VON MAXIMILIAN REICHLIN
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10.06.2013 12:27
Die Proteste in der Türkei gehen weiter – Twitter und YouTube als Waffe der Demonstranten
Seit Ende Mai tobt in den Straßen der türkischen Großstädte ein Krieg zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Proteste, ursprünglich ausgelöst durch ein gewaltfreies Sit-In in einem Istanbuler Park, haben sich mittlerweile zu einer kleinen Revolution gewandelt. Kritisiert werden von den Demonstranten vor allem die konservative Politik von Ministerpräsident Tayyip Erdoğan und der Einsatz von Gewalt seitens der Polizeieinsatzkräfte. Die Organisation der Proteste ist nur möglich durch den Einsatz von sozialen Netzwerken da die türkischen Medien sich über die Proteste ausschweigen. Erdoğan selbst will gegenüber den angeblichen „Terroristen“ keine Kompromisse eingehen.
Angefangen hat alles ganz friedlich: Einige Einwohner Istanbuls, zusammengerufen durch eine Twitter-Botschaft, versammelten sich im Istanbuler Gezi-Park und am angrenzenden Taksim-Platz zu gewaltfreien Demonstrationen. Ihr Ziel: Sie wollten verhindern, dass der kleine Park einem modernen Einkaufszentrum weichen soll, wie von der Stadtverwaltung und Erdoğans konservativer AKP-Partei geplant. Die Proteste endeten in Gewalt. Polizeieinsatzkräfte verprügelten die Demonstranten, setzen Tränengas und Wasserwerfer ein, um die Versammlung aufzulösen. Der Taksim-Platz verwandelte sich in ein Schlachtfeld.
Menschenrechte in Europa
Grundsätzlich müssen alle Mitgliedsstaaten und solche, die der EU noch beitreten möchten, grundlegende Werte wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Einhaltung der Menschenrechte garantieren, doch die Realität sieht in einigen Ländern leider noch anders aus
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Mittlerweile hat sich der Platz noch einmal grundlegend gewandelt: Er wurde vom Schlachtfeld zum
Basislager einer kleinen Revolution, in der es nicht mehr nur um den Erhalt des Gezi-Parks, sondern vor allem um die Brutalität der Polizei und um Erdoğans gesamte Politik geht. Die Demonstranten beherrschen den Park, haben Barrikaden errichtet und sich mit Zelten und Autos notdürftig häuslich eingerichtet. Doch die Proteste beschränken sich nicht mehr alleine auf Istanbul: Überall in der Türkei, etwa auch in Ankara, gehen junge Menschen auf die Straße um gegen Politik Erdoğans zu demonstrieren.
Unter Zuhilfenahme von Twitter und anderer Plattformen und sozialer Netzwerke kommunizieren sie mit Demonstranten in der gesamten Türkei. Hier können Bilder, Videos und Liveberichte von den Protesten ausgetauscht werden. Vor allem sind die Online-Dienste allerdings ein Mittel, um die Welt außerhalb der Türkei auf dem Laufenden zu halten. Die
Bilder und Videos, die von den jungen Demonstranten hochgeladen werden, sind mitunter nichts für schwache Nerven.
Die türkischen Medien hingegen berichten nur wenig oder gar nicht über die Proteste. Hier laufen dagegen
Kochsendungen und Tierdokumentationen.
Erdoğan selbst, der erst kürzlich von einer viertägigen Auslandsreise zurückgekehrt ist, bezeichnete Plattformen wie Twitter als die „schlimmste Bedrohung der Gesellschaft“. Gerüchten zufolge soll deswegen zeitweise die Internetverbindung der Türkei gedrosselt und YouTube und Twitter blockiert worden sein. Auch kommt Erdoğan den Demonstranten nicht entgegen. Hinter den Aufständen am Taksim-Platz vermutet er extremistische Gruppen der Opposition, stellt die Camp-Bewohner auf eine Stufe mit politischen Terroristen. Erdoğan will auch weiterhin mit aller Härte gegen die Proteste vorgehen und auch seine
umstrittenen Bauvorhaben weiter vorantreiben, die für ihn den Weg zu einer wirtschaftlich erstarkten und vor allem modernen Türkei ebnen sollen.