VON CHARLOTTE MEYER
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18.08.2015 12:29
Was bringt Einwanderung? Zur Debatte um das Einwanderungsgesetz
Das Thema Flüchtlingspolitik und die Skandale um Pegida und die Proteste von Einheimischen gegen Asyleinrichtungen beschäftigen die Presse mittlerweile fast jeden Tag. Kommen die lang-andauernde Diskussion und die immer wieder aufflammenden Proteste daher, dass die bestehende Regelung nicht mehr ausreichend ist? Ein neues Gesetz soll her, das Einwanderung erleichtern soll – vornehmlich für Fachkräfte. UNI.DE gibt einige Einblicke.
Einwanderung und Fachkräftemangel – zwei Fliegen mit einer Klappe?
Der Kern des Streits um ein neues Einwanderungsgesetz ist immer wieder die Frage nach der Finanzierbarkeit, dem Nutzen und den Folgen von einer Änderung des Einwanderungsgesetzes und von Einwanderung überhaupt. Ein zentrales Thema bei dieser Debatte ist der deutsche Fachkräftemangel; viele sehen durch ihn eine Förderung von Einwanderung gerechtfertigt. Ein neues Gesetz würde sich an folgende vier Einwanderungsgruppen richten: EU-Bürger, Asylbewerber und Flüchtlinge, Arbeitskräfte aus Drittstaaten und Menschen, die vom Familiennachzug betroffen sind. Es sind dabei vor allem die Arbeitskräfte aus Drittstaaten, um die es bei der Debatte geht, denn EU-Bürgern ist das Arbeiten in Deutschland ohnehin erlaubt und bei Flüchtlingen sind andere Punkte wie etwa humanitäre Kriterien entscheidend. Im Moment müssen Einwanderer aus dem Nicht-EU-Ausland einen Arbeitsplatz haben wenn sie nach Deutschland kommen. Hochschulabsolventen dürfen dabei für ein halbes Jahr nach Deutschland zur Jobsuche kommen und deren Verdienst darf 48.400 Euro nicht unterschreiten. Für Nichtakademiker gilt darüber hinaus, dass sie einwandern dürfen, wenn sie einen Job haben, der in der Liste der Mangelberufe aufgeführt ist und sie ebenso viel wie eine entsprechende deutsche Arbeitskraft verdienen. Im Jahr 2013 kamen so entsprechend des Migrationsberichts aus Nicht-EU-Staaten 33.600 Fachkräfte nach Deutschland.
Jung, ledig, arbeitslos
Fast ein Viertel der jungen Menschen in Europa ist arbeitslos. Ohne Aussicht auf einen Job, voller Wut und Enttäuschung ob dieser Ungerechtigkeit
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Mehrheit der Deutschen für neues Gesetz
Durch die öffentliche Debatte um Flüchtlinge und Asylbewerber ist die Politik jetzt unter Zugzwang. Wie der
ARD-DeutschlandTrend ergab, ist die Mehrheit der Deutschen für ein Einwanderungsgesetz. Die Äußerungen zu einem neuen Gesetz sind indes unterschiedlich; einerseits geht es um mehr Transparenz für Einwanderer in der Rechtslage und es soll ein Signal gesetzt werden, um zu zeigen, dass Zuwanderer in Deutschland dauerhaft willkommen sind. Andererseits müssen
Verwaltungsgerichtsverfahren vereinfacht werden, der Bund weitere Unterstützung sichern und die Aufnahme von Flüchtlingen überarbeitet werden. Auch sehen manche gar keine Notwendigkeit für ein neues Gesetz, da die bisherige Regelung im EU-Vergleich bereits sehr liberal ist. So zum Beispiel der
Unionsfraktionschef Volker Kauder, der darauf verweist, dass ein Einwanderungsgesetz nicht im Koalitionsvertrag steht, es dringlichere Aufgaben zu lösen gibt und noch nicht ersichtlich ist, ob Deutschland mehr Zuwanderung braucht.
Kanadisches System im Gespräch
Als Vorlage für ein neues Einwanderungsgesetz ist immer wieder das
kanadische System im Gespräch. Dies funktioniert durch Vergabe von Punkten: Je nach Alter, Qualifikation und Sprachkenntnissen wird dabei gewertet. Das Idealalter zur Einwanderung legen die Kanadier beispielsweise auf 20-29 Jahre fest, damit der oder die Zugewanderte noch einen Benefit für die Gesellschaft durch ausreichend Sozialabgaben erbringen kann. In Deutschland wird darüber hinaus nachgedacht, auch eine Punktevergabe für Integrationswilligkeit einer Person einzuführen. Allerdings hat das Punktesystem auch Nachteile: Ausländische Arbeitnehmer könnten etwa beim Gehalt benachteiligt werden wenn ein Verdienst, das bereits in Deutschland Arbeitenden gleich sein soll, nicht mehr erforderlich ist. Letztlich sind aber nicht nur hoch qualifizierte Akademiker Kandidaten für Zuwanderung, sondern auch Asylbewerber, EU-Binneneinwanderer und Menschen aus der Familienzusammenführung. Bei generell all diesen Gruppen spielt ein weiterer wichtiger Aspekt von Zuwanderung eine Rolle:
Integration. Um diese gewährleisten zu können, braucht man eine Gesellschaft, die offen für Zuwanderung ist. Daher braucht man neben Arbeitsmarktregelungen für ausländische Arbeitskräfte auch eine Integrationspolitik, die ihnen ein Leben in der Mitte unserer Gesellschaft ermöglicht. Auch muss darüber nachgedacht werden, ob es sinnvoll ist, Arbeitskräfte aus Ländern abzuwerben, die diese selbst
dringend brauchen. Es kann
in Deutschland selbst viel getan werden, um mit dem Bevölkerungsschwund und dem Fachkräftemangel umzugehen: eine kluge Familienpolitik und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen für akut benötigte Berufsgruppen, um deren Abwanderung aus Deutschland zu verhindern.