht mehr weiß, was er konsumiert, weil er praktisch nichts mehr selbst herstellen muss. Würde er dies aber tun, fiele es ihm viel schwerer, Konsumgüter achtlos wegzuwerfen und so den Teufelskreis aus Massenproduktion und Verschwendung aufrecht zu erhalten. Auch Hanna Poddig aus Deutschland wurde durch ihre zahlreichen Aktionen (unter anderem kettete sie sich an Bahngleise, um einen Bundeswehrtransport zu verhindern) bekannt, die Vollzeitaktivistin, wie sie sich selbst bezeichnet, lebt fast ausschließlich vom „Containern“ und hat auch keinen festen Wohnsitz. Ihrer Meinung nach ist es möglich, komplett vom „Dumpstern“, wie das Containern auch genannt wird, zu leben.

Nachbarschaftshilfe mal anders

Foodsharing & Co – Essen für alle

Teilen und Tauschen – die Währung der Zukunft?

Eine neu aufgelegte Form der (bargeldlosen) Nachbarschaftshilfe sind Tauschringe, die es mittlerweile überall in Deutschland (und auf der ganzen Welt) gibt. Hier melden sich Tauschwillige an, um meist gegen Zeiteinheiten als Währung eine Fähigkeit oder auch Gegenstände anzubieten. So soll gewährleistet werden, dass alles jedem zur Verfügung steht, und sich Leute nichts Neues kaufen müssen. Eine weitere Idee, wie man Geld sparen kann, bietet die Homepage www.foodsharing.de. Hier kann man eintragen, wenn man Lebensmittel übrig hat, die man nicht mehr braucht, die aber zu schade zum Wegwerfen sind. Wichtig ist nur, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum aktuell ist. Die sogenannten Einkaufskörbe werden auf einer interaktiven Karte eingezeichnet, und wer will, kann sie sich abholen. Auf der Seite www.wastecooking.com treffen sich Köche und Container-Aktivisten, um kreative Anleitungen für das Kochen von geretteten Lebensmittel zu geben.

Alles umsonst

In mehreren deutschen Städten hat sich ein neues Konzept durchgesetzt, das den konsumkritischen Umgang mit Waren fördern will. Die sogenannten „Umsonstläden“ verkaufen nichts, sondern verschenken ihren Kunden Dinge, die von anderen nicht mehr gebraucht werden. Wer will, kann sich bis zu drei Gegenstände (von Lebensmitteln bis Waschmaschinen gibt es hier alles) mitnehmen und auch selbst was da lassen, wofür er keine Verwendung mehr findet. Ein weiteres Verschenk-Netzwerk ist in Deutschland bereits aktiv, und findet tagtäglich immer mehr User. Die Freecycler tragen sich in Verteiler an, und lassen sich täglich darüber informieren, wer wo was zu verschenken hat oder etwas braucht. Wer sich kostenlos weiterbilden möchte, kann dies über den „Arbeitskreis Lokale Ökonomie Hamburg“ tun. Diese gründete die „Freie Uni Hamburg“, die Interessenten natürlich kostenlos Seminare und Weiterbildungsmöglichkeiten anbietet. Noch ist die Anzahl der Lerngruppen nicht so groß, aber die Idee hinter dem Projekt, sein Wissen mit anderen zu teilen, ist sicherlich sehr zukunftsträchtig.