VON MAXIMILIAN REICHLIN | 06.02.2013 14:01

The American Way of Film – wie die amerikanische Filmindustrie ausländische Produktionen nationalisiert

Die Vereinigten Staaten gelten in Sachen Film- und Fernsehen, vor allem wegen der bewegten Geschichte von Hollywood, als herausragend. Eine Vielzahl der kinematographischen „Klassiker“ geltenden Streifen stammt aus den USA. Ausländische Filme dagegen werden in Amerika oft nur als amerikanische Neuproduktionen erfolgreich. Werden hier die Originale geehrt? Oder gehen den amerikanischen Produzenten die Ideen aus?

Ausländische Filmproduktionen kann man in Deutschland heute immer und überall bewundern. So feierte das schwedische Krimitrio „Verblendung“, „Verdammnis“ und „Vergebung“ hierzulande im ZDF Erfolge. Und mit „Ziemlich beste Freunde“ brachte Frankreich im letzten Jahr einen wahren Chartstürmer in die deutschen Kinos.

Nicht so in den USA. Hier floppten beide Filme. "Ziemlich beste Freunde" kam auf ein Einspielergebnis von unter 7 Millionen Dollar, "Verblendung" lag nur knapp darüber. Ob dies am Stoff der Filme liegt ist fraglich. Zumindest der amerikanischen Filmindustrie muss die Qualität der Streifen aufgefallen sein. „Verblendung“ beispielsweise gefiel offensichtlich so sehr, dass er in Amerika neu gedreht wurde. Als "The Girl with the Dragon Tattoo" mit Daniel Craig in der Hauptrolle spielte das Remake 98 Millionen Dollar ein – über das zehnfache des schwedischen Originals – und lag selbst damit noch unter den Erwartungen der Produzenten. Auch für „Ziemlich beste Freunde“ ist bereits eine amerikanische Neuauflage geplant. Es stellt sich die Frage: Woran liegt es, dass Remakes in den USA kommerziell erfolgreicher sind, als die Originale? An der hochkarätigen Besetzung, am Marketing oder einfach am amerikanischen Rezipienten, der lieber nationale Streifen sehen will?

Macht durch Meinungsbildung

Letzteres scheint ein unbegründeter Verdacht zu sein, wenn man die neue Serienproduktion der amerikanischen CBS betrachtet. "Elementary" unternimmt den Versuch, die Sherlock-Holmes-Romane des britischen Autors Arthur Conan Doyle ins 21. Jahrhundert zu überführen. Eine Idee, die bekannt erscheint, seit die britische BBC mit „Sherlock“ den selben Versuch unternimmt. Ursprünglich war vom CBS ein Remake der BBC-Serie geplant, schließlich entschied man sich doch für eine eigene Produktion. Der Grund dafür liegt nicht klar auf der Hand, da hier auch das Original große Erfolge in den USA feiert. Den Stoff für den amerikanischen Zuschauer national und interessant zu machen ist hier somit überhaupt nicht notwendig. Dennoch warten die Vereinigten Staaten mit einer eigenen Serie auf.

Dabei gehen den amerikanischen Produzenten offensichtlich noch lange nicht die Ideen aus. Mit „Django Unchained“ warf Quentin Tarrantino jüngst wieder einen Blockbuster auf den Markt, und auch Disney und Pixar produzieren weiterhin Hits, im vergangenen Jahr mit zwei gefeierten Animationsfilmen, „Ralph reichts“ und „Merida – Legende der Highlands“. Auf dem Seriensektor kann vor allem die amerikanische HBO mit „Game of Thrones“, der Adaption des Fantasy-Epos „Das Lied von Eis und Feuer“ von George R. R. Martin, Erfolge verbuchen.

Warum die amerikanische Filmindustrie dennoch damit fortfährt, erfolgreiche ausländische Filme und Serien zu kopieren, bleibt ein Rätsel. Es scheint allerdings ein einträgliches Geschäft zu sein. Amerikanische „Klassiker“, zum Beispiel „Italian Job“, „Stadt der Engel“ oder „Vanilla Sky“ sind oft Remakes europäischer Filme. Und auch in Zukunft werden, auch in deutschen Kinos, amerikanische Kopien zu sehen sein – darunter vor allem der Rest der schwedischen Millennium-Trilogie oder auch eine Neuauflage des Till-Schweiger-Films „Keinohrhasen“.