VON ALEXANDER STIEHLE | 24.02.2012 16:18

Denglisch – Anglizismen im Deutschen

Seit 2010 kürt eine Wissenschaftsgruppe den Anglizismus des Jahres. Diesjähriger Gewinner: „Shitstorm“. Shitstorm?! Oje, bei diesem Begriff bilden sich Assoziationen, die lieber vermieden werden wollen. Doch was steckt wirklich hinter „Shitstorm“ und anderen Anglizismen?

Der Anglizismus des Jahres
„Shitstorm“ beschreibt die öffentliche Entrüstung im Internet via Facebook oder Twitter über das Verhalten öffentlicher Personen oder Einrichtungen. Laut Stefanowitsch, Jurymitglied der Wissenschaftsgruppe, fülle dieser Ausdruck eine Lücke in der deutschen Sprache, die durch die Veränderung der Diskussionskultur entstehe. Der Sieger des vergangenen Jahres lautet „leaken“, also die gezielte, anonyme Veröffentlichung geheimer Informationen. Wer sich erinnert: Wikileaks sorgte 2010 mit der Veröffentlichung von amerikanischen Geheimdienstinformationen für ordentlich Furore.

Anglizismen – gut oder schlecht?
Manche sind der Meinung, dass Anglizismen der deutschen Sprache schädigen, andere betrachten sie als Folge der sprachlichen Evolution. So betiteln Puristen zum Beispiel das Kleidungsstück „Pullover“ als „Überzieher“. Naja die Übersetzung liegt nahe, doch leider ist der Begriff „Überzieher“ in unserer Gesellschaft schon einschlägig vorbelastet. Dementsprechend könnten schnell Missverständnisse aufkommen, wenn es heißt: „Hey gib mir mal nen Überzieher.“ Oder wie würden Sie Boxer – Shorts übersetzen? Vorschlag: „Herrenunterhose mit kurzem Beinteil.“ Hört sich aber auch irgendwie doof an.

Wer sich traut kann einen Schritt weitergehen und behaupten Anglizismen seien das neue Imponierdeutsch. „Facility – Manager“ hört sich doch gleich viel weltmännischer an wie „Hausmeister“. Die wenigsten bestellen heutzutage noch einen „Kaffee zum mitnehmen“ ,sondern sie verlangen nach einem „Coffee to go“. Die Liste ließe sich vermutlich endlos so weiterführen. Indem man sich solcher Ausdrücke bedient, wird dem Umfeld signalisiert, dass man international, gebildet und weltoffen ist. Jeder, der sich dem verweigert, wird als altmodisch und konservativ wahrgenommen. Allerdings dienen Anglizismen auch zur genaueren Differenzierung sprachlicher Denotationen. Jemand der behauptet er studiere „Geschlechterforschung“ wird schnell schief angeschaut, weil die Leute vielleicht der Meinung sind, das Geschlecht an sich werde erforscht. Mit „Gender Studies“ kann das nicht passieren, da es viel neutraler klingt.

Letztendlich sind Anglizismen ein Teil des Deutschen und mittlerweile sind sie auch nicht mehr wegzudenken. Sie sorgen für Vielfalt, Differenzierung und eine bunte Sprachkultur. Wenn sich doch jemand dazu entscheidet, sie bewusst zu vermeiden ist viel Kreativität gefragt. Die Lacher sind ihm aber meistens garantiert.