VON JASCHA SCHULZ
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08.04.2015 14:11
Wie wichtig sind Auslandserfahrungen für Studierende?
Interkulturelle Kompetenzen und gute Fremdsprachenkenntnisse sind Qualifikationen, die heutzutage in immer mehreren Berufsfeldern gefordert sind. Um diese zu erlangen, werden Erfahrungen in anderen Ländern häufig als unumgänglich angesehen. Aber ist ein Auslandsaufenthalt tatsächlich eine Voraussetzung, um später einen ‚guten‘ Job zu bekommen? UNI.DE zeigt jüngste Entwicklungen auf und stellt Meinungen von Personalverantwortlichen zur Notwendigkeit von Auslandserfahrungen vor.
Die Globalisierung bietet viele Chancen. Unternehmen haben die Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen und Produkte dort zu produzieren, wo die Herstellung am günstigsten ist. Außerdem kann durch die Kommunikation mit anderen internationalen Organisationen auf den neuesten Wissenstand in der Branche zugegriffen werden. Durch die globale Ausrichtung der Organisationen verändern sich jedoch auch häufig die Anforderungen an die Mitarbeitenden.
Viele Studierende halten deshalb einen Auslandsaufenthalt während des Studiums für unentbehrlich. Im Hochschuljahr 2014 verzeichnet allein das ‚Mobilitätsprogramm‘ Erasmus 36.000 Studierende, denen eine Förderung des Auslandsaufenthalts bewilligt wurde. Das entspricht einem Anstieg von vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Neben einem Auslandssemester sind es vor allem Praktika bei ausländischen Firmen oder externen Standorten deutscher Firmen, die im Rahmen des Erasmus-Programms absolviert werden.
Interkulturelle Bildung in Deutschland
In Schulen und Universitäten, aber auch auf Fort- und Weiterbildungen sollen Menschen auf die Anforderungen einer globalisierten und multikulturellen Gesellschaft vorbereitet werden
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Personalverantwortliche begrüßen diese Bereitschaft der Studierenden, den heimatlichen Boden für eine gewisse Zeit zu verlassen: „Die Welt rückt immer näher zusammen, Unternehmen und Kunden sind international miteinander verflochten, wir haben Forschungskooperationen und auch eine immer internationalere Bevölkerung hier bei uns in Deutschland – ich denke, es ist für jeden von Vorteil, einmal im Ausland gelebt und eine andere Perspektive kennengelernt zu haben“, sagt Jürgen Hesse, Gründer der Karriereberatung „Büro für Berufsstrategie Hesse/Schrader“ in einem
Interview mit dem Onlineforum go-out. Das Erlernen von interkulturellen Kompetenzen steht dabei für viele Personalverantwortliche im Vordergrund. Die Anpassung an teilweise völlig neue Lebens- und Arbeitsumstände in einer fremden Kultur und der Umgang mit Menschen aus der Region werden als bedeutender Gewinn für die persönliche Entwicklung betrachtet. Nach Stephanie Dickes, Fachbereichsleiterin Personalentwicklung bei der Allianz Deutschland, lernen Studierende bei ihrem Auslandsaufenthalt „sensibel auf
landestypische Gegebenheiten zu reagieren, was ihnen später auch in international besetzten Projektgruppen nützt".
Für die Verbesserung der Sprachkenntnisse sind die Vorteile eines Auslandsaufenthalts ebenfalls offenkundig. Denn das flüssige Sprechen kann vor allem in der Konversation mit anderen erlernt werden, was sich im Heimatland häufig schwierig gestaltet.
Neben erlernten interkulturellen Kompetenzen und Sprachkenntnissen wird häufig allein der Fakt, dass man einen Auslandsaufenthalt alleine auf die Beine gestellt hat, von Unternehmen positiv gewertet. Denn trotz vieler
Fördermöglichkeiten verlangt der Wunsch nach einem Aufenthalt in der Fremde viel Organisation. Die Suche nach einer Wohnung und die formellen Erledigungen erfordern Zeit und Anstrengung und müssen neben den alltäglichen Aufgaben bewältigt werden. Da der Weg ins Ausland mittlerweile in fast alle Regionen der Erde erfolgen kann, steigt der organisatorische Aufwand zumeist, je weiter entfernt sich das angestrebte Ziel vom Heimatort befindet.
Die potenziellen späteren Berufsfelder spielen bei der Frage, wie sinnvoll eine Auslandserfahrung ist, eine entscheidende Rolle. Vor allem bei einem Praktikum ist entscheidend, ob dieses für die Karriere in dem angestrebten Tätigkeitsbereich förderlich ist.
Nach der Meinung von Corinna Hucke vom Career Center der Universität Hohenheim in Süddeutschland kommen vor allem Wirtschaftswissenschaftler und Politikwissenschaftler nicht mehr ohne Auslandseinsatz aus, da die Unternehmen und Organisationen, in denen Studierende der beiden Fächer später arbeiten, fast immer international agieren.
Auf keinen Fall sollte ein Auslandsaufenthalt
nur Selbstzweck sein, darin sind sich Karriereportale und Personalverantwortliche einig. Wer nicht der Meinung ist, dass ihm ein Auslandsaufenthalt für die persönliche Entwicklung etwas nützt, der sollte sich im Inland nach Möglichkeiten umschauen, seine berufliche Qualifikation zu verbessern.