VON SINEM S. | 11.06.2012 11:50

Von Kindern für Kinder

Billige, hippe Klamotten von H&M, Ballerinas von Buffalo London und Elektronikprodukte, deren Herstellung Arbeiter in den Suizid treibt... Das Wissen um billig hergestellte Waren ist allgegenwärtig, wird aber beim gemütlichen Nachmittagsbummel in der Stadt nur allzu gern verdrängt. Fakt ist: Als Student kann man sich in der Tat nicht viel leisten, doch das Bewusstsein, woher die Produkte eigentlich kommen, die wir tagtäglich ohne Bedenken konsumieren, ist meist Nebensache.

Ein Blick in eine H&M-Filiale zeigt: Dort kann jeder sich für wenig Geld gut einkleiden, sogar sehr modebewusst und trendy aussehen. Angesichts der angehäuften Berge von reduzierter Kleidung, die alle 2 Wochen für ein paar Euro verschleudert werden, überkommt einen doch ab und zu ein mulmiges Gefühl. Klamotten, die den Kunden in Europa für eine Packung Kaugummi hinterher geworfen werden, können unter keinen Umständen wirklich fair und sicher hergestellt worden sein. Doch die Freude über den Preis triumphiert meist. Heutzutage hat fast jeder Deutsche Produkte von H&M, dem zweitgrößten Kleidungsgiganten hinter Zara, im Schrank hängen. 3,38 Milliarden Euro Umsatz spricht für sich, doch wer bezahlt für unseren Modegeschmack?

Auch eine gute Idee, mehr Geld zu verdienen

Jüngst fand das ARD-Team für die Reihe „Markencheck“ heraus: H&M lässt Kleidung von Kindern für Kinder herstellen und schafft es dabei erstaunlicherweise immer noch, hip und angesagt zu bleiben. Bei einem Zuliefererbetrieb fanden sie die 12-jährige Amina, die für ihre Familie 14 Stunden am Tag Etiketten an Pullis anbringt, die Steffi und Sara aus Deutschland dann quietschend in der Umkleide anprobieren. Ihr Vater ist blind, die Familie wohnt in den Slums. So viel zum Thema.

Eine andere Marke, die unlängst für einen Skandal sorgte (aber auch nur fleißigen ARD-Zuschauern den Magen verdarb) ist Buffalo London. Der Schuhhersteller ist bekannt für seine begehrten und recht teuren Schuhe, die sich jung und alt gerne mal gönnen. Auch hier fand ein Dokumentarteam heraus: Das Leder der getesteten Mädchenballerinas war hochgiftig, und stark allergieauslösend. Der indische Distrikt Ambur, stark verseucht und Hochburg der Ledergerberei, ist ein Beispiel dafür, was teure Nobelschuhe mit gefälschtem Etikett eigentlich für eine Katastrophe hinterlassen: Über 700 Ledergerbereien, die versuchen unserem Bedürfnis nach Mode nachzukommen, hinterlassen Tonnen von giftigem Gerbschlamm, der eigentlich als Sondermüll entsorgt werden müsste, jedoch einfach in die Natur geleitet wird. Arbeiter, die sich keine Plastikschuhe für zwei Euro leisten können, die ihre Füße vor dem giftigen Schlamm bewahren würden, und denen die Hautfetzen von den Füßen hängen. Kinder, die auf der Müllhalde spielen und deren Lebenserwartung jetzt schon recht niedrig ist. Und das alles, weil die gesunde pflanzliche Gerbung 40 Tage statt 10 dauert, wie es bei der chemischen mit Chromsalzen der Fall ist. 30 Tage gespart, mehr Schuhe hergestellt, mehr Geld für die reichen Westler, mehr Ballerinas an unseren Füßen.

Auch Apple kann sich da nicht aus der Affäre ziehen: Apple-Zulieferer Foxconn muss sich wegen schlimmen Arbeitsbedingungen und Niedriglöhnen in China rechtfertigen. Eine Selbstmordserie unter den chinesischen Fabrikarbeitern war der traurige Höhepunkt einer längst geahnten Gewissheit: Es gibt keinen Wohlstand ohne Opfer, vielleicht erinnert sich so manch einer daran, wenn er im Apple Store steht und sich das neueste iPhone kauft.