VON CHARLOTTE MEYER | 11.12.2015 15:36

Der Phare Cambodian Circus - mit Kunst für die nationale Identität

Kambodscha ist ein Land, das viel gelitten hat. Es war lange französische Kolonie, hat einen schrecklichen Völkermord durchgestanden und war in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zweimal in Kriege verstrickt. Gegen diese schreckliche Vergangenheit versucht seit Anfang der 90er Jahre eine gemeinnützige Organisation mit künstlerischer Ausbildung anzukämpfen. Sie finanziert sich dabei aus den Einkünften eines Zirkus, der gerade durch die USA tourt. Was der Phare Cambodian Circus außerdem macht und was er mit Armutsbekämpfung zu tun hat, berichtet UNI.DE


Hartes Training von Anfang an

Unter den Roten Khmer hat die reiche Kultur Kambodschas stark gelitten. Während des Bürgerkriegs in den 1970ern wurden Auftritte verboten und Musiker und Künstler umgebracht. Ein lokaler Zirkus versucht nun, die nationale Kultur wieder aufleben zu lassen und gleichzeitig Armut zu bekämpfen. Straßenkinder, Waisen und Kinder aus armen Familien werden vom Zirkus zu Weltklasseakrobaten ausgebildet und so aus der Armut befreit. Nov Sreyleak zum Beispiel, die als kleines Mädchen mit ihrer Mutter neben dem Schulunterricht auf der Straße Kekse verkaufte, konnte dank des Engagement des Zirkus um die Welt reisen. Am Anfang ihrer Zeit im Zirkus trainierte sie sehr hart, um ihre Familie zu ernähren, die neben ihrer Mutter aus sieben Jungs und vier Mädchen bestand. Ihr Vater war früh gestorben und ließ die Mutter mit elf Kindern allein zurück. Sreyleak und eine ältere Schwester bekamen schließlich Hilfe von einer örtlichen Schule, die Unterricht und Verpflegung kostenfrei anbot. Auf diese Weise kam Sreyleak auch zum Zirkus, denn dieser finanzierte die Schule durch Spenden und durch sein eigenes Budget. Kinder werden hier in all den Fächern unterrichtet, die auch öffentliche Schulen in Kambodscha lehren und zusätzlich wird eine artistische Ausbildung angeboten. Keine Zugangs- oder Altersbeschränkungen verbieten den Kindern dort die Ausbildung. Hier trainierte Sreyleak für den Zirkus – zum Teil unter harten Bedingungen wie sie erzählt. „Ich bin nicht talentiert, aber mir hat das Training von Anfang an gefallen“, erzählt sie. Auch von den harten Phasen des Trainings berichtet sie: „Mein Trainer wusste, welche Dehnübungen ich machen musste, aber es war oft sehr schmerzhaft und ich habe deswegen viel geweint.“

Cirque Schems'y - Der marokkanische Zirkus als Chance gegen Armut

Zirkus als Möglichkeit für Schülerinnen und Schüler gegründet

Diese Art der Unterstützung durch die Schule gibt es seit 1994. Damals hatten der Gründer Khuon Det und Freunde eine öffentliche Schule und eine Kunstschule ins Leben gerufen, nachdem sie aus einem Flüchtlingslager nach dem Fall der Roten Khmer zurück gekehrt waren. Ihre Überzeugung war dabei, die Wunden des Kriegs durch Kunst zu heilen und der Jugend ihre nationale Identität zurückzugeben. 2013 wurde der Zirkus gegründet, um den Schülerinnen und Schülern eine Möglichkeit zu geben, ihre Künste unter Beweis zu stellen und ihren Lebensunterhalt davon bestreiten zu können.

Weltweit professionell unterwegs

Schaut man sich auf der Internetseite des Zirkus um, sieht alles sehr durchgestylt und professionell aus. Der Zirkus ist ein soziales Unternehmen, das sich zu 16 Prozent aus Mikrokrediten der Grameen Crédit-Agricole Foundation finanziert und von privaten Investoren unterstützt wird. Den Großteil trägt allerdings die gemeinnützige Organisation Phare Ponleu Selpak (PPS), die auch die kostenlose Schule vor 20 Jahren gegründet hatte. Diese soll weiterhin durch die Einnahmen des Zirkus unterstützt werden. Der Zirkus bietet indes acht Shows in unterschiedlichen Preiskategorien an. Es gibt eine Circus Lover’s Card, ein Phare Café und eine Boutique, in der Handgemachtes von Schülerinnen und Schülern verkauft wird. Auch werden Zirkus-Workshops angeboten. Die Truppe kann für private Veranstaltungen gebucht werden, tourt gerade durch die USA und veranstaltet das internationale Tini Tinou Zirkusfestival, das jährlich in Battambang in Kambodscha stattfindet. Dieses wurde 2004 gegründet, um kambodschanische Kunst zu entwickeln und zu fördern. Hier wird also viel getan, um weitere finanzielle Mittel zu finden, die Kultur des Landes zu unterstützen und den Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform zu bieten. Die grausame Vergangenheit des Landes rückt dabei glückerlicherweise in den Hintergrund.

Bild: "Cambodian Circus - Phare". © Chinkerfly - flickr.com
Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0