VON ANGELA SCHWEIZER | 27.04.2015 16:10

Das globale Selbst

Globalisierung findet nicht in der weiten Welt statt, sondern beeinflusst maßgeblich unser tägliches Leben und zieht sich quer durch alle unsere Produkt- und Warenbereiche, durch Schule, Bildung und Beruf. Diese lokalen und regionalen Auswirkungen der weltumspannenden Globalisierung bezeichnet man als Glokalisierung. Was eine lokalisierte von einer globalisierten Lebenswelt trennt und wie Globalisierung gerechter für alle Menschen gestaltet werden kann: jetzt zum Nachlesen auf UNI.DE



Die Welt als „global village“

Was bedeutet Globalisierung für mich? Zwischen dem Austausch der Kulturen, im Spannungsfeld von Massentourismus und globalen Migrations- und Flüchtlingsbewegungen, ungeahnten Entfaltungsmöglichkeiten, ökologischem Raubbau an der Natur und einer immer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich? Diese immer näher zusammenrückende Welt wird als „global village“ bezeichnet. Der Begriff wurde durch den kanadischen Geisteswissenschaftler Marshall McLuhan geprägt. Er beschreibt, dass die moderne Welt durch die Internetvernetzung zu einer Art globalem Dorf geworden ist. So sind Menschen auf der ganzen Welt verbunden, und beispielsweise indigene Menschenrechtsbewegungen gegen den Raubbau an der Natur zu Profitzwecken, wie etwa die der Aborigines in Australien, finden Unterstützung über die Landesgrenzen hinaus. Auch die jungen Menschen in den arabischen Ländern hatten durch das Internet Informationen aus der ganzen Welt. Abgesehen von den wenigen Privilegierten, die ins Ausland reisen oder dort studieren konnten, hatten die meisten in ihrem Leben nichts anderes als die eigene Heimat kennengelernt. Trotzdem wussten sie durch die zunehmende globale Vernetzung, dass das was sie täglich erlebten nicht die Regel war, und begann sich dagegen zur Wehr zu setzen.

„Think global, act local“

Lange bevor sich Regierungen für den Schutz der Umwelt einsetzten, begannen sogenannte “Grassroot” Bewegungen auf individueller Ebene, sich zusammenzuschließen und sich für den Erhalt der Natur und gerechten Handel einzusetzen. Das daraus entstandene Konzept „Think globally, act locally“ ist heute selbst ein globales Konzept, das von Unternehmen, Regierungen und in Schulen umgesetzt wird. Daraus entstand der Begriff der Glokalisierung, ein Neologismus aus „Globalisierung“ und „Lokalisierung“. Er beschreibt die Verbindungen und vieldimensionalen Prozesse der Globalisierung. Netzwerke entstehen, die Kulturen verändern sich, und weltweite alltägliche Geschehnisse haben neben einer lokal-regionalen auch eine global-überregionale Bedeutung.

Reichtum auf Knopfdruck

Mehr Global Governance für globale Probleme

Der Soziologe Zygmunt Baumann spricht von Glokalisierung als einer weltweiten Umverteilung von Macht, Souveränität und Handlungsfreiheit. Sehr reiche Menschen bekamen durch neueste Technologien die Möglichkeit, sehr schnell sehr viel Geld zu verdienen, indem sie es um den Globus jagen: Neunzig Prozent des täglich um die Welt zirkulierenden Geldes, also in etwa zwei Billionen Euro, hat nichts mehr damit zu tun, dass Dienstleistungen oder Güter ausgetauscht werden. Diese reinen Spekulationen an den Finanzmärkten können ganze Staaten an den Rand des Abgrunds stürzen. Laut Baumann polarisiert Glokalisierung Mobilität und lässt sich übertragen auf Zeit und Raum. Reiche Menschen leben in der Zeit und überbrücken mühelos den Raum, während arme Menschen im Raum gefangen sind. Dies wiederum trennt eine lokalisierte von einer globalisierten Welt: Reiche Menschen reisen, weil sie es wollen, wohingegen die einzige Mobilität armer Menschen oft darin besteht, gezwungenermaßen ihre Heimat zu verlassen.

Um Globalisierung gerechter zu gestalten, ist es wichtig Verantwortung zu übernehmen und klare Wertvorstellungen zu haben, die Freiheit und Gerechtigkeit für alle Menschen fordern. Dazu gehört auch die wirtschaftliche Freiheit, denn Demokratie ohne Zugang zu Ressourcen bedeutet weiterhin Unterdrückung. Dazu braucht es eine neue transnationale Politik, die vor allem die zu Wort kommen und mitentscheiden lässt, die bisher von den Vorzügen der Globalisierung ausgeschlossen waren.