VON LUCILLA HÖMBERG | 08.07.2010 16:00

Mein Traum 2: Kuba

Die zweite Station unserer Reise um die Welt war Kuba. Ich hatte im Vorfeld viel über die Schönheiten des Landes gelesen und Verwandte hatten mir oft von der Freundlichkeit der Menschen dort vorgeschwärmt.

Allerdings wurden wir auch immer wieder gewarnt, uns nicht von der Nettigkeit der Einheimischen täuschen zu lassen, niemandem blind zu vertrauen und auch immer das Wechselgeld nachzuzählen. Deshalb ärgerte es uns umso mehr, dass es bereits der erste Taxifahrer schaffte, uns über den Tisch ziehen.

Auf der Karibikinsel gibt es keine Jugendherbergen oder Hostels, sondern sogenannte "Casas particulares": das sind Wohnungen von Familien, alleinstehenden Frauen oder Päarchen, die ein oder mehrere Zimmer nicht nutzen und dieses mit Lizenz der Regierung (oder auch ohne) vermieten. So ein Zimmer ist die günstigere Alternative zum Hotel und kommt in erster Linie nicht komplett der Regierung, sondern vor allem den Einheimischen zu Gute.

Wir waren 3 Tage in Havanna, haben einige Bustouren zu den Stränden gemacht, eine Rumfabrik besichtigt, alte Kirchen bewundert, das Revolutionsmuseum gesehen und die Altstadt erkundet mit ihren wundervollen stuckbesetzten Häusern, die leider teilweise so heruntergekommen sind, dass sie jeden Moment einzustürzen drohen. Havanna ist fast komplett von dem Hochhäuserboom verschont geblieben, ein Charme der seinesgleichen sucht. Dazu zählen auch die armen, trotzdem meist gut gelaunten Menschen, die überall in den Gassen zu den Klängen der zahlreichen Straßenmusikanten tanzen und singen.

Infobox Kuba

Ein Ausflug führte uns mit einem Gruppentaxi nach Valle de Vinales: ein süßes Städtchen im Westen der Insel, dessen Landschaft durch viele Mogoten besticht. Der leichte Nebel, der morgens über den Hügeln lag, gab dem Ort einen unglaublich romantischen Flair. Hier haben wir einen Sonnenaufgang zu Pferd erlebt, eine Zigarrenfabrik und mehrere Tabakplantagen besichtigt und uns mit dem Roller auf den Weg zu einsamen, karibisch-schönen Stränden gemacht.

An einem dieser schneeweißen Sandstrände fiel Mike im Wasser plötzlich sein Ring vom Finger. Wir haben versucht, ihn aus dem Meer zu tauchen, konnten trotz geliehener Taucherbrille und sehr klarem Wasser rein gar nichts erkennen. Eine halbe Stunde später, als wir verzweifelt aufgeben wollten, erschien aus dem Nichts ein kleiner Kubaner, der mitsamt seinen Turnschuhen ins Meer sprang. Er tauchte ab und kam tatsächlich keine Minute später mit dem Ring wieder nach oben! Mike umarmte ihn vor Freude und als Dank gaben wir ihm 20 Dollar Trinkgeld und meine Jacke für seine Frau. Wie wir danach erfuhren entsprach das zwei extra Monatsgehältern für ihn und seine Familie.

Es ist kaum zu glauben, aber er erzählte uns, dass ein normaler Mensch auf Kuba, der nicht mit Touristen arbeitet, ca. 10 Dollar im Monat verdient - Ärzte zwischen 20 und 25 Dollar. Und das bei folgenden Beispiel-Preisen: ein Shampoo kostet 2,50 Dollar, 1,5 L Wasser 70 Cent und ein Stück Käse 3,90 Dollar.

Jeder Kubaner bekommt am Anfang des Jahres ein kleines Heft, in dem die Tages- bzw. Monatsrationen für das ihm zugeteilte Essen festgehalten werden: So gibt es eine Flasche Milch pro Woche für Kinder unter sieben Jahre, pro Tag pro Person ein oder zwei Brötchen und einmal im Monat bekommt jeder ca. 100g Kaffeepulver, drei kleine Stücke Hühnerfleisch und ca. 150g Öl zum Kochen; Reis und Bohnen gibt es monatlich ca. 3kg, Seife oder Zahnpasta nur vierteljährlich für die ganze Familie, wenn man viel Glück hat. Mit diesem Heft können die Einheimischen jeden Tag für ein paar Pesos ihre Brötchen abholen, die anderen Lebensmittel immer an den Tagen im Monat/Jahr an denen sie ihnen zustehen. Der Erhalt wird akribisch genau abgestempelt. Vergessen sie es oder sind verhindert, gibt es Nichts. Alle anderen Lebensmittel sind sehr teuer und müssen auch von “Locals” in Dollar bezahlt werden. Beim Kino gibt es Unterschiede zwischen Kubanern, die 2 Pesos, also ca. 8 Cent bezahlen während wir als Touristen 2 Dollar für den Eintritt ausgeben müssen. Kulturelle Events wie Theater oder Oper sind frei, da die Bildung auf der Insel sehr groß geschrieben wird.

Die reichsten Menschen in Kuba sind die glücklichen Betreiber der Coco-Taxis und die Taxifahrer für Touristen: Hier wird unterschieden zwischen den moderneren Touristentaxis, die kubanische Dollar verlangen und den liebevoll restaurierten und bunt bemalten Oldtimertaxis, die nur Einheimische kutschieren dürfen und in Pesos bezahlt werden müssen. Die Casas müssen pro Zimmer, angeblich, im Monat 300 Dollar an die Regierung abgeben, Taxifahrer - laut Aussage eines Chauffeurs - bis zu 100 Dollar pro Tag - egal, ob sie es verdienen oder nicht. Deswegen versuchen Taxifahrer jeden Touristen abzuzocken; Gastfamilien die "Touristas" zum Abendessen im Casa zu überreden, um extra Geld zu verdienen. Allerdings sind diese Essen dreimal so teuer wie im Restaurant und deswegen für uns nicht jeden Tag möglich gewesen.

Vom Valle de Vinales aus dem Westen sind wir weiter mit dem Bus an die Südküste nach Trinidad: eine charmante, gemütliche Stadt mit lauter bunt bemalten Häusern, in der wir trotz vieler Touristen das ursprünglichere kubanische Leben genießen durften. Im Casa de la Musical tanzten am Abend die Einheimischen zu typischen Klängen, die eine gut gelaunte Band zum Besten gab. Nachts zog es uns den Berg hinauf in eine Höhlendisco, in der alle, die noch nicht genug hatten, unter der Erde die ganze Nacht weiter feiern konnten. Nach einer Wanderung zu einem Wasserfall mit Tauchbecken ging es dann über Santa Clara, die Stadt in der Che Guevara den Kampf gegen die Diktatur gewann und mittlerweile auch begraben ist, zurück nach Havanna. Dort haben wir drei weitere Tage das Flair der Stadt genossen und uns leider auch immer wieder abzocken lassen.

Fazit:
Auch wenn Kuba ein sicheres, wunderschönes, facettenreiches Land ist, mit sehr, sehr freundlichen Menschen und kaum Kriminalität, so ist es mit einem geringen Budget doch eher anstrengend dort zu reisen: die Einheimischen, egal wo und wie, versuchen immer an zusätzliches Geld zu kommen. Jeder zweite Kubaner scheint die wichtigsten Wörter Deiner Muttersprache zu beherrschen, kennt Michael Ballack und hat einen Freund in Deiner Heimatstadt. So verwickeln sie Dich charmant in ein Gespräch und führen Dich auf kostenlose Straßenkonzerte à la Buena Vista Social Club oder in die angeblich besten und günstigsten Restaurants. Dort essen und trinken sie auf Deine Kosten, während sie Dir vom kranken Vater oder neugeborenen Baby erzählen, um über die emotionale Ebene auch noch ein wenig Bargeld abzustauben. Das Wechselgeld stimmt in neun von zehn Fällen nicht ("Entschuldigung, ich verwechsle immer die Münzen"), beim Bezahlen im Gasthaus dauert es mindestens 15 Minuten bis das Rückgeld kommt, in der Hoffnung, dass es dem Kunden zu lange dauert und er ohne sein Restgeld geht; Taxifahrer dagegen erfinden eingestellte Buslinien oder fiktive Straßensperren, um etwas mehr zu verdienen.

Wir haben wenige Kubaner getroffen, die mit ihrer Regierung zufrieden sind, auch wenn es sich niemand direkt auszusprechen traute, sind aber dennoch froh, Kuba jetzt bereist zu haben. Somit konnten wir die Einheimischen etwas unterstützen, und wer weiß, in welche Richtung sich das Land nach der Castro-Ära entwickeln wird…