VON CHARLOTTE MEYER | 19.02.2016 14:44

Open Access – Wissenschaft für alle

Wer zahlt eigentlich die Artikel für meine Hausarbeiten und was kosten sie? Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht. Doch hängt genau damit die Entstehung der Open-Access-Bewegung zusammen. Open-Access heißt unbegrenzter Zugang zu Wissen und ist eine Kampfansage an die Privatisierung von Wissenschaft durch große Verlage. Worum es der Bewegung geht und warum es schwarze Schafe darin gibt.





Konventionelle Zeitschriften immer teurer

Klingt nerdig, aber ich bin sehr froh, dass es den Datenbankenservice meiner Unibibliothek gibt. Bin ich nicht im Uniserver eingeloggt und suche nach Artikeln für Hausarbeiten, kommt irgendwann immer die penetrante Meldung „Zugriff prüfen“ oder „Zahlen Sie pro Artikel nur xy Euro“. Was für eine Wohltat ist es dann, wenn ich mich mit meiner Unikennung bei der Bibliothek anmelden und fast auf alles sofort zugreifen kann. Ich habe mich eigentlich nie gefragt was sowas kostet und bin immer – ein wenig naiv – davon ausgegangen, dass die Unibibliothek die Zugänge bestimmt umsonst bekommt. Wahrscheinlich, weil für uns Studierende in der Uni ohnehin fast alles umsonst ist und wenn man mal etwas zahlen muss, dann ist es meist nicht viel. Nun habe ich angefangen, zum Thema Open Access zu recherchieren und meine heile Welt bricht zusammen. Die Open-Access-Bewegung hat nämlich ihren Ursprung in der Zeitschriftenkrise in der Mitte der 1990er Jahre, als Zeitschriften für Naturwissenschaft, Technik und Medizin immer teurer wurden und die Etats von Bibliotheken immer geringer. Die Folge: Bibliotheken bestellten Abonnements ab, was wiederum die Zeitschriften noch teurer machte, weil die Einnahmen der Verlage sanken.

Viele Käufer, wenige Verlage

Das britische Unterhaus legte 2004 einen Report vor, in welchem man das Problem damit erklärte, dass es viele Kunden, wie zum Beispiel Bibliotheken, gibt, aber nur wenige Wissenschaftsverlage. Diese können so einfacher die Preise diktieren, da die Konkurrenz gering ist. So lagen 2003 66,4 Prozent des globalen Marktes für Zeitschriften für Naturwissenschaft, Technik und Medizin in den Händen von nur acht Zeitschriftenkonzernen. Marktführer Reed Elsevier allein hatte daran 28,2 Prozent. Fördernd zu dieser ungleichen Verteilung kommt noch das Prestige von gewissen Zeitschriften. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wissen in der Regel ganz genau, welche Fachzeitschriften relevante und wichtige Artikel zu gewissen Schwerpunkten veröffentlichen und so wissenschaftliche Debatten bestimmen. Umgekehrt wollen auch sie publizieren und gelesen werden, um innerhalb ihres Schwerpunkts einen Beitrag zu leisten. Dementsprechend richten sie sich meist nach den bekanntesten Blättern aus. So können dann diese Fachzeitschriften saftige Abo-Preise durch ihre Monopolstellung verlangen.

Staatlich gefördert = kostenlos verfügbar!

Was folgt daraus? Den Zugriff auf einschlägige Zeitschriften haben nur jene, die es sich leisten können oder die einem Netzwerk angehören, das die Zugangsrechte für sie bereitstellt. Und: Dass öffentlich gefördertes Wissen durch überzogene Preisregulierungen von Konzernen zurückgehalten werden kann. Die Open-Access-Bewegung steuert dagegen an und fordert, dass wissenschaftliche Veröffentlichungen, die Ergebnisse von staatlich geförderter Forschung sind, auch kostenlos verfügbar sein sollen und nicht zurückgekauft werden müssen. Die Vorstellung ist, dass durch einen ungehinderten Wissensfluss wissenschaftliche Forschung besser wird und Erkenntnisse nicht in der Universität verschlossen bleiben, sondern in die Gesellschaft vordringen. Mittlerweile wird Open Access vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und vielen deutschen Forschungseinrichtungen wie zum Beispiel der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder der Leibniz-Gemeinschaft unterstützt und gefördert. Das heißt, dass Forschungsergebnisse aus diesen Gemeinschaften im Open Access bestenfalls digital und vor allem umsonst bereitgestellt werden.

Freies Wissen für alle?

Grüner Weg, goldener Weg

Open-Access-Veröffentlichungen gibt es in der Regel über Open-Access-Zeitschriften oder auf Dokumentenservern von Hochschulen oder Forschungseinrichtungen (auf sogenannten Repositorien). Hier gibt es unterschiedliche Wege wie Publikationen dorthin gelangen. Man kann entweder ein bereits bei einem Verlag erschienenes Werk noch einmal über das Internet in einem Repositorium veröffentlichen – das nennt man dann den „grünen Weg“. Auf dem sogenannten „goldenen Weg“ publiziert man einen neuen Artikel direkt in einer digitalen Open-Access-Zeitschrift. Bevor die Artikel online gehen, müssen sie sich außerdem einem Peer Review stellen – so nennt man die Qualitätskontrolle von wissenschaftlichen Publikationen zum Beispiel durch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Schwarze Schafe der Bewegung

Die Qualitätskontrolle von Open-Access-Artikeln wurde in der Vergangenheit heiß diskutiert. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sich die meisten Open-Access-Zeitschriften durch Gebühren für Autorinnen und Autoren finanzieren, um kostenfrei zu bleiben. Die Zeitschriften zahlen so keine Aufwandsentschädigung, sondern verlangen, dass man umgekehrt selbst für die entstehenden Kosten aufkommt. Unter der großen Zahl von mittlerweile entstandenen Open-Access-Journalen gab es deshalb auch schwarze Schafe, die kaum Qualitätskontrollen durchführten und Artikel quasi nur der Gebühr wegen veröffentlichten. Das schadet natürlich dem Image der Open-Access-Bewegung und hinterlässt den Eindruck, dass kostenfreie Wissenschaft nicht gleich qualitative Wissenschaft ist. Ich hoffe mal, dass das damit zusammenhängt, dass Open-Access nach wie vor eine junge Bewegung ist und es gewisse Regelungsmechanismen noch nicht gibt. Dass konventionelle Fachzeitschriften unglaublich teuer sind, weiß ich jetzt. Und wenn ich das nächste Mal auf die Website der elektronischen Zeitschriftenbibliothek meiner Uni gehe, werde ich wahrscheinlich sehr dankbar sein.