„Zwischen den Stühlen“: Ein Film über das Lehramts-Referendariat – die schlimmste Zeit des Lebens?
Nach einem anspruchsvollen Studium wieder Schüler sein – und zugleich selbst Schüler unterrichten: Das ist die paradoxe Doppelrolle der Studienreferendarinnen und Studienreferendare. Der Dokumentarfilm mit dem treffenden Titel „Zwischen den Stühlen“ begleitet drei junge Menschen in ihrem Referendariat und stellt fest: Nicht nur diese Ausbildung zermürbt die angehenden Lehrkräfte. Das System Schule an sich nimmt auf die Einzelnen wenig Rücksicht, seien sie vor oder hinter dem Pult.
Wer in Deutschland Lehrkraft werden möchte, muss nach dem Studium noch eine praktische Ausbildung durchlaufen – das Referendariat. Es ist eine Zeit der Gegensätze: zwischen Ansprüchen und Umsetzbarkeit, zwischen den Erwartungen von außen und dem eigenen Entwicklungsstand, zwischen pädagogisch-didaktischer Theorie und der Unterrichtspraxis, und nicht zuletzt auch zwischen Lehren und Belehrtwerden, zwischen Benoten und Benotetwerden. Der Dokumentarfilm „Zwischen den Stühlen“ fängt diese Widersprüche ein. Ohne belehrende Kommentare, wenn auch oft mit recht plakativen Stillleben einfacher Symbolik, die pessimistisch darstellen, wie Menschen sich in dieser sehr besonderen Ausbildung fühlen.
„Zwischen den Stühlen“ begleitet die drei Referendare Katja, Anna und Ralf. Die Drei repräsentieren drei Typen von Lehrkräften und deren eigene Widersprüchlichkeiten: Katja ist ebenso engagiert wie Burnout-gefährdet. Anna verkörpert das unsichere und didaktisch überforderte Mauerblümchen, das keine Macht ausüben und trotzdem – oder gerade deshalb — vor einer Grundschulklasse stehen will. Ralf bedient das Klischee vom Lehrer, der selbst ein schlechter Schüler war; umso strenger agiert er vor der Gymnasialklasse, obwohl er kritisch (sogar gemeinsam mit seinen Schülerinnen und Schülern) reflektiert, dass das Schulsystem vor allem nützliches Humankapital produzieren soll.
Mit Gespür für das Wesentliche zeigt Regisseur Jakob Schmidt in „Zwischen den Stühlen“ typische Situationen im Berufs- und Privatleben der studierten Azubis. Wir sehen klassische Anfängerfehler wie z.B. rhetorische statt offene Fragen, demotivierende Gardinenpredigten an die Klasse oder den Lehrer, der sich vom Schüler abwendet, während dieser noch spricht. Die an allen gezeigten Schularten schwierigen Schülerinnen und Schüler fördern nicht gerade die Lust auf den Lehrberuf – doch allen Beteiligten ist klar: Kaum jemand benimmt sich aus Bosheit daneben, niemand hat etwas gegen die Lehrkraft persönlich.
Frustrationen entstehen eher aus dem Auseinanderklaffen von pädagogisch-didaktischer Theorie und dem harten Arbeitsalltag, der den Idealismus der Drei ausbremst. Realistisch wird auch der Druck präsentiert, unter den die Referendare von Schule und Ausbildenden gesetzt werden. Es setzt so viel Kritik, dass Katja in einem seltenen Moment lobender Rückmeldung einmal seufzt: „Es tut so gut, auch mal Positives zu hören.“
„Zwischen den Stühlen“ seziert mit seiner Auswahl der Bilder und Wortbeiträge aber nicht nur die Hölle Referendariat. Der Film wirft zudem auch Fragen nach Zustand und Sinn unseres Bildungswesens im Allgemeinen auf: Wieso erleiden Lehrkräfte so oft ein Burnout, warum sind so viele von ihnen langfristig krank? Weshalb orientieren unsere Schulen sich am Mittelmaß und schaffen es nicht, im Verhältnis zum Durchschnitt Schwächere und Stärkere ihren Bedürfnissen entsprechend zu fördern? Die Referendare Katja, Anna und Ralf haben am Ende ihrer Lehrausbildung (2014) und zugleich am Ende des Films Erfolg. Man wüsste gerne, wie es ihnen heute, im Beruf, ergeht – „Zwischen den Stühlen“ deutet nur an, wie schlimm die ersten Berufsjahre sein werden. Vor allem aber verschweigt „Zwischen den Stühlen“ mit seinem positiven Schluss, wie schwankend die Berufschancen im Lehramt sind. Berlin mit seinem auch noch in den kommenden Jahren hohen Einstellungsbedarf an Lehrkräften ist derzeit ein eher untypisches Beispiel dafür – in vielen anderen Bundesländern gibt es, zumindest für die Gymnasien, einen hohen Bewerbungsüberhang. Nur lässt sich dies bei Studienbeginn oft noch nicht absehen – und die Kultusministerien schaffen es bislang nicht, den berüchtigten „Schweinezyklus“ mit realistischen Prognosen und Studienfachempfehlungen in den Griff zu bekommen. Für Referendare, nur noch eineinhalb bis zwei Jahre von Einstellung oder Erwerbslosigkeit entfernt, stellt sich dieses Problem aber oft sogar trotz guter Noten – und macht das Referendariat noch mehr zur für viele „schlimmsten Zeit des Lebens“.
„Zwischen den Stühlen“ kommt am 18. Mai in die Kinos. Welche Kinos das sein werden, findest du HIER.
Auswahlverfahren an Universitäten – Welche gibt es und wie sinnvoll sind sie?
Viele Studiengänge in Deutschland sind nach wie vor zulassungsbeschränkt, das bedeutet, dass zukünftige Studierende erst einen Test durchlaufen müssen, um einen Studienplatz zu bekommen. Solche Tests laufen von Uni zu Uni unterschiedlich ab, es gibt aber auch Fächer, die bundesweit gleich beschränkt sind, zum Beispiel Medizin. Einige Fachleute zweifeln aber am Nutzen der althergebrachten Auswahlverfahren und schlagen Verbesserungen vor. Welche Auswahlverfahren es gibt und was Studierende dafür brauchen zeigt UNI.DE.
[...]»
Gegen Rassimus und Meinungsfreiheit? Über die Proteste an den Unis in den USA
Seit November kommt es an amerikanischen Universitäten vermehrt zu Protestaktionen. Hauptthema der jungen Demonstrantinnen und Demonstranten: Rassismus und Diskriminierung auf dem Campus. Das führte jüngst zu einer Welle von Studentenbewegungen im ganzen Land. Einige befürchten allerdings, dass die Studierenden zu aggressiv vorgehen könnten. Worum geht es genau?
[...]»
Uni wechsle dich – Wie ein Studienplatztausch funktioniert und was man beachten muss
Unzufrieden mit dem Studienort? Keinen Platz an der Uni oder FH bekommen, an der ihr eigentlich studieren wolltet? Oder einfach mal wieder Lust auf einen Tapetenwechsel? In vielen Fällen ist das kein Problem, weil es an eurer Wunschuni durchaus jemanden geben kann, dem es ähnlich geht. Die naheliegende Lösung: Die Studienplätze tauschen. Wie das geht und was es dabei zu beachten gilt, weiß UNI.DE.
[...]»
Sabbatical oder einfach eine Auszeit
Viele Studenten sind von ihrem Studium überfordert. Straffe Studienpläne und viele Prüfungen führen häufig zu Burnout und Überforderung. Ein Sabbatical kann da helfen. Aber was ist das genau?
[...]»
Studienabbruch: Gründe, Alternativen und gesellschaftliche Bewertung
Die steigenden Zahlen der Studierenden sorgen auch für immer mehr Studienabbrecher. Wer seinen Schritt im Vorstellungsgespräch gut verkauft, hat gute Chancen auf einen der derzeit immer öfter unbesetzt bleibenden Ausbildungsplätze. Die Gründe dafür, ein Studium abzubrechen, sind vielfältig – und das Problem hausgemacht. Denn Deutschland braucht nicht mehr Studenten, sondern Absolventen, allerdings nur in bestimmten Fächern.
[...]»
Wie zeitgemäß ist die Anwesenheitspflicht eigentlich noch?
In Nordrhein-Westfalen wurde die Anwesenheitspflicht an Hochschulen Anfang Oktober 2014 abgeschafft. Viele Studierende freuen sich, Lehrende dagegen sind zum Teil empört. Während die einen das selbstbestimmte Lernen feiern, sehen die anderen darin eine Entwertung ihrer Arbeit. Doch der Streit ist wohl auch ein ideologischer: Was bringt die Anwesenheitspflicht? Und ist sie überhaupt noch zeitgemäß?
[...]»
Der Hochschulpakt
Bis zum Jahr 2015 sollen Bund und Länder den Hochschulpakt, der 2007 beschlossen wurde, um einen weiteren Millionenbetrag aufstocken. Allein der Bund wird den Ausbau der Hochschulen mit weiteren 2,2 Milliarden Euro finanzieren, so die Einigung der Wissenschaftsminister von Bund und Ländern im April 2013 in Berlin. Damit die Fachkräfte in Deutschland in einigen Jahren nicht fehlen, müssen nun viele Studierende auf ihrem Weg in die Berufswelt unterstützt werden. Ob Ausbau der Mensen, Wohnheime oder Bibliotheken, an Geld mangelt es derzeit überall, die Hörsäle sind überfüllt und die Master-Studienplätze rar. Dies soll der Hochschulpakt nun verbessern.
[...]»
„Zwischen den Stühlen“: Ein Film über das Lehramts-Referendariat – die schlimmste Zeit des Lebens?
Nach einem anspruchsvollen Studium wieder Schüler sein – und zugleich selbst Schüler unterrichten: Das ist die paradoxe Doppelrolle der Studienreferendarinnen und Studienreferendare. Der Dokumentarfilm mit dem treffenden Titel „Zwischen den Stühlen“ begleitet drei junge Menschen in ihrem Referendariat und stellt fest: Nicht nur diese Ausbildung zermürbt die angehenden Lehrkräfte. Das System Schule an sich nimmt auf die Einzelnen wenig Rücksicht, seien sie vor oder hinter dem Pult.
[...]»