VON NORA GRAF | 21.08.2014 10:15

Logopädie: Symptome und Therapie wenn das Sprechen versagt

Mit dem Sprechen verbinden die meisten von uns keine große Anstrengung, es verläuft ganz automatisch, ohne dass wir uns darüber Gedanken machen müssen. Bei einer Unterhaltung fällt uns vielleicht mal das eine oder andere Wort nicht ein, aber die Art und Weise, Wörter zu bilden, also die anatomischen Gesetzmäßigkeiten verlaufen im Unterbewussten. Kinder mit Sprachproblemen oder Menschen, die nach einem Schlaganfall nicht mehr richtig reden können, müssen jedoch genau das wieder lernen. Dabei können die Behandlungsmethoden der Logopädie helfen.


Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff Logopädie „Sprecherziehung“. Er setzt sich zusammen aus den altgriechischen Wörtern logos für „Wort“ und paideuein für „erziehen“. Das Spektrum der Indikationen umfasst Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- und Hörstörungen. Im weitesten also alles, was Patienten in ihrer Kommunikationsfähigkeit hindert.

Anwendungsgebiete der Logopädie

Eine dieser Störungen ist zum Beispiel das Poltern. Eine Person, die poltert, klingt beim Sprechen meist holprig und unflüssig, da sie Laute auslässt oder miteinander verschmilzt. Aus „Haustür“ wird dann schon mal „Hatür“. Das Sprechen ist daher oft unverständlich, das Umfeld ratlos. Kaum einer wird wohl den Satz "gsan awnch auwan fan" als die Aussage „Gestern Abend bin ich auf der Autobahn gefahren“ dechiffrieren. Polternde Menschen haben Probleme damit, ihr Sprechen zu kontrollieren, das Gesagte zu strukturieren und ihr Hauptanliegen klar zu formulieren.

Da verwundert es nicht, dass infolge dieser Störung zusätzlich Folgesymptome auftreten können wie zum Beispiel die Logophobie, die Angst vor dem Sprechen also, so dass Polterer nur das Allernötigste von sich geben.

Weitere Anwendungsfelder der Logopädie gibt es viele. Oft sind Sprach-, Stimm- und Schluckstörungen bei Erwachsenen durch Beschädigungen des Gehirns bedingt, zum Beispiel durch einen Schlaganfall. Darunter fällt die Aphasie, eine Sprechstörung, oder die Dysphagie, eine Schluckstörung. Bei Kindern ist es meist das Stottern, das zu Problemen führt oder eine Sprachentwicklungsstörung (Legasthenie), die dann Probleme beim Schreiben verursachen kann.

Fragen und Antworten zur Ausbildung

Die logopädische Ausbildung

Ein Logopäde beschäftigt sich mit solchen und anderen Einschränkungen der Kommunikationsfähigkeit. Drei Jahre muss man dafür eine Berufsfachschule besuchen. In dieser Zeit setzen sich die Auszubildenden mit logopädischer Diagnostik und den verschiedenen Therapiemöglichkeiten auseinander, aber auch mit anderen wissenschaftlichen Disziplinen, die mit einer sprachtherapeutischen Arbeit verbunden sind: Anatomie, Physiologie und Pathologie, HNO-Heilkunde, Neurologie und Psychiatrie – um nur ein paar zu nennen. All das brauchen sie, wenn sie zu Schlaganfallpatienten ins Krankenhaus gehen, Kinder in Schulen besuchen oder ein stotterndes Kind in der eigenen Praxis behandeln.

Diagnostik und Therapie

Am Anfang jeder logopädischen Behandlung steht die Diagnostik. Welche Probleme treten beim Sprechen auf? Wann sind sie dem Patienten aufgefallen? Was können mögliche Ursachen dafür sein? Wichtig ist auch die Familiengeschichte, ob es Auffälligkeiten in der Familie gibt oder ob es bei Kindern etwa einen Unfall oder häufige Mittelohrentzündungen gab.

Um beim Poltern zu bleiben: Die Diagnostik ist meist langwierig. Zum einen sind die Ursachen noch weitgehend unbekannt und zum anderen müssen oft auch noch andere Bereiche untersucht werden: Wie steht es etwa mit der Mundmotorik? Gibt es Konzentrationsschwierigkeiten oder sogar soziale Probleme? Ganz konkret fängt die Therapie eines Polterpatienten damit an, dass dieser die Geschwindigkeit, mit der er redet, drastisch verringern muss. In der Therapie lernen diese Menschen ihr Sprechen zu kontrollieren, zu strukturieren und Pausen ganz bewusst einzusetzen. So bekommen zum Beispiel Kinder, die poltern, „Knöllchen“, wenn sie eine bestimmte Geschwindigkeit überschreiten.

Jede Therapie ist daher individuell. Lispeln und Stottern erfordern andere Therapien als totaler Sprachverlust oder Schluckbeschwerden. Werden bei einem Patienten, der nicht mehr reden kann, Wortfindungsübungen gemacht, gestaltet sich die Therapie bei Menschen mit Schluckbeschwerden völlig anders. Das heißt letztlich: So vielfältig die Störungsbilder, so mannigfach auch die Behandlungsmöglichkeiten.

Angesichts dieses breiten Spektrums der logopädischen Praxis ist die Forderung nach einer Akademisierung der Logopädie nicht verwunderlich. Das könnte diesem Beruf vielleicht die finanzielle und gesellschaftliche Aufwertung bescheren, die viele Fachkräfte fordern.