VON MAXIMILIAN REICHLIN
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05.03.2015 15:00
Bodenatlas 2015: Wir ziehen uns den Boden unter den Füßen weg
Unsere Böden sind eine gefährdete Ressource. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kommt der weltweit erste „Bodenatlas“, der Anfang des Jahres vorgestellt wurde und unangenehme Daten und Fakten bezüglich der weltweiten Nutzung von Böden und Agrarflächen enthält. Zu viel Boden gehe durch Bebauung verloren, zu viel durch falsche Landwirtschaft, so heißt es sinngemäß im Atlas. Die EU als „weltweit größter Bodenimporteur“ kommt dabei besonders schlecht weg.
Im vergangenen Januar stellte die Heinrich-Böll-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Potsdamer Klimaforschungsinstitut IASS, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Monatszeitung Le Monde diplomatique einen „Bodenatlas“ mit Daten und Fakten zu den Themen Land, Böden und Agrarflächen weltweit vor. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind schockierend. Auf 50 Seiten Text und Grafik berichtet der Bodenatlas 2015, der erste seiner Art, von Übersäuerung, Überdüngung und Überbauung internationaler Bodenflächen – und von den katastrophalen Auswirkungen dieser Entwicklungen.
Land Grabbing
Private Investoren und staatliche Akteure sichern sich durch sogenannte „Foreign direct Investments“ große Agrarflächen im Ausland, vorzugsweise in Entwicklungs- und Schwellenländern
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Was mit unseren Böden geschieht...
So gehen laut Atlas in Deutschland
täglich rund 70 Hektar Boden alleine durch Städte- und Straßenbau verloren. Es handelt sich dabei um eine Fläche, die mehr als 100 Fußballfeldern entspricht. Neue Autobahnprojekte, etwa die in Planung begriffene A14 zwischen Schwerin und Magdeburg, werden diesen Trend in Zukunft noch weiter unterstützen – obwohl die Bundesregierung seit einigen Jahren daran arbeitet, den Verbrauch auf 30 Hektar pro Tag zu senken.
Ein weiterer im Atlas thematisierter Faktor ist die Landwirtschaft. Für die Produktion von Nahrungsmitteln benötigt etwa die EU rund 640 Millionen Hektar Land pro Jahr, was mehr als dem eineinhalbfachen der Flächen aller 28 Mitgliedstaaten zusammengenommen. Rund 60 Prozent dieser Nutzbodenflächen befindet sich dazu noch außerhalb er EU,
oft in armen Ländern und Regionen. Klaus Töpfer vom Potsdamer Klimaforschungsinstitut IASS zieht eine erschreckende Bilanz: In Paraguay beispielsweise liege die Zahl der Unterernährten bei etwa 22 Prozent der Bevölkerung, eine Verdoppelung im Vergleich zu 2004. Paraguay ist einer der größten Produzenten von Futtermitteln wie Soja, die auch von der EU importiert werden.
...und warum niemand etwas dagegen tut.
Hinzu kommen die immer weiter voranschreitende Überdüngung eigener Böden und Schäden durch Erosion aus Wind und Regen, die nachhaltig auch die heimischen Landflächen schädigen. Es ist auch deswegen verwunderlich, dass ein bereits 2006 von der EU-Kommission vorgestellter Entwurf zu einer verbindlichen Bodenschutzrahmenrichtlinie im Folgejahr überraschend von einer starken Mehrheit der Mitgliedsländer –
so auch von Deutschland – abgelehnt wurde. Im Jahr 2014 wurde, nach langer Diskussion, der Richtlinienvorschlag schließlich, gemeinsam mit weiteren Gesetzesvorhaben,
ohne Einigung von der Kommission zurückgezogen.
In Deutschland existiert zwar seit 2004 die sogenannte „
Kommission Bodenschutz“ des Umweltbundesamtes, staatliche Bemühungen haben aber, so die Fachleute hinter dem Bodenatlas, bisher nicht genug getan, um die voranschreitende Zerstörung wichtiger Landflächen einzudämmen. Eine besondere Bedrohung sieht der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger in der Landnahme großer Agro-Konzerne im Ausland und in armen Regionen der Welt. Gleichzeitig wirft er der deutschen Regierung
einseitige Agrarpolitik vor: Große Konzerne würden begünstigt, kleinere Betriebe zu sehr vernachlässigt. „Die Bundesregierung muss dieser Landnahme endlich Grenzen setzen,“ sagte er im Gespräch mit Spiegel Online.