VON SINEM S. | 20.08.2012 12:42

Land Grabbing

Private Investoren und staatliche Akteure sichern sich durch sogenannte „Foreign direct Investments“ große Agrarflächen im Ausland, vorzugsweise in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dort werden Nahrungsmittel angebaut, allerdings nicht für die Entwicklungsländer selber, sondern für den Export, so dass nur die Investorländer davon profitieren und sich Rohstoffquellen sichern, während Hungerkatastrophen vor Ort immer mehr zum Problem werden.

Schon immer fand „Landnahme“ statt: Reiche Investorländer kaufen günstig Agrarflächen im Ausland, um sie ob der eigenen Energiesicherung zu bebauen oder zu bewirtschaften. Allerdings sind die Ausmaße und die Geschwindigkeit des modernen Kolonialismus nicht mehr zu rechtfertigen, denn vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung und des Klimawandels wird Agrarboden zu einem immer knapperen Gut, vor allem in Entwicklungsländern. Urbanisierung, damit einhergehende Flächenversiegelung, Klimawandel, Desertifikation und Erosionen erhöhen den Preis und die Nachfrage des Bodens. Zudem explodieren die Nahrungsmittelpreise und Staaten, die vom Nahrungsmittelimport abhängig sind, wie zum Beispiel China, Indien, Japan und Saudi Arabien, befürchten, ihren Bedarf an Nahrungsmitteln nicht mehr decken zu können. Die Bevölkerung dieser Staaten wächst rasant, wohingegen ihre nutzbare Agrarfläche begrenzt ist. Somit sind sie auf den Import von Nahrungsmitteln angewiesen. Daher kaufen oder pachten staatliche Firmen große Ackerflächen in Drittländern, um die Erträge anschließend zu exportieren.

Korruption? Gibt's auch in Deutschland

Die kleinbäuerlichen Strukturen in den Zielländern und fehlende Landrechte ermöglichen die Landnahme, oft haben Kleinbauern keine offiziellen Besitztitel für das Land, sondern bewirtschaften es nach traditionellen Besitzübereinkünften. Großinvestoren missachten diese überlieferten Nutzungsrechte und vertreiben die Bauern manchmal gewaltsam von ihrem Besitz. Zudem sind Entwicklungsländer meist nicht demokratisch aufgebaut, mangelnde Rechtssicherheit ermöglicht erst recht die Inbesitznahme von Ländereien. Korrupte Regierungen und ihre einheimischen Eliten treten als Unterhändler für ausländische Investoren auf und vergeben großzügig Konzessionen.

Landgrabber argumentieren zumeist mit Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, einen Aufschwung der lokalen Wirtschaft und einen Zugewinn an technologischem Wissen in den Zielländern. Leider funktioniert dies meist nur in der Theorie, die Realität sieht anders aus. Die großflächige Bewirtschaftung der Nutzflächen vernichtet die Existenzgrundlage der dort ansässigen Bauern und sorgt, statt für wirtschaftlichen Aufschwung für noch mehr Armut. Darüberhinaus verschärft die Landknappheit Konflikte und führt zu kriegerischen Auseinandersetzungen, Vertreibungen und Landflucht. Neue Arbeitsplätze werden selten geschaffen, die attraktiven Stellen werden ohnehin meist mit ausländischem Personal besetzt, wohingegen die übrigen Arbeitsplätze schlecht oder gar nicht entlohnt werden. Vor allem Frauen sind stark von der Landnahme betroffen, sie sind rechtlich nicht abgesichert und bewirtschaften ihre Ländereien nur zur Selbstversorgung.