VON MAXIMILIAN REICHLIN | 18.12.2015 13:34

Design Thinking – Was ist das und wofür braucht man das?

Als „Design Thinking“ wird eine Reihe von Schritten und Techniken verstanden, die zur Generierung und Umsetzung von kreativen Ideen hinsichtlich eines bestimmten Zieles dienen sollen. Große Unternehmen sowie kleine Startups sollen gleichermaßen von dieser Technik profitieren. Ziel ist es, ein Problem so zu lösen, dass die Kundschaft des jeweiligen Unternehmens bzw. die Nutzerschaft eines Produkts die entstandene Idee als ideal empfindet.

Grundlage des Design Thinking ist die Annahme, dass Prozesse der Ideenfindung, wie sie im Produkt- und Softwaredesign angewandt werden, auch in anderen Umfeldern zu neuen und kreativen Lösungen führen können. Eine „Innovation“, wie sie im Design Thinking verstanden wird, muss dabei drei Maßgaben erfüllen: Attraktivität für die Zielgruppe (Desirability), Umsetzbarkeit durch die zur Verfügung stehenden Mittel (Feasability) und Wirtschaftlichkeit.

Große Konzentration auf interdisziplinäres Arbeiten

Durch die hohe Gewichtung auf den Attraktivitätsaspekt versteht sich das Design Thinking selbst als „human-centered“, also am Menschen orientiert. Das bezieht sich in erster Linie auf die Entwicklung kreativer Produkte, kann aber auch auf das „Design“ von Dienst- und Serviceleistungen angewandt werden. Im Idealfall sind die Mitglieder einer Projektgruppe dabei interdisziplinär tätig, bringen also viele verschiedene Kompetenzen und Sichtweisen mit in den Prozess der Ideenfindung ein. Perfekt geeignet sind kreative Menschen mit einem sogenannten T-Profil, die einerseits Fachwissen in einer bestimmten Disziplin (vertikaler Balken) als auch Offenheit und Neugier gegenüber anderen Disziplinen mitbringen (horizontaler Balken).

Sechs Schritte: Understand, observe, point-of-view, ideate, prototype, test

Ein Design-Thinking-Prozess ist für gewöhnlich in sechs Schritte aufgeteilt: Zuerst steht die Marktforschung an. Die Projektgruppe muss verstehen, welches Problem gelöst werden muss (understand) und wie diese Problemlösung aus Sicht der Nutzerschaft idealerweise aussieht (observe). Dann werden die Standpunkte aller Gruppenmitglieder gesammelt und die ersten Ergebnisse skizziert (point-of-view), bevor es zur konkreten kreativen Ideengenerierung kommt (ideate). In diesem Schritt werden bekannte Kreativitätsprozesse wie „brainstorming“ eingesetzt, um in kurzer Zeit so viele Ideen zu entwickeln wie möglich.

Jung und vielfältig: Die Generation Y

Die Erstellung von Prototypen (prototype) und der Test dieser Prototypen (test) sind die letzten Schritte im Prozess. Design Thinking stützt sich allerdings auch und vor allem auf die Annahme, dass diese sechs Schritte nicht zwingend linear durchlaufen werden müssen. Zum Beispiel können erste Prototypen, die schon früh entstehen, den Anstoß zu einem neuen und kreativen Umgang mit dem Problem geben. Sprünge zwischen den einzelnen Schritten führen also zu immer kleineren Schleifen im Ideenfindungsprozess, um am Ende die ideale Lösung, das ideale Produkt zu finden.

Umsetzung in der Praxis: Kreative Arbeitsräume, viel Kommunikation

Um Design Thinking in der Praxis anzuwenden bringt es aber nichts, sich nur eine Liste der nötigen Schritte vor Augen zu führen. In erster Linie fußt der Ansatz auf einer hohen Kreativität und Kommunikationsfähigkeit der einzelnen Beteiligten. Die sollen sich bei jedem Arbeitsschritt austauschen, neue Ideen und Sichtweisen einbringen und die gefundenen Ideen in Rollen- und Planspielen testen und erweitern. Wichtig ist außerdem, dass alle Mitwirkenden immer auf dem Laufenden über den aktuellen Stand und Verlauf des Projekts sind, weswegen „Ideenwände“, übersichtliche Mindmaps und Skizzen zum Arbeitsmaterial der „Design Thinkers“ gehören.

Das Arbeitsumfeld selbst soll ebenfalls in den kreativen Prozess einbezogen werden. Bewegliche Möbel und mobile Arbeitsplätze (wie Notebooks oder Tablet-Computer) sollen die Kommunikation weiter erhöhen. So sollen die Mitglieder eines Teams ständig in Bewegung und im gegenseitigen Austausch miteinander begriffen sein. Der Designer Tim Brown empfiehlt in seinem Artikel „Design Thinking“ für das Harvard Business Review, jungen Teams außerdem, immer wieder auch externe Meinungen in den Prozess einzubeziehen und soziale Netzwerke zu nutzen, um den Ideenfluss am Laufen zu halten.

Design Thinking wird schon lange gelehrt und gelebt

Der Ansatz wird vor allem im Produktdesign und in der Softwarebranche angewandt und institutionell gelehrt, beispielsweise an der renommierten Designschule d.school, dem Hasso-Plattner-Institut für Softwaretechnik in Potsdam sowie in Kursen und Projekten der Stanford University. Seit der Einführung des Begriffs im Jahr 1991 finden vermehrt auch Workshops zum Thema statt, etwa für junge Unternehmen, Startups und sogar Studenten. Offizielle „Väter“ des Design Thinking sind Terry Winograd, Larry Leifer und David Kelley, die Gründer der Design- und Innovationsagentur IDEO, die den Begriff auch vermarkten.