VON CLEMENS POKORNY
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06.11.2012 16:57
Kein Appetit auf die Schulmensa
Kinder und Jugendliche mögen das Essen in der Schulmensa meistens nicht – zurecht, denn es ist oft von minderer Qualität, von unausgewogener Zusammensetzung und verkocht. Was müsste sich ändern, und was würde das kosten?
In der Pause oder vor dem Nachmittagsunterricht schnell einen Döner holen oder zu „Mackie“ & Co.: Realität für unzählige Schüler hierzulande. Grundschüler, die von daheim kein Pausenbrot mitbekommen, kaufen sich im Supermarkt sogar erschreckend häufig einfache Tortenböden, um ihren Hunger zu stillen. Das Essen in der Mensa? Schmeckt den Meisten nicht, wie 2010 eine vom Lebensmittelkonzern Nestlé in Auftrag gegebene Studie belegte. Und ironischerweise ist es oft sogar teurer als fast food, weil es mit 19% gegenüber 7% Mehrwertsteuer belegt wird.
Du bist, was du isst?
Mehr denn je ist Essen ein Mittel sozialer Distinktion, ein Statement des Lebensstils oder gar der politischen und ethischen Gesinnung.
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Ökotrophologen wie
Volker Peinelt oder Ulrike Arens-Azevêdo wissen, was schiefläuft an deutschen Schulen und Kindertagesstätten. Nicht erst seit dem Skandal um mit Noroviren verseuchtem Schulessen, der den Osten der Bundesrepublik im September in Atem hielt, wissen sie: Caterer liefern zu 60% bereits fertig gekochtes Essen, das erst bis zu drei Stunden später auf dem Teller der Kinder landet – und dann weder lecker aussieht noch schmeckt. Verkocht und unausgewogen sind die Gerichte überdies oftmals. Der Preis- und Konkurrenzdruck schließlich zwingt die Cateringservices dazu, entweder ihre Mitarbeiter auszubeuten oder an der Qualität der Rohstoffe zu sparen.
Gutes Essen aber hat seinen Preis: Arens-Azevêdo hält „ein ausgewogenes Schulessen unter drei Euro“ für „
schlichtweg unrealistisch“. Erfahrungen zeigen, dass die meisten Eltern für bessere Qualität auch mehr Geld ausgeben würden. Die Stadt München hat mit dem Projekt „
Bio für Kinder“ erfolgreich teureres Bio-Essen in etlichen Kantinen von Kinderbetreuungseinrichtungen etabliert. Für eine bessere Schulspeisung gibt es aber noch viel mehr Möglichkeiten: Wo weiterhin auf einen Caterer zurückgegriffen werden soll, kann auf das Cook-&-Chill-Verfahren umgestellt werden: Dabei wird das Essen in der Großküche vorgegart und tiefgefroren an die Schulkantinen geliefert, wo es zu Ende gekocht wird – was anders als bei der üblichen Catering-Praxis eine Garküche vor Ort voraussetzt. In Hessen hat man im Rahmen eines
Pilotprojekts bereits gute Erfahrungen mit diesem Modell gemacht. Noch besser wird Geschmack und Wert der Menüs natürlich, wenn diese erst in der Schule gekocht werden.
An einer nordrhein-westfälischen Hauptschule bereiten Klassen im Fach Hauswirtschaftslehre für ihre Mitschüler das Essen selbst zu. Dieses Verfahren dürfte nicht flächendeckend umzusetzen sein. Immerhin fördern das Bundeslandwirtschaftsministerium und der TV-Koch Tim Mälzer im Rahmen des Wettbewerbs „
KLASSE, KOCHEN!“ Projekte zur Ernährungsbildung in Schulen. Experten fordern aber eine darüber hinausgehende
bessere Information sowie
bessere infrastrukturelle Ausstattung der Bildungs- und Betreuungseinrichtungen. Bis das Schulessen Döner und Pizza den Rang abgelaufen haben wird, bleibt also noch viel zu tun.