Mit Freunden unterwegs, gab ich mich Dummheiten hin, die ich ohne sie niemals begangen hätte. Alkohol trinken, Rauchen, all die „coolen“ Dinge, die man so tut, wenn man halbwüchsig ist. Mir wurde schlecht und sich das Rauchen abzugewöhnen war auch nicht so leicht. Nichtsdestotrotz hatte ich ein gutes Gefühl – ich gehörte zu einer Gruppe, in der alle denselben Blödsinn taten. „Und wenn sie aus dem Fenster springen, springst du dann hinterher?“ Meine Mutter warnte mich vor dem Gruppenzwang. Sie wusste welche Folgen er nach sich zog. Doch Individualist zu sein bedeutet stark zu sein. Sich den Anderen zu widersetzen und auch Mal „Nein“ zu sagen erfordert Mut und Durchhaltevermögen. Gerade als Teenager ist man aber oft unsicher und sucht Bestätigung bei seinen Freunden.
Doch nicht nur Jugendliche fallen dem Gruppenzwang häufig zum Opfer. Auch Erwachsene sind den Entscheidungen der Gruppe oft unterworfen. Fondmanager beispielsweise, die sich nach Ihren Kollegen richten und Aktien nur kaufen und verkaufen, weil alle es tun. Oder Politiker, die sich der Mehrheit ihrer Partei anschließen, auch wenn sie eigentlich anderer Meinung sind. Man sollte jedoch nicht annehmen, dass der Entscheidungszwang der Gruppe nur negativ sei. Im Gegenteil: „Eine Gruppe kann ohne Normen nicht überleben“, erklärt Dieter Frey, Sozialpsychologe und Lehrstuhlinhaber an der LMU in München, „tanzen zu viele Menschen aus der Reihe, entsteht Chaos.“ Hinzu kommt das Prinzip der Anerkennung nach Axel Honneth, einem der bekanntesten Vertreter der Frankfurter Schule und Direktor des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt. Nur wer sich an die Regeln und Normen einer Gruppe hält, bekommt im Gegenzug Respekt, Liebe und Wertschätzung. Gruppenzwang ist also ein soziales Phänomen, das jeden betrifft, der in Interaktion mit seinen Mitmenschen tritt und das umso stärker wird, je größer das „Wir-Gefühl“ und der Zusammenhalt in einer Gruppe ist.