VON RICHARD KEHL | 26.08.2010 12:18

Elite Unis am Golf: Scheichs setzen Millionen in den Sand

Scheichs spielen gern in der Superliga mit. Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen, neben Erdöl, Immobilien und der Touristikbranche, wird auch auf Elite-Studenten gesetzt. Während viele Scheichs in den heißen Sommermonaten vor der Wüste nach Europa fliehen, wollen sie diese Elite-Studenten aus aller Welt in der Golfregion vereinigen - ein Vorhaben, das wortwörtlich auf Sand baut.

Das Abendland. Für viele klingt der Name Saudi Arabien nach einem Märchen aus 1001 Nacht: überall rassige temperamentvolle Vollblutfrauen, braungebrannte Prinzen, hoch zu Ross, auf weißem Schimmel oder schwarzem Hengst inmitten einer mystischen und fantasieanregenden Landschaft. Hier wurde der Mythos von Flaschengeistern, fliegenden Teppichen und anderem geboren. Überall gibt es Wasserhähne aus Gold, herrscht offensichtlicher Prunk und Luxus. Die Prinzen fahren heute dort lieber teure Luxuskarossen statt auf Pferden zu reiten, die Frauen geben sich traditionell geheimnisvoll, vermummt und verstecken ihre Schönheit hinter Schleiern.

Sonne, Sand, Strand und Meer, wohin das Auge reicht. Da in Saudi Arabien bekanntlich genug Wüste und Sand vorhanden ist, wird dieser auch gern als Baumaterial verwendet: künstliche Inselwelten mit Luxusanwesen wurden wortwörtlich aus dem Meeresboden gestampft. Jetzt will man Eliteuniversitäten errichten und hofft erneut auf zahlreichen Ansturm von Studenten aus aller Herren Länder. Bisher war der Studienplatz in den Vereinigten Arabischen Emiraten nur ein Geheimtipp, ein Trend, auf den die Scheichs aufbauen und zahlreiche Elite-Studenten anlocken wollen.

Ein Studium in den Vereinigten Emiraten bietet für Studierende gegenüber anderen Ländern viele Vorteile, vor allem primär global, wirtschaftlich mit entsprechenden Netzwerken betrachtet: Man bekommt dort den Abschluss einer international renommierten Universität, in einem wirtschaftlich interessanten Umfeld und lernt die arabische Sprache und Kultur kennen. Alles Aspekte, welche sich nur positiv auf potentielle arabische Geschäftsbeziehungen auswirken kann. 40.000 Dollar kostet durchschnittlich das Studium im Jahr; im Falle eines Stipendiums die Hälfte. Pro Studiengang gibt es kaum mehr als 15 Studenten pro Kurs, dadurch ist ein intensiverer Kontakt mit den Professoren sehr lernfördernd.

Die Golfstaaten investieren seit Jahren viele Millionen in ambitionierte Bildungsprojekte: Die Scheichs wissen, dass Führer gute Bildung brauchen – Geld spielt dabei keine Rolle. Diesen Satz hörte man bereits bei den riesigen Bauvorhaben, die zwar fertiggestellt sind, aber bis dato nur wenig Käufer gefunden haben.

Während sich die Stadt Katar auf einzelne Studiengänge als Partnerstadt von sechs US-Unis beschränkt, will Abu Dhabi sich gleich zwei internationale Spitzen-Unis unter den Nagel reißen: die New Yorker NYU und die Pariser Sorbonne. Hier hat man sich bereits eingekauft. Die NYU soll in diesem Jahr erstmals mit einem vierjährigen Bachelor-Programm in Geisteswissenschaften mit 100 Top-Studenten starten. Die Studenten von Abu Dhabi sollen drei bis fünf Prozent der New Yorker Studenten abdecken mit entsprechenden, sehr schweren, Aufnahmekriterien und dazugehörigem Stipendium. Der hohe internationale US-Maßstab könnte aber zum Stolperstein für Studenten aus anderen Ländern werden. Auf einheimische Studenten kann man kaum hoffen. Die Michigan State University in Dubai musste sogar aufgrund des Studentenschwunds mit Aktionen werben wie: „Wechsle zu uns und wir erlassen die Hälfte der Studiengebühren.“ Das Modell der Sorbonne fliegt sogar ihre Professoren zum großen Teil für den Unterricht aus Paris ein und aus. Vorlesungen finden in französischer Sprache nach französischem Bildungssystem statt. Integration in die arabische Kultur - Fehlanzeige.

Die Gefahr der lokalen Isolation droht auch bei der im September eröffneten King Abdullah University of Science and Technology (Kaust) in Saudi-Arabien. 12,5 Milliarden Dollar hat sich König Abdullah die neue Super-Uni kosten lassen und renommierte akademische Partner wie die TU München, Berkeley, Cambridge und Stanford an Bord geholt. Der Campus ähnelt aber derzeit eher einer Hochsicherheits-Militärkaserne statt einer internationalen Uni.

Während sich Katar, Abu Dhabi und Konsorten gezielt in renommierte Hochschulen einkaufen, wird Bildung in Dubai eher als Immobiliengeschäft betrachtet: Für eine entsprechende Miete bekommen Unis jeglicher Art die komplette Infrastruktur on top.

Das Scheichtum Sharjah ging 1997 dagegen einen eigenen Weg: Der American University wurde ein kompletter Campus zur Verfügung gestellt und gleichzeitig mit dem Auf- und Ausbau der Uni betreut. Bereits 2004 refinanzierte sich das Projekt: Heute studieren hier in 22 Studiengängen rund 5200 Studenten – fünf Prozent davon aus den Emiraten, der Rest überwiegend aus arabischen Ländern. Hier unterrichten 350 Professoren nach US-Vorbild mit internationaler Qualität.

Die ehrgeizigen Pläne der Scheichs sind erst am Anfang. Man kann nur hoffen, dass der Plan alle Elite-Universitäten zu importieren nicht im Sand verläuft. Ansonsten ist das Geld wortwörtlich in den Sand gesetzt worden und die Vereinigten Emirate haben neben der Immobilienkrise nicht nur mit leer stehenden Prunk-Immobilien, sondern auch mit leeren Universitäten zu kämpfen.