VON MAXIMILIAN REICHLIN
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04.07.2013 17:23
Jeremy Grantham – Der Prophet der Finanzwelt
Die globale Wirtschaft scheint in den letzten Jahren von einer Krise in die nächste zu rutschen. Von der Dotcom-Krise im Jahr 2000 über die Immobilienblase 2007 bis hin zur aktuellen Staatsschuldenkrise, die in Griechenland ihren Anfang nahm. Viel Zeit zur Erholung der Märkte gibt es anscheinend nicht mehr. Hätte man jedoch früh auf den Chef der unabhängigen amerikanischen Vermögensverwaltung GMO, Jeremy Grantham gehört, hätten diese Krisen vielleicht verhindert werden können.
Der gebürtige Brite Grantham macht den Anschein eines menschlichen Frühwarnsystems für Finanzmärkte. So sagte er im Jahr 2007 mit Blick auf die damalige Abwärtsbewegung auf dem Aktienmarkt folgendes voraus: „Eine bedeutende amerikanische Bank wird pleitegehen, die Hälfte aller Hedgefonds sowie ein bedeutender Anteil aller Private-Equity-Firmen Konkurs gehen. Der amerikanische Aktienindex S&P 500 wird um mindestens 40 Prozent fallen.“ Er machte diese Prognose für das Jahr 2008 und die Folgejahre. Es ist erschreckend, wie detailreich sich Granthams Vorhersage bewahrheitet hat: Im September 2008 musste die Investmentbank Lehman Brothers aufgrund der Finanzkrise Insolvenz anmelden, der der Aktienindex S&P 500 fiel um etwa 38,5 Prozent, hatte im Oktober desselben Jahres den schlechtesten Monat seit der Jahrhundertwende.
Social Entreprenuership
Sozialunternehmerisches Handeln, das sich für einen positiven Wandel in der Gesellschaft einsetzt. Der kommerzielle Gewinn steht hierbei nicht im Vordergrund. Vielmehr sollen die Gewinne ökologischen und sozialen Zwecken dienen und somit dem Gemeinwohl
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Grantham der Finanz-Prophet
Der GMO-Chef kennt sich aus. Viele Jahre seines Lebens hat er dem Studium von Börsenzyklen und Wirtschaftsgeschichte gewidmet, besonders das Phänomen der „Finanzblasen“ interessiert ihn. Er kennt unzählige Beispiele von Boom-and-Bust-Phasen in der Geschichte, wenn die Euphorie über kurzfristig steigende Kurse oder Preise einen wahren Rausch auslöst, bis die Nachfrage schließlich verebbt, die Kurse in den Keller gehen und die Blase platzt. Und Grantham weiß:
Jede Blase platzt irgendwann.
Im Zuge der Interneteuphorie 1998, als vor allem die Kurse aufstrebender Internet-Firmen einen Boom erlebten, stellte sich Grantham deshalb auch bewusst gegen den Markt und verkaufte amerikanische Aktien seiner Klienten, die sofort empört ihr Geld abzogen. Für Granthams Firma ein harter Schlag. Doch schon zweieinhalb Jahre später war es Grantham, der zuletzt lachte, als auch die Dotcom-Blase platzte und eine Finanzkrise auslöste. Seitdem fließt das Geld wieder und Grantham gilt als einer der bedeutendsten amerikanischen Finanzgrößen, obwohl er aufgrund seiner Vorsicht von vielen Kollegen immer noch als
ewiger Schwarzseher und Pessimist bezeichnet wird.
Vom Totalverlust zum Firmenchef
Granthams konservativer und besonnener Stil kommt allerdings nicht von ungefähr. Mit finanziellen Fehlentscheidungen hat er bereits Erfahrung. Ende der 60-er Jahre, vor seinen Tagen als Crash-Prophet, erwarb Grantham auf den Rat einiger Freunde hin 300 Aktien von American Raceways. Schon nach kurzer Zeit verdreifachte sich der Wert der Wertpapiere, bald darauf stiegen sie von anfänglichen 7 Dollar auf 100 Dollar pro Stück an. Seinen neu gewonnen Reichtum investierte Grantham sofort in die nächsten Aktien, diesmal von Market Monitor Datasystem, die kurz darauf zusammenbrach. Grantham verlor einen Großteil seines Geldes und stand wieder am Anfang.
Heute, da seine GMO etwa 150 Milliarden Dollar konservativer reicher Investoren verwaltet, sieht er seine Fehlentscheidung als hilfreiche Lektion an. Mittlerweile investiert er vor allem in unterbewertete Firmen, die für ihn eine sichere Anlage darstellen. Denn: Wo kein Boom, da kein Bust, oder einfacher ausgedrückt: Wo keine Blase ist, kann keine platzen.