VON CHRISTIAN EY | 20.08.2010 13:51

Taiwan in zehn Tagen

Dies hier ist ein kleiner Reisebericht über meinen Trip nach Taiwan am 7. Juli bis zum 18. Juli 2004, der vom Leser gerne als Anregung gewertet werden darf, dieses interessante, aus unserer Sicht exotische Land zu besuchen.

Um uns einen Überblick über die Stadt zu verschaffen, jagte uns Stefan an unserem ersten Morgen erst einmal auf den Hausberg im Stadtteil Xindian, in dem wir wohnten. Auf diesen Berg führte eine lange Treppe aus Holzbalken, die nicht mehr aufhören wollte. Wir waren noch am Kämpfen mit Jetlag und subtropischem Klima, während Stefan seinen Heimvorteil ausspielte und lässig die Treppen hochrannte.

Oben gab es einen Turm von dem aus man die ganze Stadt sehen konnte. Ganz außer Atem schleppten wir uns auf den Turm und genossen den Ausblick. Über der Stadt hing eine Dunstglocke. Ich weiß nicht, ob es sich dabei um Luftfeuchtigkeit oder um Smog handelte. Nachdem ich mindestens drei mal das Panorama von dem Aussichtsturm aus fotografiert hatte, verließ die anderen beiden die Geduld und sie zerrten mich weiter. Es ging auf der anderen Seite des Berges wieder ein Stück hinunter, bis wir an eine Lichtung kamen.

Dort gab es eine Art Trimm-Dich Pfad, jedoch alle Geräte waren an einem Platz und nicht wie meist bei uns über eine gewisse Strecke verteilt. Stefan nannte diesen Platz sein Fitness-Studio und fing auch sofort an, die teilweise abenteuerlichen Vorrichtungen zu benutzen. In der Tat waren viele Leute hier, die sich dehnten, Übungen machten und sich in der Hütte wohl ein Frühstückssüppchen kochten.

Wir "Langnasen" wurden gemustert von oben bis unten, als ob wir von einem anderen Planeten kämen. Stefan spielte gerne mit der Neugierde der Leute und verstärkte mit seiner auffälligen Kleidung und seinen roten Wuschelhaaren die für asiatische Augen fremdartige Wirkung noch. Sein Chef hatte ihm einen chinesischen Namen gegeben: "Q Mo", das heißt so viel wie "Wuschel". Wenn er sich vorstellte, löste das meist ein lautes Lachen bei seinen taiwanesischen Gesprächspartnern aus und das Eis war gebrochen.

Jetzt war Beate an der Reihe. Auch sie hängte sich wie zuvor Stefan an eine Vorrichtung aus mehreren Stäben, die an einem Baum befestigt waren. Man klemmte sich mit den Beinen zwischen zwei Stäbe und ließ sich nach hinten runter. Als Hilfe gab es ein Seil mit mehreren Knoten, an dem man sich langsam herunterlassen konnte. Sehr vertrauenserweckend sah die Konstruktion nicht aus, aber wir waren ja nicht zum Spaß hier.

Pflichtbesuche in Großstädten sind meiner Ansicht nach die Hochhäuser. Da ich in einem 900-Einwohner-Vorort von Baden-Baden aufgewachsen bin, beeindrucken mich Gebäude einfach, die mehr Leute fassen können als die Kurstadt insgesamt an Einwohnern hat (Baden-Baden hat ca. 53000 davon).

Also nichts wie ab ins höchste Gebäude der Welt: Das "Taipei 101". Unglücklicherweise war das Gebäude noch nicht fertig, man durfte also noch nicht in den Turm. Ich wäre so gerne ganz hoch in das oberste Geschoss des Gebäudes. Dort hätte ich dann Panoramabilder von der Stadt machen können...

Doch immerhin war das Einkaufszentrum am Fuß des Turms schon fertig. Das Shopping Center erstreckte sich über mehrere Stockwerke und wirkte durch seine helle Dachkonstruktion und seine offene Architektur groß und freundlich.

Ich muss sagen, auch in Taipeh kann man sehr gut leben (ähm - vorausgesetzt man spricht chinesisch...)! Wir waren in einer leerstehenden Wohnung untergebracht im Stadtteil Xindian (wird auch Hsintien geschrieben, ist auf der Metro Karte ganz unten). Wir hatten Palmen vor der Tür, einen Swimming Pool und vom Balkon aus eine fantastische Sicht über Taipeh!

In Taipeh gibt es ein "Japanisches Viertel", in dem man shoppen kann "Japanese Style". Hier gibt es Mode und Lifestyle auf japanisch. Japan ist sowieso das große Vorbild vieler Taiwanesen. Man eifert also nicht - wie in Deutschland sehr stark - dem American Style nach, sondern versucht, Japan zu kopieren. Das Viertel erstreckt sich um die Metro-Station "Ximen" in der Nähe der Taipeh Main Station.

In der Rush-Hour sind im Japanischen Viertel (und auch sonst wo in Taipeh) so viele Menschen, dass für normale Fußgänger-Übergänge Hilfspolizisten eingesetzt werden, die dafür sorgen, dass die Leute heil auf der anderen Seite der Straße ankommen. An vielen Stellen darf man zur Rush Hour die Kreuzung als Fußgänger sogar schräg überqueren, also mitten über die Kreuzung. Dies wird dadurch ermöglicht, dass alle Auto-Ampeln einer Kreuzung auf einmal rot haben und alle Fußgänger-Ampeln auf einmal grün. Das Überqueren der Straße auf diese Weise fühlt sich extrem komisch an! Die Taiwanesen scheint das nicht zu stören...

Wer als Tourist in Taipeh ist, muss - laut vieler Reiseberichte und Reiseführer - einmal das Chiang Kai-Shek Memorial besucht haben. Chiang Kai-Shek war zur Zeit des zweiten Weltkrieges Führer von Taiwan, als sich Taiwan gegen eine japanische Invasion verteidigen musste. Zwar wird mit ihm die Verteidigung des Landes verbunden, trotzdem ist seine Herrschaft wohl nicht uneingeschränkt positiv zu bewerten und ähnelte nach heutiger Sicht einer Militärdiktatur.

Wir besuchten also auch das Chiang Kai-Shek Memorial. Und wir wurden gleich mal von einem monsunartigen Platzregen begrüßt, welcher uns für etwa eine halbe Stunde unter die Treppe des Nationaltheaters zwang.

Wenn Sie sich noch nicht sicher sind, ob Sie bei Ihrem nächsten Besuch das Memorial besuchen wollen oder nicht, hier mein Tipp: Sparen Sie sich die Mühe. Es ist nichts als ein Prunkbau, von dem es reicht, dass man Bilder gesehen hat. Einzig die Wachauflösung hat ihren - wenn auch militärischen - Reiz.