VON RICHARD KEHL | 29.09.2010 11:04

UNI Kino: The Social Network

Facebook: Alles nur geklaut?

Das neue „Biopic“ von Regisseur David Fincher zeigt den Aufstieg des ehemaligen Informatik- Studenten/Nerds und Facebook Gründers Mark Zuckerberg mit seinem Netzwerk, seinen Mitarbeitern und Gegnern um sich herum. Im Film geht es auch um Verrat, Freundschaft, Intrigen und den angeblichen Diebstahl geistigen Gedankenguts: der Idee hinter Facebook, die von Harvard Studenten, der Gebrüder Winkelvoss, stammen soll.

Vorab ein Zitat von Mark Zuckerberg über das Geheimnis des Erfolgs seines größten sozialen Netzwerks auf dieser Welt: „Facebook ist erfolgreich weil es cool ist. Facebook wird nie fertig sein und immer weiterentwickelt werden.“

Mark Zuckerberg war nie besonders beliebt als Student und auch kein besonderer Menschenfreund. Man möge ihn eher als ethisch skrupellos bezeichnen - und so wirkt er auch im Film mit seinem Alter Ego (Jesse Eisenberg): egoistisch, unscheinbar, geistig abwesend, kommt allgemein, im Gegensatz zu anderen Studenten, bei Frauen nicht so gut an. Und das lässt er auch seiner Umwelt spüren. Was Mark an Charme fehlt, gleicht er mit der Genialität eines Nerds und einer Menge Ehrgeiz aus.

Bereits zu Beginn des Streifens, als Mark Zuckerbergs Freundin mit ihm Schluss macht, lästert er in einem Blog über sie ab und kopiert in Bierlaune über Nacht die damals stark besuchte aber nicht kommerziell orientierte Seite: hotornot.com; hackte den Server der Uni seiner Ex und initiierte ein ähnliches Studentinnen-Voting mit über 22.000 Visits in nur einer Nacht. Der Server der Uni brach daraufhin zusammen und Mark hatte seinen Ruf weg: Einen Ruf als genialen Computer-Nerd, der bis an die Harvard-Studenten und Brüder Winkelvoss gelangte. Sie luden ihn ein und beauftragten die Programmierung eines Studentennetzwerks - nur für Elitestudenten. Mark vertröstete immer wieder seine Auftraggeber und entwickelte in der Zeit mit seinem Zimmergenossen Eduardo Saverin (Andrew Garfield) das soziale Netzwerk „The Facebook“. Als Facebook werden auch die Jahrgangsbücher in Hardwareform genannt mit Bildern von verdienten Studenten darin. Das Offline-Prinzip wurde als Community online übernommen.

Mark hackte neben Universitäts-Internet-Zugängen auch Journalisten-Accounts, um „The Facebook“ schnell bekannt zu machen, mit User generiertem Content zu füllen, um schnellstmöglich expandieren zu können. Schließlich waren auch schon andere soziale Netzwerk und Communities wie myspace und Konsorten am Start. Und im Online-Zeitalter zählt jede Sekunde Vorsprung. Der ehemalige Erfinder des Music-Sharing-Netzwerks „Napster“ Sean Perkins (Justin Timberlake) lädt Mark Zuckerberg nach Kalifornien zu sich ein und stellt ihm die ersten Großinvestoren vor. Er riet auch Mark Zuckerberg „The“ vor „Facebook“ wegzulassen. Mit der Kombination aus dem Hinwegsetzen über Datenschutzbestimmungen, gehackten Konten, Teilen von User generierten Inhalten und Community ist das Netzwerk „Facebook“ weltweit expandiert und bis heute das größte soziale Netzwerk im Netz.

Parallel zur Facebook-Expandierung wird der Rechtsstreit der Gebrüder Winkelvoss, um den geistigen Diebstahl von „Facebook“ einzuklagen, gezeigt. Ein Ruderwettbewerb bei dem die Brüder erstmals Zweiter werden ist symbiotisch für ihren Rechtsstreit gegen Mark Zuckerberg. Trotzdem wurde ihnen eine Vergleichssumme von 67 Millionen Dollar zugesprochen, während Mark seine anderen Partner Sean Perkins und Eduardo Saverin immer mehr ins Abseits und aus Facebook drängt.

Mit The Social Network ist David Fincher ein spannendes Porträt über „Facebook“ und dessen Gründers Mark Zuckerberg gelungen. Es ist eine Art modernes „Wall Street“. Hier geht es allerdings nicht um Börsennotierungen, dafür um Online-Zahlen. Die Großen fressen hier nicht die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen. Eine Freundschaft ist Mittel zum Zweck, es wird „über Leichen gegangen“, um das Ziel zu erreichen, auch wenn die Freundschaft und andere moralische Aspekte auf der Strecke bleiben.

Viel ist bereits über den „Facebook-Erfinder“, ehemaligen Informatik-Studenten und heute mehrfacher Milliardär Mark Zuckerberg bereits bekannt. Diese Informationen hat auch Regisseur David Fincher in seinem Film „The Social Network“ einfließen lassen, setzt auf intelligente Dialoge und Präsenz seiner Darsteller. Bis auf Jesse Eisenberg verbindet den Film nur wenig Ähnlichkeit mit ihren realen Vorbildern. Dennoch können fast alle Rollen in diesem modernen Biopic/Gerichtsdrama überzeugen. Um auch das Mainstreampublikum zu bedienen wurde Justin Timberlake als Jean Perkins engagiert, Sympathieträger und Frauentyp Andrew Garfield als Eduardo Severin besetzt. Leider schwimmt der Film etwas an der Oberfläche, wärmt bereits in Onlinekreisen bekannte Thesen auf. Statt Hintergrund-Fakten, Verschwörungstheorien, Investoren und Strukturen wird nur die Facebook-Fassade und eine Welt von Studenten, Party, MTV- und Jackass-Kultur gezeigt.