VON DAVID SEITZ | 24.05.2012 15:19

Der unbekannte Mächtige: Hu Jintao

Barack Obama, der Papst, Wladimir Putin – diese Namen fallen häufig im globalen Wettrennen um die mächtigste Persönlichkeit der Welt. Ein Name fehlt jedoch in den meisten Fällen – zu Unrecht. Hu Jintao, der chinesische Präsident hat sich im Laufe der letzten Jahre alle entscheidenden Positionen in seinem Land gesichert, um annähernd uneingeschränkt über die Volksrepublik in Zentralasien zu herrschen. Seit Jahrzehnten hatte der gelernte Wasserbauingenieur durch kontinuierliche Parteiarbeit darauf hingearbeitet.




Der Paramount Leader

Es ist ein einziger Begriff, der zusammenfasst, was Hu Jintao zum dritt-mächtigsten Menschen der Welt macht – zumindest nach Meinung des renommierten Forbes-Magazins: Hu Jintao ist „Paramount Leader,“ ein Begriff der sich kaum ins Deutsche übersetzen lässt, gleichzeitig jedoch ein Begriff, der wie wenig andere für vollkommene Macht steht. Hu Jintao hat die Macht über die wichtigste und gleichzeitig einzige Partei Chinas, die Macht über das Militärkomitee und damit auch die Macht über die Volksbefreiungsarmee der Volksrepublik China – drei Ämter die ihn mit einer weltweit wohl unvergleichbaren Entscheidungsgewalt ausstatten. Damit verdrängte er kurzzeitig sogar Barack Obama vom Spitzenplatz der Rangliste der mächtigsten Menschen der Welt. Aktuell liegt er wieder hinter Obama und Putin auf Rang drei - einen Platz vor Angela Merkel.

Machtdistanz

Macht lässt sich nicht messen. Die jährlich veröffentlichte Rangliste des Forbes-Magazins sorgt zwar in regelmäßigen Abständen für eine mediale Schlagzeile, indem sie einem Menschen zumindest nominell die meiste Macht zuschreibt, doch letztlich ist die Auflistung nicht mehr als eine Akkumulation von rational unmessbaren Faktoren aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Dass Hu Jintao sehr weit vorne einzuordnen ist belegen jedoch auch Fakten. Der Präsident der Volksrepublik China regiert über 1,3 Milliarden Menschen – dabei muss er kaum politischen Widerstand fürchten. Im Einparteiensystem Chinas ist seine Macht als Generalsekretär der einzigen Partei Chinas fester verankert als bei den Herrschern demokratisch organisierter Nationen.

Zielstrebig an die Spitze Chinas

Hu Jintao kam 1942 in Jiangyan zur Welt, seine Mutter starb als er sieben Jahre alt war, sein Vater wurde im Krieg denunziert – so wuchs der Junge bei seiner Tante auf. Bereits mit 18 Jahren begann er ein Studium im Bereich Ingenieurwesen, spezialisierte sich dabei auf Wasserbau. Bereits als Student trat Hu Jintao der Kommunistischen Partei China bei – fast unmerklich arbeitete sich der junge Mann von diesem Zeitpunkt an in Richtung Parteispitze. Als politischer Dozent betreute Hu Jintao zunächst Wasserbau- und Elektrizitätsprojekte, seine Befugnisse wuchsen dabei zwischen 1968 und 1982 langsam an. 1985, Hu Jintao war mittlerweile Teil des Zentralkomitees Der KPCh, übertrug man dem damals 37jährigen die Parteileitung in der chinesischen Provinz Guizhou, drei Jahre später sandte ihn die Regierung nach Tibet um die Unruhen, die sich dort im Zuge der Autonomiebestrebungen zusammenbrauten, zu entschärfen. Speziell seine Kompetenzen im Bereich Wasserbau und Elektrizität kamen ihm in dieser Situation zu Gute, urteilen Experten im Nachhinein. Von nun an ging es steil bergauf für den vergleichsweise jungen Politiker.

Stationen als Mitglied des Politbüros, Vizevorsitzender des Organisationskomitees des Zentralkomitees und Leiter der Parteischule folgten, bevor Hu Jintao 1997 auf einer Weltreise bereits grundlegende diplomatische Kontakte für das sich anbahnende Präsidentenamt herstellte. Der logische Schritt: Im März 1998 erhob ihn das chinesische Parlament zum Stellvertreter des Staatspräsidenten und KP-Generalsekretärs Jiang Zemin, der nur vier Jahre später zurücktrat und so den Weg für die Wahl von Hu Jintao als neuen Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas frei machte. Mit der Ernennung zum Staatspräsidenten durch den Volkskongress hat Hu Jintao seit 2003 die beiden wichtigsten politischen Ämter Chinas inne. Mit 99,7 % der Stimmen wurde er 2008 vom Volkskongress in seinem Amt bestätigt. Gegenkandidaten gab es keine.