Am 28. Januar fand in Berlin der „Tag der Praktikanten“ statt. Bereits zum vierten Mal luden die Jobbörse ABSOLVENTA Jobnet und die Unternehmensberatung CLEVIS Consult zu der Konferenz ein, an der in diesem Jahr über 120 Betriebe teilnahmen. Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch der diesjährige Praktikantenspiegel von CLEVIS vorgestellt, der seit 2010 als eines der wichtigsten Instrumente gilt, um die deutsche Praktikumslandschaft zu analysieren. Wie in jedem Jahr ging es vor allem um harte Zahlen, aber auch um die Zufriedenheit und die Selbsteinschätzung der Praktikantinnen und Praktikanten. Zum ersten Mal flossen auch die Auswirkungen des im Jahr 2015 verabschiedeten Mindestlohngesetzes (kurz: MiLoG) mit in die Erhebung ein. Eine der Hauptfragestellungen des Berichts, war diese: Wie hat sich die Praktikumslandschaft in Deutschland durch das MiLoG verändert?
Das Mindestlohngesetz hat das Gehaltsgefüge immens verbessert
Seit dem ersten Januar 2015 gelten auf dem deutschen Arbeitsmarkt neue Regelungen zum Mindestlohn: 8,50 Euro pro Stunde müssen seitdem alle Arbeitenden mindestens verdienen. Das gilt auch für die Arbeit im Rahmen eines Praktikums. Gezahlt wird hier nun eine durchschnittliche Vergütung von rund 950 Euro pro Monat bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche. Eine immense Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr. 2014 waren es fast 200 Euro weniger. Das Gehaltsgefüge verschiebt sich durch den Mindestlohn also eindeutig nach oben.
Diese Verschiebung bezeichnete Arbeitsministerin Andrea Nahles als Ende der sogenannten „Generation Praktikum“. Gut ausgebildete junge Kräfte sollen durch das Mindestlohngesetz nicht mehr von den Unternehmen „ausgebeutet“ werden. Gleichzeitig räumt sie ein, dass es große Branchenunterschiede gebe, und dass viele Wirtschaftsbereiche seit 2015 sehr viel mehr Geld in ihre Praktikanten investieren müssten, als andere. So sind die Vergütungen in Branchen wie der Pharmaindustrie, der Unternehmensberatung oder im öffentlichen Sektor vergleichsweise nur leicht angestiegen, während sie sich in den Bereichen Bildung und Training, Personaldienstleistung und Freizeit, Kultur und Sport beinahe verdoppelt haben.
Nur langfristige und freiwillige Praktika sind vom Gesetz betroffen
Längst nicht alle Praktikantinnen und Praktikanten bemerken überhaupt etwas vom Mindestlohn. Zwar erhalten mittlerweile knapp 96 Prozent der Befragten eine Vergütung, von den neuen Regelungen betroffen sind allerdings nur 23 Prozent. Bei dem Rest handelt es sich um Pflichtpraktika oder freiwillige Praktika unter drei Monaten Laufzeit. Diese werden zwar oft ebenfalls vergütet, fallen allerdings nicht unter das Mindestlohngesetz.
Studierende, die in den Semesterferien ein freiwilliges Praktikum absolvieren wollen, tun das in den meisten Fällen also weiter zu herkömmlichen Konditionen, wobei die jeweilige Vergütung im Ermessensbereich des Betriebes liegt. Auch Studierende, die ihre Schnupperzeit im Rahmen ihres Studiums belegen müssen, haben in diesem Praktikum keinen Anspruch auf Mindestlohn. Umgekehrt erhalten diese allerdings immer noch Unterstützung durch BAföG, was bei freiwilligen Praktika neben dem Studium meist nicht der Fall ist.
Praktika werden zu teuer: Unternehmen streichen Plätze und suchen nach Lücken
Durch die umstrittene Dreimonatsgrenze offenbart das Mindestlohngesetz eine seiner größten Schwächen. Kritische Stimmen befürchten, dass durch die Einführung des Mindestlohns die Praktikumslandschaft nachhaltig geschädigt werden könnte: Entweder, weil kleinere Unternehmen sich die teuren Praktika nicht mehr leisten können, und somit weniger Stellen angeboten werden, oder weil Arbeitgebende in Zukunft bevorzugt dreimonatige Praktikumsstellen anbieten. Das Aus der „Generation Praktikum“ könnte auch das „Aus der meisten sinnvollen Studentenpraktika“ bedeuten, wie FDP-Bundesvorstand Johannes Vogel bereits 2014 im SPIEGEL prophezeite.
Tatsächlich ist an seiner These etwas dran. Der Praktikantenspiegel stellt fest: 2015 waren 21 Prozent der Befragten unter drei Monaten im Praktikumsunternehmen beschäftigt. Im Vorjahr waren es nur rund elf Prozent. „Wohl ein Indiz, dass viele Unternehmen den Mindestlohn umgehen - und nicht zahlen wollen“ schreibt die Informationsplattform Karrierebibel. Die Unternehmen selbst gaben darüber hinaus an, ihre Einstellungsgewohnheiten grundsätzlich geändert zu haben: 89 Prozent der befragten Betriebe wollen in Zukunft entweder weniger Praktikantinnen und Praktikanten einstellen oder nur solche Kräfte in den Betrieb holen, die nicht unter das Mindestlohngesetz fallen.