VON MAXIMILIAN REICHLIN | 27.11.2016 11:41

Das Recht auf Asyl – Geschichte und heutige Situation

Das Recht auf politisches Asyl ist ein allgemeines Menschenrecht. Demnach darf jeder Mensch, wenn er in seinem Heimatland verfolgt wird, Asyl in einem anderen Staat suchen. Das war nicht immer so: Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein gab es kaum umfassende Gesetze zum Schutz politisch Verfolgter. Und selbst heute noch genießen die meisten Staaten große Freiheiten bei der Formulierung und Anpassung eigener Asylgesetze. UNI.DE über die Geschichte und die Anwendung des Asylrechts.




Die Geschichte des Asylrechts: Von der Bibel bis zu den Menschenrechten

Erste Erwähnung eines rudimentären Asylgesetzes finden sich bereits in der Bibel. Dort ist von sogenannten „Freistätten“ die Rede, an denen keine Blutrache verübt werden durfte. Geflohene waren an solchen Orten sicher vor der Verfolgung durch verfeindete Familien. Asyl war also zunächst ein sakrales Recht, was es bis in das Mittelalter hinein auch blieb. Viele europäische Kirchen und Klöster hatten ein durch kaiserliches Dekret verfügtes Asylrecht inne. Die Zuständigkeit der Staatsgewalt endete, wo Grund und Boden eines Klosters begannen, oft gekennzeichnet durch sogenannte Freiungssäulen. Solange die Flüchtenden keinen Mord begangen hatten, waren sie hinter den Kirchenmauern zumindest zeitweise vor ihren Verfolgern sicher.

Mit der zunehmenden Trennung von Kirche und Staat verlor das kirchliche Asyl jedoch nach dem Ende des europäischen Mittelalters schnell an Bedeutung. Dagegen wurde im 19. und 20. Jahrhundert das politische Asyl immer wichtiger. Als einer der ersten europäischen Staaten mit einem entsprechend fixierten Gesetz gilt heute die Schweiz, genauer: der Kanton Zürich. 1836 wurde dort das „Gesetz betreffend die besonderen Verhältnisse der politischen Flüchtlinge“ verabschiedet, das Ausländerinnen und Ausländern den Aufenthalt gewährte, die außerhalb der Schweiz politisch verfolgt wurden. 1905 folgte Großbritannien mit einem ähnlichen Asylgesetz, um dem Zustrom jüdischer Flüchtender aus Russland zu begegnen.

Solche Modelle waren allerdings nicht die Regel. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gab es in kaum einem europäischen Staat ein verbrieftes positives Asylrecht, sondern höchstens Auslieferungsgesetze, die es der Staatsgewalt verboten, politisch verfolgte auszuliefern (so zum Beispiel in Belgien und Deutschland). Erst nach Ende des Zweiten Weltkrieges sollte ein wirkliches Recht auf Asyl geschaffen werden, dessen Wortlaut zum ersten Mal in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Jahr 1948 festgelegt wurde. Dort heißt es in Artikel 14: „Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern Schutz vor Verfolgung zu suchen und zu bekommen.“

Reiche Länder stehlen sich aus der Verantwortung

Das Asylrecht heute und seine Einschränkungen

Heute sind vor allem zwei Bestimmungen relevant für das Asylrecht: Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 sowie das Dubliner Übereinkommen der EU von 1990. In beiden ist das Recht auf Asyl als Grundrecht verankert, solange die Flüchtenden politisch verfolgt werden oder aufgrund ihrer Religion, ihres Geschlechts, ihrer Rasse oder ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Heimatland bedroht sind.

Obwohl jedoch das Recht auf Asyl in den Menschenrechten festgelegt wurde (und zum Beispiel auch im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert ist), war kein Staat bei der Erklärung der Menschenrechte bereit, auf Souveränität in Sachen Flüchtlingspolitik zu verzichten. Das Asylrecht schreibt also keinem Land vor, politisches Asyl zu gewähren, sondern fixiert lediglich das Recht der Flüchtenden, Asyl zu suchen und zu genießen, wenn der betreffende Staat Asyl gewährt. Solange die Unterzeichner der Genfer Flüchtlingskonvention politisch Verfolgte nicht in den Verfolgerstaat zurückschicken, haben die Mitgliedsstaaten daher freie Hand wenn es darum geht, Asylgesetze zu formulieren oder anzupassen. Vor allem Deutschland steht wegen häufiger Änderungen in der Asylpolitik, die in der Regel nicht zugunsten der Flüchtenden ausfallen, oft in der Kritik.