VON CLEMENS POKORNY | 15.01.2013 14:41

RFID-Chips an Schulen und Unis: Weg zu mehr Sicherheit oder in den Überwachungsstaat?

Kleine, flache Chips mit der sogenannten RFID-Technik könnten in naher Zukunft den Barcode ersetzen. Sie werden auch zur Identifikation und Zugangskontrolle eingesetzt – Bürger sehen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Gefahr.

Hätte sich der Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School in Connecticut Mitte Dezember 2012 verhindern lassen können? Der volljährige Sohn einer Lehrerin der Grundschule hatte 27 Menschen und anschließend sich selbst getötet. Hätte die Schule eine seit einigen Jahren auch in großem Stil und kommerziell eingesetzte Technik verwendet, hätte er nicht einmal das Gebäude betreten können. Die Rede ist von radio-frequency identification, kurz RFID.

Machtdistanz

Dazu wird am oder im zu überwachenden Objekt ein Transponder angebracht, der von einem Lesegerät mittels eines elektromagnetischen Wechselfeldes ausgelesen wird. Die Hochfrequenzenergie des Feldes versorgt den Transponder mit Strom – sofern er nicht über eine Batterie verfügt –, sodass er mit dem Lesegerät kommunizieren kann. Weil die verwendeten Materialien billig und die Transponder sehr klein sind, ist Funkidentifikation im Kommen: an der Hochschule Magdeburg-Stendal gibt es sogar einen entsprechenden Masterstudiengang. Insbesondere von der Textilindustrie werden RFID-Chips als Diebstahlsicherung in Produkte eingebaut; bereits seit 2003 plant die Europäische Zentralbank, Geldscheine künftig durch die Verwendung dieser Technik fälschungssicher herstellen zu lassen. Und nicht zuletzt eignet sich RFID auch zur Identifikation von Personen: seit 2005 bzw. 2010 kommt die Technik in deutschen Reisepässen respektive Personalausweisen zum Einsatz. In sogenannten „VeriChips“ können lebenswichtige Informationen unter die Haut transplantiert und im Notfall ausgelesen werden. Auf diese Weise lassen sich auch Zugangskontrollen durchführen, etwa mit RFID-Chips, die an Bändern um den Hals getragen werden. In einigen Schulen in Großbritannien oder auch den USA ist das bereits Realität. Doch Schüler aus dem texanischen San Antonio protestieren öffentlich gegen diesen Verlust an informationeller Selbstbestimmung, haben sie doch keinen Einfluss mehr darauf, welche Informationen über sie preisgegeben werden und wann. Außerdem besteht die Gefahr, dass die vom Transponder gesendeten Daten ausgespäht werden. RFID-Chips lassen sich mithilfe von im Internet verfügbaren Anleitungen von jedermann klonen und könnten, mit gestohlenen oder manipulierten Daten gefüttert, eine andere Identität vorgaukeln. Reichen da die bisher gängigen Techniken zur Identifikation und Zugangskontrolle nicht aus? Und brauchen die USA nicht eher strengere Waffengesetze, die ihre Bürger auch außerhalb von Gebäuden besser vor Amokläufern schützen könnten?