VON LISI WASMER
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13.12.2012 15:59
Rule of Law – Der Globalisierung gerecht werden
Korruption, Armut und Ungerechtigkeit sind keine Probleme, die wir als Industrienation auf weniger entwickelte Länder abwälzen können. Wer von der Globalisierung profitieren will, darf sich auch der Verantwortung für den Rest der Welt nicht entziehen. Mittels eines vermeintlich simplen Umfragetools kämpft das World Justice Project deshalb um die Gleichberechtigung aller Nationen.
Rule of Law, das klingt ein bisschen verstaubt, ein bisschen nach rechtsstaatlicher Überwachung, ein bisschen unheimlich. Was hinter der Rule of Law steckt, ist ein hehres Unterfangen, die Welt ein Stück weit gerechter zu machen. Dem World Justice Project geht es darum, internationale Differenzen mithilfe der Besinnung auf universale Rechte auszugleichen und eine faire Grundlage für eine weltweite Gemeinschaft zu schaffen.
Vier Prinzipien für eine bessere Welt
Die Herangehensweise, mit der das World Justice Project diese Ziele verfolgt, verdankt es wohl nicht zuletzt dem wissenschaftlichen Hintergrund von William H. Neukom, der die Organisation 2006 ins Leben rief. Der damalige Präsident der American Bar Foundation, einer Forschungseinrichtung zur empirisch angewandten Rechtswissenschaft, legte dem Projekt vier universale Prinzipien zugrunde, deren Befolgung die Gleichstellung und Prosperität der weltweiten Staatengemeinschaft sicherstellen soll. Vereinfacht gesagt:
Wie viel ist eine Frau wert?
In Afghanistan und anderen muslimischen Ländern werden traditionell Mädchen gegen Geld zwangsverheiratet. Doch Frauenhandel, insbesondere zum Zweck der Zwangsprostitution, ist viel weiter verbreitet.
[...]»
Die Regierung und Ihre Vertreter stehen nicht über dem Gesetz. Die Gesetze sind klar, öffentlich, stabil und fair. Die Art ihres Erlasses, ihrer Verwaltung und ihrer Durchsetzung ist zugänglich, fair und effizient. Fachkundige, unabhängige und ethische Gesetzeshüter erhalten sie aufrecht. Was tatsächlich schon auf Aristoteles zurückgeht und hier als elitäre Rechtswissenschaft anmutet, hat einen ganz praktischen Bezug. Sei es die Infrastruktur eines Landes, das Gesundheitssystem oder etwa die Gleichberechtigung von Frauen: Entsprechend der vier Prinzipien hat das World Justice Project neun Faktoren festgelegt, anhand derer sich die Verwirklichung der Rule of Law für jeden Staat einzeln messen lässt.
Der Index der Gerechtigkeit
Wo ist die Gesundheitsversorgung nicht allen Bürgern eines Landes gleich zugänglich? Wo gibt es Kinderarbeit? Wo werden die Grundrechte tatsächlich geachtet und wo nicht? Der World Justice Project Rule of Law Index veranschaulicht die internationalen Differenzen in der Durchsetzung der Gerechtigkeitsfaktoren so drastisch wie detailreich: Eine
interaktive Weltkarte zeigt farblich an, welcher Faktor in welchem Land wie gut umgesetzt wird, von der Gewaltenteilung bis hin zur Unbestechlichkeit.
Kein Fall für sich
Dass die Idee der Rule of Law nicht dem World Justice Project vorbehalten ist, steht außer Frage. Die westlichen Industrienationen haben die Rechtsstaatlichkeit längst in ihre Verfassungen aufgenommen, die
Vereinten Nationen sehen es gar als Teil ihrer Mission, die Rule of Law voranzutreiben.
Was neu ist, ist die Zugänglichkeit der Methode, in der sie in all ihrer Vielschichtigkeit und auf globaler Ebene dokumentiert und in Relation gestellt wird; schlicht, schematisch, umfassend. Die Globalisierung birgt massenhaft Möglichkeiten für Ungerechtigkeit. Sie aus der Welt zu schaffen, scheint nahezu unmöglich. Wo anfangen? Das World Justice Project liefert mit seinem Index einen Anhaltspunkt.