VON JANA NOSSIN
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15.12.2015 13:22
Kreativwirtschaft und ihre Bedeutung in den Entwicklungsländern
Betriebswirtschaftlich oder Kreativ? So stellten wir uns einst die Frage, um zu entscheiden, welche Studienrichtung oder Ausbildung wohl die richtige für uns sei. Und auch im Laufe eines Berufslebens fragt sich so manch kreativer Kopf, ob sich mit Schöpfungskraft und Gestaltung tatsächlich ausreichend und gut Brötchen verdienen lassen. Denn Ideenreichtum allein sichert noch keinen wirtschaftlichen Erfolg. Doch auch der ein oder andere Betriebswirt sinniert fernab von Zahlen und Fakten nicht selten darüber nach, ob ein wenig mehr Kreativität nicht doch für das Leben inspirierend und bereichernd sein könnte.
Wer kreativ ist, verfügt - nach allgemeiner Definition - über die Fähigkeit, etwas vorher nicht da gewesenes, originelles oder beständiges Neues zu schaffen. Wirtschaftlichkeit hingegen misst und bewertet ein Unternehmen oder Projekt im Sinne einer Kosten-Nutzen-Relation oder die Effizienz im Umgang mit knappen Ressourcen. Zwei Bereiche, die unterschiedlicher nicht sein könnten, so scheint es. Doch wer meint, dass sich Schöpfertum und Ökonomie nicht vereinen lassen, irrt. Dass die Verknüpfung von Kreativität und Wirtschaftlichkeit nicht nur gut zusammen harmoniert, sondern sogar einen ausgesprochen erfolgreichen und aufstrebenden Wirtschaftszweig, die Kultur- und Kreativwirtschaft, ausmacht, darüber hat UNI.DE recherchiert und berichtet über eine der wachstumsstärksten Branchen unserer Weltwirtschaft.
Zur Kultur- und Kreativwirtschaft zählen, laut Definition der UNESCO, all jene Wirtschaftszweige, die Güter und Dienstleitungen herstellen oder vertreiben, über die kulturell Ausdrucksformen vermittelt werden. Diese Wirtschaftszweige werden – je nach Schwerpunkt - in elf Teilmärkte unterteilt: Musikwirtschaft, Buch- und Kunstmarkt, Film- und Rundfunkwirtschaft, Darstellende Kunst, Designwirtschaft, Architektur- und Pressemarkt sowie Software-/Game-Industrie und Werbemarkt.
Die Branche, die sich seit dem Ende der 80er Jahre zu einem der dynamischsten Wirtschaftszweige der Weltwirtschaft entwickelt hat, wird zumeist von Freiberuflern, Klein- und Kleinstbetrieben geprägt. Rund 1.8 Millionen Erwerbstätige sind derzeit in Deutschland im Kultur- und Kreativbereich beschäftigt. Mit einem geschätzten Jahresumsatz von ca. 146 Milliarden Euro im Jahr 2014 und einer Bruttowertschöpfung von 67 Milliarden Euro, lag die volkswirtschaftliche Gesamtleistung bei 2,4 Prozent und steht somit anderen großen Industriesektoren, wie z. B. dem verarbeitenden Gewerbe (Chemie, Automobil, Maschinenbau), keineswegs nach.
Egoismus oder Gemeinschaftssinn – Erschaffen wir das System, oder erschafft das System uns?
Fakt ist, dass die bestehenden Systeme, die unsere derzeitigen Wirtschafts-, Finanz-, Umwelt- und Sozialpolitik prägen, - vorsichtig formuliert – optimierungsbedürftig sind. Doch was bedarf es für einen Wandel?
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Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein dynamischer, schnell wachsender Wirtschaftszweig, der sich durch Prototyp-Charakter-Aktivitäten und Schnelllebigkeit auszeichnet. Dennoch haben Länder und Kommunen längst erkannt, dass Kultur- und Künstlerförderung zugleich auch Wirtschaftsförderung bedeutet. Und auch auf
internationaler Ebene trägt die Branche in erheblichem Maße zu einer ökonomischen Entwicklung bei. Laut dem „
Cultural Times-Bericht“, der am 3. Dezember 2015 von der UNESCO, dem internationalen Dachverband der Verwertungsgesellschaften CISAC und der Firma EY (früher Ernest & Young) vorgestellt wurde, schaffte die Kultur- und Kreativwirtschaft weltweit 29,5 Millionen Arbeitsplätze und generiert jährlich 2.250 Milliarden US-Dollar an Wert. Somit trägt die Branche mit 3 Prozent zum weltweiten Bruttoinlandsprodukt bei.
Mit ihrer nahezu unerschöpflichen und nachhaltigen Ressource Kreativität, besitzt die Kultur- und Kreativbranche gerade für die internationale Zusammenarbeit großes Entwicklungspotential. Gute Ideen und Schöpfertum gibt es schließlich überall auf der Welt. So kann das Potential von Kultur und Kreativität insbesondere dafür genutzt werden, um in den Entwicklungs- und Schwellenländern, die aufgrund ihrer Tradition sowie einer kulturellen und sprachlichen Vielfalt über ein immenses Reservoir an Kulturgütern verfügen, wichtige Transformationsprozesse anzustoßen. Mit minimalem Ressourcenverbrauch ist es möglich, Arbeit zu schaffen, Einkommen zu generieren und Exportlösungen zu erwirken.
Die Filmindustrie in Nigeria, auch bekannt unter dem Begriff „
Nollywood“, untermauert diese Prognose, erreichte sie doch - nach Hollywood und Bollywood – mittlerweile den Rang als weltweit drittgrößter Filmproduzent. Auch der in Kenia, Tansania oder im Senegal florierende Musikmarkt boomt und trägt so erheblich zum Wirtschaftswachstum dieser Länder bei.
Durch eine gerechte und nachhaltige Förderung von Kreativität und Innovation in den Entwicklungsländern, wird nicht nur lokal ein ökonomischer Mehrwert erschaffen, sondern gleichermaßen ein neuer Entwicklungspfad für eine zukunftsfähige Gesellschaft gebahnt. Diese kann darüber hinaus mehr Lebensqualität erfahren und eigens zu einer menschenzentrierten und nachhaltigen Entwicklung im Land beitragen.
Um die Weiterentwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft zu fördern, weist
der Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2013 auf die Notwendigkeit von politischen Strategien und die Erschaffung von notwendigen Rahmenbedingungen hin. Wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklungsprozesse seien noch stärker in die internationale Entwicklungszusammenarbeit zu integrieren und Investitionen der Kreativwirtschaft zu fördern. Vor allem sollte sich die Kreativwirtschaft aber an nicht-monetären Werten orientieren und nicht allein am wirtschaftlichen Nutzen.
Wir blicken gespannt auf die weitere Entwicklung dieses kreativen Wirtschaftszweiges.
Bild: "
IMG_6057 - Dance troupe from Kwara State Council for Arts and Culture". © talatu-carmen - flickr.com
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CC BY-NC-SA 2.0