VON CLEMENS POKORNY | 11.01.2016 16:00

Bundesfreiwilligendienst – erfolgreicher weil freiwillig

Mittlerweile gibt es schon mehr Interessenten als Plätze: Der Bundesfreiwilligendienst (BFD) ist ein voller Erfolg. Das liegt auch daran, dass er – anders als sein Vorgänger Zivildienst – zwanglos geleistet wird. Und im Gegensatz zum Freiwilligen Ökologischen (FÖJ) und zum Freiwillige Sozialen Jahr (FSJ) kann der Bundesfreiwilligendienst von Menschen jeden Alters geleistet werden – sogar mehrmals im Leben.


2011 war es endlich soweit: Nach jahrzehntelanger Diskussion wurde auch in Deutschland der Zwangsdienst für junge Männer, namentlich Wehr- und Wehrersatzdienst (Zivildienst), abgeschafft. Damit wurde ein zutiefst ungerechtes Überbleibsel aus der Zeit des Kalten Krieges (eingeführt 1956) auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Bei der Bundeswehr dienen können junge Männer und Frauen aber nach wie vor, und die erste Möglichkeit zur Leistung des Freiwilligen Wehrdienstes ab dem 1. Juli 2011 nutzten immerhin fast 3.500 junge Menschen, knapp 99% davon Männer. Zum Vergleich: Zwischen 2000 und 2010 dienten jährlich im Durchschnitt etwa 100.000 junge männliche Erwachsene.

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht kam auch das Ende für seinen Ersatz, den Zivildienst. Dadurch wären viele gering entlohnte Arbeitsstellen vor allem in sozialen Einrichtungen weggefallen, die nur schwer hätten ersetzt werden können – hätte die Politik nicht vorgesorgt. Schon vor 2011 war die Nachfrage nach Jugendfreiwilligendiensten groß. Dazu zählten einerseits längerfristige Verpflichtungen z.B. beim Technischen Hilfswerk, mit denen sich die Wehrpflicht umgehen ließ, aber vor allem das Freiwillige Soziale (FSJ) und das Freiwillige Ökologische Jahr (FSÖ). Außerdem hatten auch Erwachsene jenseits der Altersgrenze für diese Tätigkeiten (27 Jahre) immer wieder Interesse an geringfügig entlohnten, ehrenamtlichen Diensten im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereichen gezeigt.

Der Tod ist ein Master aus Deutschland

So lag es nahe, mit dem Ende der Wehrpflicht ein neues Dienstmodell zu etablieren: den Bundesfreiwilligendienst (kurz: BFD). Er steht allen Menschen in Deutschland offen, die ihre Schulpflicht erfüllt haben, und erstreckt sich außer über die oben genannten Sektoren auch auf die Gebiete Zivil- und Katastrophenschutz sowie Integration. Der Bundesfreiwilligendienst ist als freiwilliges Jahr in Vollzeit konzipiert, kann aber auch um ein halbes Jahr verkürzt oder verlängert werden und wird von Unter-27-Jährigen in Vollzeit, von Älteren auf jeden Fall zu mehr als 20 Stunden wöchentlich geleistet. Die Vergütung umfasst ein Taschengeld sowie bei manchen Dienststellen auch Unterkunft, Verpflegung und Kleidung. Zudem werden während des Dienstes Beiträge u.a. zur Renten- und Arbeitslosenversicherung gezahlt. Anders als FSJ und FÖJ kann der Bundesfreiwilligendienst nur in Deutschland geleistet werden und zwar auch über die Vollendung des 27. Lebensjahres hinaus, maximal alle fünf Jahre.

Wer sich also in einer gemeinwohlorientierten Einrichtung engagieren und dafür den rechtlichen Rahmen nutzen möchte, den der Bundesfreiwilligendienst bietet, kann auf der Homepage des BFD eine Einsatzstelle suchen – üblicherweise nach Postleitzahl oder Tätigkeitsfeld sortiert. Die Resonanz ist gewaltig: Allein im Jahr 2015 leisteten ca. 40.000 Menschen einen Bundesfreiwilligendienst ab, mittlerweile gibt es z.T. Wartezeiten für so manche Wunsch-Einsatzstelle. Es gibt ja auch viele gute Gründe dafür, einen BFD zu absolvieren: Wer sich beruflich neu oder überhaupt orientieren möchte, wer eine Auszeit vom Lernen oder von seiner bisherigen Tätigkeit braucht, wer nicht (mehr) auf eine Erwerbsarbeit abgewiesen ist: All diese Menschen sind mögliche „Bufdis“, wie die BFD-Leistenden analog zu den früheren Zivis genannt werden.

Auch Seniorinnen und Senioren sind darunter. Egal, ob man in einer Vogelwarte Bussarde beringt, in einer Behinderteneinrichtung Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags hilft oder eine semiprofessionelle Theatergruppe unterstützt: Ehrenamtliches Engagement kann für Jung und Alt sinnstiftend und erfüllend sein. Und den Einsatzstellen bringen motivierte Freiwillige mehr als in ihrer Lebensplanung ausgebremste Zwangsdienstler.