VON CLEMENS POKORNY | 21.02.2017 13:21

Trink Leitungswasser!

Von wenigen Einschränkungen abgesehen ist Leitungswasser in Deutschland nicht nur gesundheitlich unbedenklich. Es übertrifft Mineralwasser sogar meist qualitativ, wird strenger kontrolliert, ist besser für die Gesundheit, kostet weniger und schont Umwelt und Klima. UNI.DE räumt mit einigen Vorurteilen auf und gibt Tipps für den Fall, dass im Haus noch Blei- oder ähnliche Rohre verlegt sein sollten.


143,5 Liter pro Jahr: Im Jahr 2014 trank jeder Mensch in Deutschland im Durchschnitt so viel Mineralwasser. Mittel- und Südeuropäer lieben das abgefüllte Nass ebenso wie Nordamerikaner, in den anderen Teilen der Erde wird es deutlich weniger konsumiert. Als gesünder gilt es vielen hierzulande; immerhin weisen die Hersteller den Mineraliengehalt aus und es ist auch nicht durch dubiose Rohre geflossen, bevor es auf unsere Tische kommt. Was ist dran am Mythos Mineralwasser?

Mineralwasser ist nicht gesünder

Seit 1980 müssen Mineralwässer in Deutschland keine Mindestwerte an Mineralien mehr aufweisen. 2013 stellte die Stiftung Warentest fest: Etwa die Hälfte der von ihr untersuchten Sprudelsorten und sogar zwei Drittel der stillen Mineralwässer sind mineralstoffarm. Zudem nimmt unser Körper Mineralien vorrangig über feste Nahrung auf. Die Inhaltsstoffe sollten also kein Grund dafür sein, im Lebensmittelgeschäft ein Mehrfaches davon zu bezahlen, was Wasser aus dem Hahn kostet.

Außerdem wird Leitungswasser strenger kontrolliert als Mineralwasser. Das liegt einfach daran, dass die gesetzlichen Vorgaben der Mineral- und Tafelwasserverordnung weniger streng sind als diejenigen der Trinkwasserverordnung. Was aus deutschen Hähnen sprudelt, ist aber in jedem Fall Trinkwasser. Es stammt zu 64% aus Grundwasservorräten, zu 9% aus Quellen und zu 27% aus Oberflächenwasser (nicht aber aus Abwasser!). Vor allem Letzteres muss gefiltert und aufbereitet werden. Das funktioniert – dagegen fanden sich erst jüngst wieder hohe Hormonwerte in Mineralwässern. Das Berliner Leitungswasser wiederum droht die Grenzwerte für Sulfate zu überschreiten, weil von den Lausitzer Braunkohletagebauen zu viel von diesen chemischen Verbindungen in die Spree gelangt, aus der Berlin sein Trinkwasser bezieht. Doch Sulfat wirkt allenfalls abführend – anders als Hormone greift es nicht dauerhaft in unseren Körper ein.

Mineralwasser hat eine katastrophale Umweltbilanz

In Plastikflaschen abgefülltes Wasser dagegen nimmt möglicherweise sogar noch giftige Stoffe aus seiner Verpackung auf. In jedem Fall aber gibt es keinen vernünftigen Grund dafür, Plastik- oder gar schwere Glasflaschen unter immensem CO2-Ausstoß Hunderte Kilometer weit zu karren. Plastikflaschen kommen für umweltbewusste Menschen ohnehin nicht in Frage.

Privatisierung: Wenn das Wasser der Industrie gehört

Mineralwasserkonzerne: Profit statt Verantwortung

Kurzum: Das Geschäft mit dem Flaschenwasser nutzt nur den großen Konzernen. Immer wieder erwerben sie die Nutzungsrechte an Grundwasservorkommen in armen Ländern und beuten diese derart exzessiv aus, dass bald ganze Dörfer auf dem Trockenen sitzen – so geschehen im Falle von Coca-Cola und Nestlé.

Fazit

Bei uns in Mitteleuropa mit seinen weitgehend sauberen und stabilen Grundwasservorräten braucht niemand Mineralwasser. Mühsames Schleppen kann man sich also ebenso sparen, und billiger ist Leitungswasser sowieso. Wer den Verdacht hat, dass in seinem Haus noch gesundheitsbelastende Rohre aus Kupfer o.ä. verlegt sind, sollte über das örtliche Gesundheitsamt ein Trinkwasserlabor ausfindig machen und eine Probe des Wassers einschicken. Hauseigentümer sind verpflichtet, gesundheitsgefährdende Rohre auszutauschen.