VON C.V.A.
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29.08.2014 20:20
Ein Tag ohne zu reden und seine Erkenntnisse
Wir sprechen rund 16.000 Wörter an einem einzigen Tag . Umso schwerer erscheint es in der heutigen Zeit ohne Worte auszukommen. Was passiert, wenn wir plötzlich nicht mehr reden und uns über andere Wege wortlos verständigen müssen? Anna hat es ausprobiert. Ihr Experiment: Sie beschließt einen Tag zu schweigen, um herauszufinden wie es sich anfühlt, nicht zu reden. Ob die Umwelt sie anders wahrnimmt? Was kann sie bei dem Experiment für sich lernen und wie lange wird sie mit dem schweigen durchhalten?
Anna hat sich für ihr Experiment extra einen „schwierigen“ Tag herausgesucht. In ihrer WG findet eine Grillparty statt. Viele Leute werden da sein, auch viele die sie nicht kennt und die nichts von ihrem Vorhaben ahnen. Viele werden reden und sie wird schweigen. Bis jetzt wissen nur ihre Mitbewohner von dem Experiment, denn Anna möchte wissen, welche unvoreingenommenen Reaktionen ihr begegnen werden und wie ihr Schweigen aufgenommen wird.
Sei mal neugierig! – Noch ein Experiment
Montag: Als allererstes beschließt Petra neue Lebensmittel auszuprobieren. Morgens gießt sie sich statt ihrem heiß geliebten Kaffee eine Tasse weißen Tee auf...
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Wie kommunizieren?
Anna beginnt ihren Tag mit einem ruhigen Frühstück in der Küche. Sie ist die Erste, die wach ist, weil sie noch zu einer Vorlesung in die Uni muss. Schweigen? Kein Problem. Auch in der U-Bahn erlebt sie keine nennenswerte Situation, die nicht auch mit einem schweigenden Nicken und ohne zu reden beantwortet werden kann. Vor dem Vorlesungssaal trifft sie Kerstin, eine Kommilitonin, mit der sie immer zusammen die Vorlesung besucht. Kerstin begrüßt sie überschwänglich und brabbelt los, bevor Anna überhaupt mit ihren Händen eine Bewegung machen kann, um sie auf das Experiment hinzuweisen, ihr zu zeigen, dass sie heute nicht reden wird. Zusammen gehen sie in den Saal, bis jetzt ist ihr Schweigen noch nicht aufgefallen. Sie sind pünktlich und der Professor beginnt sofort mit der Lesung. Ab und zu flüstert Kerstin ihr etwas ins Ohr und Anna nickt. Bis jetzt musste sie ihr Experiment noch nicht einmal erklären. Nach der Vorlesung allerdings bemerkt Kerstin ihr Schweigen und Anna schreibt ihr auf einem Zettel von ihrem Experiment. Sie gehen gemeinsam in die Mensa und Anna genießt es einfach nur zuzuhören und gelegentlich zu nicken. Es fühlt sich gut an, nicht zu reden. Einfach nur den Worten des anderen zu lauschen, ohne gleich eine Antwort parat haben zu müssen. Manchmal, wenn sie eine Frage hat, schreibt sie diese auf ihren Block. Zu Hause angekommen, wird der Block zu ihrem ständigen Begleiter, denn es müssen noch einige Dinge für die Party organisiert werden. Ohne Kommunikation ist Anna aufgeschmissen. Doch nach ein paar kleinen Missverständnissen, die durch einen Satz auf ihrem Block geklärt werden können, steht der Party nichts mehr im Weg.
Weniger ist mehr
Der Abend rückt näher und Anna ist ein bisschen aufgeregt. Was werden die Leute denken, vor allem die, die sie nicht kennen? Bei der Begrüßung lächelt Anna und umarmt ihre Freunde, den Unbekannten nickt sie freundlich zu. Kaum jemandem fällt auf, dass sie nichts sagt. Anna mischt sich unter die Leute, sie sucht Situationen, in denen sie eigentlich reden müsste. Sie stellt sich zu einer großen Gruppe in die Küche. Alle reden angeregt. Sie wird gefragt wie es ihr geht, Anna antwortet auf ihrem Schreibblock und erzählt von ihrem Experiment. Einige winken lachend ab, anderer aber interessieren sich sehr für das Thema und stellen nur Fragen, die Anna mit einem Nicken oder einem Kopfschütteln beantworten kann. Doch sie bemerkt schnell, dass sie im Strudel der Menschen untergeht und ohne zu reden fühlt sich zunehmend unsichtbar und vom Geschehen ausgeschlossen. Sie ist jedoch aufmerksamer und ihr wird bewusst, wie viel sie eigentlich verpasst, wenn sie redet. Ohne zu reden gibt sie den anderen mehr Raum. Während ihres Experiments achtet sie mehr auf das Gesagte, ohne gleich mit der eigenen Meinung darauf zu reagieren. Die Worte klingen in ihr nach und sie macht sich mehr Gedanken darüber. Das gefällt ihr. Ihr fällt aber auch auf, dass viele Worte unnötig sind. Hat sie für eine Erklärung früher lange Sätze verwendet, muss sie sich auf ihrem Block auf wenige Worte beschränken. Ihre schriftlichen Aussagen sind konkreter und reduziert auf das Wesentliche. Ohne das Experiment, hätte sie das nie in dieser Deutlichkeit gespürt.
Schweigen lohnt sich!
Geschafft! Anna ist stolz, dass sie den ganzen Tag durchgehalten hat und ihr Experiment beenden kann. Doch sie merkt auch, dass das Reden der anderen sie angestrengt hat. Als schweigender Beobachter wird es ihr schnell zu laut und sie ist überraschend froh, als die Letzen langsam gehen. Das Experiment war ein besonderes Erlebnis für sie, auch jetzt noch hält sie manchmal inne und überlegt, ob sie denn so viel Worte benötigt, um auszudrücken, was sie eigentlich sagen möchte.