VON MAXIMILIAN REICHLIN | 15.04.2016 13:48
Massentierhaltung ist weiter auf dem Vormarsch - der Fleischatlas 2016
Die Ergebnisse des diesjährigen Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung sind alarmierend: Obwohl immer mehr Menschen auf eine bewusste und nachhaltige Ernährung achten, geht der Trend der Fleischproduktion in Deutschland weiter in Richtung Megaställe und Massentierhaltung, während kleinere und regionale Betriebe langsam verschwinden. Die Verantwortlichen hinter dem Fleischatlas 2016 rufen zum radikalen Umdenken auf. Nur mit gesellschaftlichem und politischem Druck könne ein Wandel realisiert werden.
Im vergangenen Januar brachten die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung und der BUND Naturschutz im Auftrag von Le Monde diplomatique wieder den Fleischatlas heraus. Während die beiden letzten Ausgaben von 2013 und 2014 die internationalen Auswirkungen und Probleme der Massentierhaltung behandelten, konzentriert sich der Atlas 2016 auf die Bundesrepublik. Im Fleischatlas Deutschland Regional werfen die Expertinnen und Experten einen kritischen Blick sowohl auf die Produktionsverhältnisse in den Bundesländern, als auch auf das Konsumentenverhalten.
Massentierhaltung boomt – Kleine Höfe sterben
Die Ergebnisse sind erschreckend: Anstatt dass sich die Fleischindustrie insgesamt in eine ökologisch nachhaltige Richtung entwickelt, geht der Trend eher zum Gegenteil. Große und aufgrund ihrer umstrittenen Methoden bei Aufzucht und Schlachtung häufig kritisierte Agrarbetriebe gewinnen immer mehr an Boden. Buchstäblich: Überall in Deutschland, vor allem aber in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, sind in den vergangenen Jahren neue Anlagen entstanden oder aktuell geplant. Allein zur Aufzucht und Schlachtung von Schweinen wurden seit 2012 mindestens 720.000 neue Stallplätze beantragt, wie der BUND für den Fleischatlas ermittelte.
Gleichzeitig geben kleinere und regionale Höfe die Fleischproduktion auf. Je nach Bundesland stellten in den Jahren von 2001 bis 2015 zwischen 60 und 80 Prozent der Betriebe die Arbeit ein. Absolute Zahlen nennt der Fleischatlas 2016 wieder für die Schweinehaltung: Hier warfen beispielsweise in Niedersachsen rund 14.000 und in Bayern beinahe 30.000 Höfe das Handtuch. Auf die genutzte landwirtschaftliche Fläche hat das Höfesterben dabei keine Auswirkung; diese vergrößere sich sogar leicht, wie Zahlen der Landwirtschaftskammer zu entnehmen ist, und wird unter immer weniger Großbetrieben mit Massentierhaltung aufgeteilt.
Massentierhaltung 2016: Wasserverschmutzung und resistente Keime
Die Probleme der Massentierhaltung sind in den letzten Jahren offensichtlich geworden. Dazu gehören die Übernutzung der landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Futtermittelproduktion, sowie die Verschmutzung von Böden und Trinkwasser. In Teilen Nordrhein-Westfalens ist 2016 die Wasserbelastung durch Nitrate aus der Gülle der Mastbetriebe so hoch, dass das Gesundheitsamt dort die Wasserversorgung regelmäßig einstellen muss. Bis zu 300 Milligram des schädlichen Stoffes konnte dort im Grundwasser nachgewiesen werden – sechsmal so viel, wie in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2010 vorgesehen ist.
Ein weiterer Nebeneffekt der Massentierhaltung ist der unbedachte Einsatz von Antibiotika bei den Tieren, der in letzter Konsequenz zu katastrophalen Resistenzen beim Menschen führen kann. Eine im vergangenen Jahr durchgeführte Untersuchung im Auftrag des BUND Naturschutz ergab, dass sich vor allem in Geflügelprodukten großer Konzerne wie Wiesenhof, Sprehe, Heidemark oder Plukon signifikant oft resistente Keime finden lassen. Die Vergleichsprodukte aus alternativer und Hofschlachtung waren im Test dagegen einwandfrei.
Die Macht des Konsumenten – Illusion oder einflussreiche Kraft?
Von einer „nachhaltigen Gesellschaft“ sind die Wohlstandsländer, so Kritiker, noch weit entfernt. Der Konsument habe jedoch die Möglichkeit, das wirtschaftliche System zum Besseren zu verändern – eine Macht, derer er sich noch nicht ausreichend bewusst ist
[...]»
Paradox: Die Menschen wollen 2016 bewusster konsumieren
Neben diesen alarmierenden Ergebnissen hält der Fleischatlas 2016 allerdings auch einen kleinen Hoffnungsschimmer bereit und zitiert eine jüngst durchgeführte repräsentative Umfrage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Demnach achten immer mehr Menschen auf eine
umweltbewusste und nachhaltige Produktion der gekauften Fleischprodukte. So sprachen sich jeweils über 85 Prozent der Befragten sowohl für eine attraktivere Preispolitik für Kleinbauern als auch für eine artgerechtere Tierhaltung aus. Massentierhaltung ist mittlerweile zum Schimpfwort avanciert.
Positiv bewertet der Fleischatlas 2016 auch das Ende der „Geiz-ist-geil-Mentalität“. Den jährlich sinkenden Fleischpreisen stehen dabei die Verbraucher gegenüber, die durchaus willig sind, signifikant mehr für ihre Fleischprodukte zu bezahlen, wenn dadurch die Lebensqualität der Tiere steigt. Beinahe 90 Prozent der Befragten sprachen sich so für einen höheren Fleischpreis aus. Ein Schritt in die richtige Richtung, wie die Autorinnen und Autoren des Fleischatlas 2016 festhalten. Die Massentierhaltung endgültig verbannen könne man allerdings nur, wenn sowohl der gesellschaftliche als auch der politische Druck auf die großen Betriebe stark anstiegen.
-
Ohne Moos was los – zum digitalen und analogen Tauschen
Wer ist eigentlich noch bei Ebay? Die Frage habe ich mir bei den Recherchen für virtuellen Büchertausch gestellt. An sich sind sich nämlich die virtuellen Tauschbörsen und der Versteigerungsriese strukturell sehr ähnlich. Doch gibt es feine, aber wesentliche Unterschiede und auch in der nicht-virtuellen Welt existieren es viele Möglichkeiten, nicht mehr Gebrauchtes gegen neues Gebrauchtes einzutauschen. UNI.DE berichtet.
[...]»
-
Katell Gélébart - Kult-Klamotten aus Müll
Die Ravioli-Dose landet auf dem Müll, das Tetrapack auch. Was so manch einer achtlos in den Mülleimer wirft, verarbeitet die Öko-Designerin Katell Gélébart zu
kreativer Kleidung und bunten Accessoires. Dabei geht es ihr aber nicht nur um den Umweltschutz, sondern vielmehr darum, die Menschen auf etwas aufmerksam zu machen. "Trash is gold",
sagt Katell Gélébart, "Müll ist Gold. Meine Botschaft ist: Seid kreativ mit dem Material, das euch umgibt und das keiner mehr braucht."
[...]»
-
Cirque Schems'y - Der marokkanische Zirkus als Chance gegen Armut
Salé an der Nordwestküste Marokkos ist der Geburtsort eines einmaligen Zirkusprojekts des Direktors Alain. Kinder und Jugendliche aus ärmsten Verhältnissen können bei dem Zirkus Zuflucht finden. 2009 wurde der Cirque Schems'y zur ersten professionellen marokkanischen Zirkusschule ernannt, in der die Mitglieder nach ihrer Ausbildung ein Diplom erhalten können. Der Zirkus ist der erste seiner Art in Marokko
und möchte als kulturell-soziales Projekt einen Beitrag für die Weiterentwicklung des Landes und seiner Bewohner leisten.
[...]»
-
Nun lass mal den Laden im Dorf – Über DORV und Genossenschaftssupermärkte
Die deutsche Nahversorgung stirbt langsam aus – in den Dörfern und in den dünner besiedelten Stadtteilen. Immer mehr Spezialgeschäfte machen dicht, Supermärkte geben unrentable Standorte auf. Oft stirbt dadurch auch das Gemeinleben, immer mehr Menschen ziehen vom Land in die großen Städte. Einige Gemeinden nehmen das Problem kurzerhand selbst in die Hand und sorgen für eine furiose Wiederbelebung der Tante-Emma-Läden. Genossenschaftsmärkte und ähnliche Konzepte werden immer beliebter. UNI.DE berichtet über einen Trend.
[...]»
-
Der Weltrat für biologische Vielfalt (IPBES): Artenschutzmotor oder Rohrkrepierer?
Mit der IPBES gibt es ein neues UN-Gremium zum Artenschutz an der Schnittstelle zwischen Politik und Wissenschaft. Ob die Biodiversität aber auf internationaler Ebene geschützt werden kann, ist angesichts der Misserfolge der ebenfalls international konzipierten und von einem UN-Gremium beratenen UN-Klimakonferenzen fraglich.
[...]»
-
Fracking: Öl und Gas um jeden Preis?
Beim „Hydraulic Fracturing“ werden Wasser, Sand und Chemikalien in den Boden gepumpt, um anders nicht zugängliche Öl- und Gasvorkommen zu erschließen. Der nötige Aufwand ist dabei fast ebenso groß wie die Risiken für Mensch und Umwelt, die sich beim „Fracking“ ergeben.
[...]»
-
Social Entreprenuership - Soziales Wirtschaften für eine bessere Gesellschaft
Als Social Entrepreneurship bezeichnet man sozialunternehmerisches Handeln, das sich für einen positiven Wandel in der Gesellschaft einsetzt. Der kommerzielle Gewinn steht hierbei nicht im Vordergrund. Vielmehr sollen die Gewinne
ökologischen und sozialen Zwecken dienen und somit dem Gemeinwohl.
[...]»
-
Filmtipp: Watermark
Überall auf der Erde begegnen wir dem Element Wasser. Die Dokumentarfilmerin Jennifer Baichwal und der Fotograf Edward Burtynsky sind diesem Phänomen auf den Grund gegangen und haben drei Jahre lang, weltweit, eindrucksvolles Bildmaterial für „Watermark“ gesammelt. Sie wollen zeigen, welche Rolle das Wasser in unserem Leben spielt und wie wir damit umgehen.
[...]»
-
Die Zukunft der Abfallentsorgung
Die Trennung von Plastikmüll in Verpackungen und Restmüll ist unlogisch, für den Laien nicht nachvollziehbar – und wir ahnen, dass am Ende der so mühsam geschiedene Abfall ohnehin verbrannt wird. Dabei zahlen wir immerhin für die Entsorgung von Verpackungsmüll. Doch dieses Duale System, das vom Grünen Punkt symbolisiert wird, ist im Niedergang begriffen. Die Zukunft der Abfallverwertung könnte ganz anders aussehen.
[...]»
-
Das kurze Leben der Gockel
Kein Eierproduzent brütet seine Legehennen hierzulande noch selbst aus. In Brütereien aber werden männliche Küken sofort nach dem Schlupf geschreddert oder vergast – weil sie zu Rassen gehören, die als Fleischlieferanten nicht taugen. Verbote dieser Praxis wie in Nordrhein-Westfalen kürzlich erlassen versprechen kaum Wirkung für die Tiere. Auch die meisten Bio-Betriebe nehmen den jährlich millionenfachen sinnlosen Tod der Gockel (und damit ja der Hälfte der ausgebrüteten Hühner) in Kauf. Doch in einzelnen Betrieben hat ein Umdenken eingesetzt – und auch der Verbraucher ist gefragt.
[...]»