VON SIVAN BERSHAN | 25.03.2013 09:30

Amerikanische Spezialisten versus deutsche Generalisten

Viele Bildungsreformen in Deutschland und Europa orientieren sich - beispielsweise mit der Einführung des Stufen-Systems von Bachelor und Master - zwar organisatorisch am amerikanischen Bildungssystem, weichen jedoch in entscheidenden Punkten signifikant davon ab. UNI.DE stellt die Vor- und Nachteile beider Systeme vor.

In den USA beginnt die frühkindliche Förderung früher als in Deutschland. Die USA sind weltweit führend in der Kleinkindbetreuung unter drei Jahren – unter anderem auch deshalb, weil Eltern nicht solch umfassende Privilegien genießen, wie in Deutschland im ersten Lebensjahr des Kindes. Vor allem auf Sprachbildung wird bei Amerikanischen Kleinkindern Wert gelegt. So soll die Benachteiligung von Kindern aus Einwandererfamilien gemildert werden.

High School Year

Die Primär- und Sekundärschulsysteme der beiden Länder unterscheiden sich maßgeblich dadurch, dass in Deutschland eine starke Trennung zwischen theoretischer Ausrichtung auf dem Gymnasium und eher praktischer Ausbildung an den Haupt-, Real- und Gesamtschulen herrscht. In den USA gibt es nur einen Schultyp, innerhalb dem die Trennung in Leistungsstufen durch ein Kurssystem erreicht wird. Im Laufe der Middle- und Highschool können Schüler durch obligatorische Grundkurse herausfinden, wo ihre Stärken liegen. Das sorgt für eine fokussierte Bildung in wenigen Bereichen, während das deutsche Schulsystem eher breit gebildete Abiturienten hervorbringt.

Seit der Bolognareform hat sich das deutsche Hochschulsystem dem der USA stark angenähert. Ein bleibender Unterschied ist das Festhalten der Deutschen an Abschlussprüfungen. Während in den USA der Abschluss der Highschool, des Bachelor- oder Masterstudiums nach erfolgreicher Absolvierung einer festgelegten Anzahl von Kursen verliehen wird, behält Deutschland auch weiterhin die Endexamen bei.

Häufig ist das Tempo an amerikanischen Universitäten sehr viel höher. Viele Universitäten lehren nach einem Vierteljahresrhythmus. Dies setzt viel Lesefleiß und hohe Konzentration voraus. Außerdem wird ein Schwerpunkt auf die Vernetzung von Universität und Wirtschaft gelegt. Kontinuierlich erhalten Studierende die Möglichkeit, an Kooperationsprojekten zwischen Universität und Firmen teilzunehmen. So können sie schon Projekterfahrung sowie Firmenkontakte direkt nach Abschluss des Studiums vorweisen.

Im Bildungssystem der USA spiegelt sich die ethnische, soziale und kulturelle Heterogenität der amerikanischen Gesellschaft wider. Auch die Altersspanne ist sehr viel größer als in deutschen Lehrsälen. Viele kehren nach mehreren Jahren im Beruf zurück zu ihrer Alma Mater für den nächsten Abschluss. Dies trägt insgesamt zu einem vielseitigen und interessanten Klima bei.

Während deutsche Studierende später ins Berufsleben einsteigen als amerikanische, erhalten sie in der Regel eine fundierte theoretische Ausbildung. Amerikanische Studierende erlernen sehr viele nützliche Werkzeuge, häufig fehlt ihnen jedoch ein generalistischer Blick aus der Vogelperspektive. Generell gilt für Absolventen, dass der Berufseinstieg in der Regel durch schon vorhandene Wirtschaftskontakte leichter fällt, wohingegen in Deutschland die hoch-theoretische Ausbildung den Einstieg erschwert, dafür jedoch beim Aufstieg innerhalb der Wirtschaft Vorteile verschafft.