VON LISI WASMER | 07.01.2013 16:17

Die Geschichte der Zeit

Die Zeit ist so alt wie das Universum. Und nur wenig jünger sind die Wurzeln ihrer Messung. Aber was ist Zeit? Wie können wir ihrer habhaft werden? Und was sagt unser Umgang mit ihr über unsere Gesellschaft aus? Die Entwicklung der Zeitmessung von der Urgeschichte bis heute, vom Mondkalender bis zur Atomuhr.

Es gibt wohl kaum ein Thema, über dass sich schon mehr kluge Köpfe den ebensolchen zerbrochen haben, als dies bei der Zeit der Fall ist. Auf die Frage danach, was Zeit überhaupt ist, wusste Augustinus nur solange die Antwort, wie sie keiner stellte. Einstein lehrte uns ihre Relativität. Die Maya, so glaubte mancher, prophezeiten uns ihr Ende. Das Mysterium der Zeit liegt in ihrer Natur: Sie ist nicht sichtbar, nicht fühlbar, wahrnehmbar allein durch ihr verstreichen.

Noch nicht vergangene Zeit

Greifbarmachen etwas Unbegreiflichen

Aber eben dieses Wesen birgt auch ihre Bedeutung für den Menschen. Der Wechsel zwischen Tag und Nacht, genauso wie der Wechsel der Jahreszeiten wurde spätestens ab der neolithischen Wende vor rund 12.000 Jahren zu einem entscheidenden Faktor. Die Menschen wurden sesshaft, entwickelten den Ackerbau, gründeten Gemeinden. Wann muss Getreide angebaut werden? Wann wird das Vieh ausgetrieben?

Um diese Fragen beantworten zu können, musste die abstrakte Größe „Zeit“ erst in ein konkretes, anschauliches Schema übertragen werden. Mondbeobachtungen als frühe Form der Zeitmessung wurden lange beibehalten, auch wenn die Methode ungenau und teilweise (etwa bei bewölktem Himmel) kaum durchführbar war. Bereits die Azteken und Maya so wie schließlich auch Julius Caesar hielten sich hingegen an einen Sonnenkalender, der die Zeit erstmals in Jahre einteilte, wobei astronomische Regelmäßigkeiten wie etwa die Sommersonnwende als Anfangs- und Endpunkt gesetzt wurden.

Zehn Tage für einen weltweiten Kalender

Mit dem julianischen Kalender war das Jahr auf 356 Tage festgelegt, auch die uns heute bekannte Monatsstruktur und die Einteilung der vier Jahreszahlen war gegeben, sogar eine Schalttag-Regelung. Und trotzdem hinkte der Kalender der Natur jährlich um gute elf Minuten hinterher. Eine Kleinigkeit, die sich über Jahrhunderte zu einem echten Problem entwickelte. Im späten 16. Jahrhundert reformierte Papst Gregor XIII. den Kalender deshalb erneut. Er führte die auch heute noch gültige Schaltjahr-Regelung ein. Um die durch den julianischen Kalender verlorene Zeit wieder wett zu machen, wurden im Oktober 1582 außerdem zehn Tage schlicht übersprungen. Heute gilt der gregorianische Kalender in allen Ländern der Erde.

Zeitmessung als Spiegel der Gesellschaft

Ähnlich wie die Geschichte des Kalenders lässt sich auch die Geschichte der Uhr nicht ohne die Geschichte der Gesellschaft beschreiben. Mit der zunehmenden Vernetzung von Menschen überall auf der Welt reichte eine Einteilung in Tag und Nacht nicht mehr aus, Stunden mussten ablesbar gemacht werden. Eine Idee, die nicht neu war. Erste Sonnenuhren gab es bereits bei den Maya. Ähnlich wie der Mondkalender waren aber auch sie nur bei geeigneter Wetterlage und natürlich nur bei Tage ablesbar. Wasser- und sogar Kerzenuhren sollten Abhilfe schaffen. Die erste Räderuhr wird auf den Anfang des 14. Jahrhunderts datiert.

Bald wurden Stunden in Minuten unterteilt, dann in Sekunden. Die heute genaueste Uhr ist die von Isidor Isaac Rabi entwickelte Atomuhr. Sie orientiert sich an der wechselnden Elektronenstrahlung von Atomen und verhalf dem us-amerikanischem Wissenschaftler zum Physiknobelpreis. Seien es die neolithische Wende, die Mechanisierung und Technologisierung, die Industrialisierung und Globalisierung – Meilensteine der Gesellschaftsentwicklung gehen Hand in Hand mit der Weiterentwicklung der Zeitmessung. Je weniger wir davon haben, umso genauer kennen wir die Zeit, so scheint es. Computer können die Zeit bis auf eine Nanosekunde genau messen. Das ist die milliardste Einheit einer Sekunde.