VON RICHARD KEHL | 10.01.2009 12:00

UNI Kino: Carriers

Wenn die Pandemie gewinnt

Vier Freunde fliehen vor einem tödlichen Virus, der die Welt befallen hat, an ihren alten Urlaubsort, um dort Zuflucht zu finden. Sie stellen eigene Verhaltensregeln auf und starten ihren ganz persönlichen Horrortrip. Das Regiedebut von Alex und David Pastor setzt auf moralische Grenzwerte statt Horror-Effekte


Die letzte Hoffnung auf Rettung ist die Isolation an einen sicheren Ort. Leichter gesagt als getan: Überall lauern Gefahren und das Gesetz ist schon längst außer Kraft, es herrscht Anarchie der Überlebenden. Die vier Freunde Brian (Chris Pine), sein jüngerer Bruder Danny (Lou Taylor Pucci), Brians Freundin Bobby (Piper Perabo) und Dannys Schulfreundin Kate (Emily Vancamp) wissen dies und haben daher ihre ganz persönlichen Verhaltensregeln erstellt. Doch Grundsätze sind leichter gefasst als eingehalten, wenn das Benzin zu Neige geht und Kontakt mit Infizierten unvermeidbar wird.


Auf der Flucht vor einem "gestrandeten" Vater und dessen infizierten Tochter, die lediglich etwas Benzin für die Weiterfahrt benötigen, bauen sie einen Unfall - sie werden selbst zu Hilfesuchenden. Mit Benzin im Gepäck geht es zurück zu denjenigen, vor denen sie zuvor geflohen sind: Vater (Christopher Meloni) mit infizierter Tochter. Neu betankt, den hinteren Bereich so gut wie nur möglich isoliert, geht es Richtung nächstes Krankenhaus einer Kleinstadt. Dort angekommen stellt sich heraus, dass diese nahezu ausgestorben ist. Lediglich ein infizierter Arzt bereitet mit seinen letzen Patienten seinen irdischen Abschied vor. Sie setzen Vater und Tochter dort aus und setzen ihren Weg fort. Was bis dato noch keiner weiß, dass Bobby aus Mitleid zuvor unfreiwilligen Kontakt zur infizierten Tochter aufgenommen hat. Dadurch bringt sie sich selbst und die ganze Gruppe in Ansteckungs-Gefahr.


Aus Vertrauten werden Feinde. Und, am Ende zählt nur noch eines: Das Überleben des Einzelnen.


„Carriers“ ist der Vorreiter einer Reihe 2009/2010 folgender Endzeitstimmungs-Filme. Darunter auch die Verfilmung des Pulitzer Preisträgers „The Road“, der im Spätherbst mit Viggo Mortensen noch rechtzeitig für die Oscar-Nominierung in die Kinos kommen soll. Im Gegensatz zu „Carriers“ spielt hier auch die Problematik der Nahrungssuche eine wichtige Rolle.

Dagegen wird in „Carriers“ der Zuschauer von Anfang an in ein „Szenario“ katapultiert, dessen Ursache er nicht wirklich kennt. Mit Rückblenden an alte Urlaubszeiten wird vorerst der Eindruck vermittelt, dass das Teenie-Team auf dem Weg in die Ferien sei – bis der erste Zwischenfall und Kontakt mit Infizierten zustande kommt.


Somit ist die erste Hälfte des Films durchaus spannend, wird aber zunehmend vorhersehbar - inklusive moralischer Entscheidungen durch das Zusammentreffen weiterer Überlebender und Infizierter. Die Eskalation und Splittung der Gruppe ist daher nur eine Frage der Zeit. Hier ist auch der Zeitpunkt an dem der Streifen an Fahrt und Spannung verliert und sich in unnötig, ja fast klischeeartig, in triviale Dialoge und monotone Handlung verstrickt: Bonnie soll von Überlebenden vergewaltigt werden, aufgrund ihrer Infizierung wird dann abgelassen; ihr Freund setzt sie aus und wird zum „Buhmann“ der übrigen Zwei.


Den Film selbst kann man als soliden Genrefilm einstufen, der auf „Effekthascherei“ verzichtet, aber mit einem beängstigenden, auch nicht ganz inaktuellen Thema sowie latenter Ängste der Zuseher kokettiert. Schauspielerisch ist der Film Durchschnitt - ebenso die Wandlung von Brian zum Buhmann, der hier teilweise etwas übertrieben agiert. Die Charaktere dienen auch weniger der Geschichte, sondern eher als Vertreter der moralischen Standpunkte der Handlung. Insgesamt gesehen ein solider aber auch nicht bahnbrechender Genrefilm.


Kinostart: 01.10.09