VON C.V.A. | 28.05.2013 13:33

Cage People - Ein Leben im Käfig

Laut eines City Rankings ist Hongkong die lebenswerteste Stadt der Welt. Circa 40 Milliardäre wohnen dort - die meisten in ganz Asien. Noch dazu gehört Hongkong zu den teuersten Städten der Welt. Doch von den acht Millionen Einwohnern Hongkongs leben 1,3 Millionen unterhalb der Armutsgrenze. Etwa 100.000 Menschen müssen in Käfigwohnungen leben, die manchmal kleiner als 2 Quadratmeter sind.


Die Wohnsituation in Hongkong ist prekär. Die Stadt ist so dicht besiedelt, dass vielen Menschen nur wenige Quadratmeter zur Verfügung stehen. Auf einen Quadratkilometer kommen 6700 Menschen (Video). Besonders arme Menschen leiden unter der problematischen Wohnsituation. Aufgrund des Platzmangels werden Wohnräume entweder in Bretterverschläge oder durch Drahtkonstruktionen in Käfige aufgeteilt.

Die Käfigwohnungen befinden sich teilweise in Mietskasernen, die für die Flüchtlinge gebaut wurden, die in den 50 Jahren vom Kommunistischen China nach Hongkong geflüchtet waren. Manche wohnen seither dort. Auch viele vietnamesische Flüchtlinge aus dem Krieg wohnen noch heute in den beengten Wohnungen.

„Geld ist geprägte Freiheit“, bemerkte einst der russische Schriftsteller Dostojewski.

Die Menschen versuchen möglichst viel in die kleinen Wohnungen rein zu packen. Regale stapeln sich bis zur Decke und geschlafen wird auf Stockbetten. Meist sind es Privatapartments, in denen Drahtkäfige aufgebaut und als Bett vermietet werden, da kaum mehr als eine Matratze in den Verschlag hineinpasst. Der zwei bis fünf Quadratmeter große Käfig ist der einzige Rückzugsort für den Bewohner. Gekocht und gewaschen wird in spärlichen Gemeinschaftsräumen, in denen sich manchmal Klo und Küche im selben Raum befinden. In den meisten Verschlägen gibt es kein Fenster und Klimaanlagen funktionieren nur selten, wenn es überhaupt welche gibt. Manchmal gibt es nicht einmal Licht in den Wohnungen. Für die Vermieter sind die aufeinander gestapelten Käfiggehäuse ein lohnendes Geschäft. Sie profitieren von der Wirtschaftskrise und der Armut. Ein Käfigbett kostet umgerechnet 150 Euro im Monat. In einem Raum von 30 Quadratmetern sind manchmal bis zu zwanzig Haushalte in den übereinander gebauten Holz- oder Drahtverschlägen untergebracht. Das staatliche Wohngeld von sozial Schwachen reicht aber oft nicht einmal für diese Miete - noch dazu steigen die Mieten in Hongkong stetig. Dennoch ist das Wohnen im Käfig für viele die Rettung vor der Obdachlosigkeit. Die Vermieter begründen so ihre Skrupellosigkeit, da die Menschen wenigstens eine Bleibe hätten und nicht in den Straßen von Hongkong leben müssten.

Eine Besserung der Wohnungssituation ist allerdings nicht absehbar. Immerhin bemühen sich einige Organisationen darum, die Lebensumstände zu verbessern. Die Organisation Society for Community Organisation (SoCo) bietet den Betroffenen in Hong Kong Rechtsberatung und eine Betreuung durch Sozialarbeiter an. Durch die Hilfe der Organisation können einige der Familien Sozialwohnungen beantragen. Zwar müssen sie auf diese bis zu zwei Jahren lang warten, doch ein Entkommen aus den Käfigen ist zumindest in Sicht. Aber dieses Glück haben nur einige - die meisten leben seit sie denken können in den Käfigen und so wird es vermutlich vorerst auch bleiben. Leung Shu beispielsweise lebt seit über 60 Jahren in einer Käfigwohnung, seit er 1949 vor der kommunistischen Herrschaft vom Festland nach Hongkong flüchten musste. Die Miete von umgerechnet 190 Euro im Monat zahlt er von seiner Sozialhilfe. Auch Mr. Lee lebt seit Langem in verschiedenen Käfigwohnungen. Er hat sich an das Leben gewöhnt und sagt, dass es ihm besser geht als den Armen die auf der Straße wohnen müssen. Statt einem eigenen Zimmer ist das Käfigbett sein privater Rückzugsort und sein eigenes kleines Reich.

Heute kommen wieder viele Festlandchinesen nach Hongkong. Die Käfigwohnungen sind deshalb trotz allem begehrt. Vor allem verarmte Alte, Sträflinge oder arbeitsunfähige Menschen können sich eine andere Unterkunft nicht leisten. Doch rechnet man den Preis für einen Käfig auf die Fläche hoch, sind diese nur einige Dollar billiger als ein Luxusapartment am Strand von Stanley, sagt der Direktor von SoCo.