VON CLEMENS POKORNY | 29.05.2017 19:10

Urbanistik: Ein überraschend vielseitiges Studium mit guten Perspektiven

Wer gerne plant, sich für gesellschaftliche Entwicklungen interessiert, international studieren möchte und ein Thema gerne von mehreren Seiten beleuchtet, sollte ein Studium der Stadtplanung in Erwägung ziehen. Besonders vielfältig ist der Studiengang „Urbanistik“ in Weimar. An der dortigen Universität und im verpflichtenden Auslandssemester lernen die Studierenden alles, was sie für ihre spätere Tätigkeit brauchen, in acht statt nur sechs Semestern – und das hat seinen guten Grund.



In Deutschland mag es nur zum Teil stimmen, doch weltweit gesehen ist der Trend eindeutig: Die Menschen ziehen in die Städte. Damit diese Urbanisierung in geregelten Bahnen verläuft, wird Stadtplanung betrieben – seit mehreren Jahrtausenden. Ein besonders markantes Beispiel hierzulande ließ Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz ab dem Jahr 1600 durchführen: Der Stadtkern Mannheims, „Quadratestadt“ genannt, wurde in viereckigen Häuserblöcken geplant, die zusammen den Eindruck eines Schachbretts erwecken (vgl. Bild).

Moderne Stadtplanung sieht freilich anders aus. Sie berücksichtigt die räumlichen und sozialen Strukturen einer in der Regel bereits bestehenden Stadt und wirkt auf deren Entwicklung hin. Dazu erstellen die in der Stadtplanung Tätigen Flächennutzungspläne für eine Gemeinde bzw. ein Viertel und konkretisieren diese dann in Form von Bebauungsplänen. Was abstrakt klingt (und von vielen Rechtsvorschriften eingeschränkt wird), lässt gleichwohl Kreativität zu und bietet die Möglichkeit, die eigenen Vorstellungen Wirklichkeit werden zu lassen. Welche anderen Normalverdienenden können von sich behaupten, sie prägten das Bild ihrer Stadt entscheidend mit?!

In Deutschland führen viele Wege zu diesem Ziel. Architektur, Bauingenieurwesen, Geografie, Landschafts- oder Raumplanung sowie das Verkehrsingenieurwesen tragen jeweils das ihre zur Stadtentwicklung bei. Stadtplanung selbst kann man unter verschiedenen Namen an mehreren deutschen Universitäten und Hochschulen studieren. An der Bauhaus-Universität in Weimar nennt sich der entsprechende Studiengang „Urbanistik“ (von lat. urbs „die Stadt“). Seine Besonderheit: Der Bachelor wird zwar erst nach acht Semestern erreicht. Dafür ist er aber europaweit anerkannt, und die deutsche Architektenkammer ermöglicht den Absolventinnen und Absolventen nach der erforderlichen Berufspraxis von zwei Jahren die Eintragung als Stadtplaner. Ein Master-Aufbaustudium ist somit für die Karriere nicht zwingend nötig.

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Viele, die in Weimar Urbanistik studiert haben, arbeiten danach allerdings in anderen Ländern. Immerhin haben sie schon während des Studiums ein verpflichtendes oder gar zwei Semester im Ausland verbracht – an einer der Partneruniversitäten in europäischen Ländern, Lateinamerika, den USA oder auch in China. Ebenso vielfältig wie die möglichen Studienorte sind die Fächer des interdisziplinären Studiengangs Urbanistik: Raum- und Stadtplanung, Architektur, Stadtsoziologie und Denkmalpflege, Planungspolitik und Energieversorgung stehen stellvertretend für die Breite der Disziplin, wie sie in Weimar gelehrt und gelernt wird. Die Begrenzung auf 40 Studienplätze gewährleistet eine intensive Betreuung der Studierenden.

Ob man nun in Weimar Urbanistik studiert oder eines der (wenigen) anderen Studienangebote zur Stadtplanung in Deutschland nutzt: Die weltweite Urbanisierung und die relativ geringe Zahl an Universitäten und Hochschulen, die junge Menschen zu Stadtplanerinnen und Stadtplanern ausbilden, sorgen für vergleichsweise gute Berufsperspektiven. Neben der freiberuflichen Tätigkeit bietet sich die Weiterqualifizierung in Form des städtebaulichen Referendariats an, das auf den höheren bautechnischen Verwaltungsdienst vorbereitet. Wer sich für die bauliche Gestaltung von urbanem Raum interessiert, sollte daher neben den „klassischen“ Studiengängen wie Architektur oder Bauingenieurwesen die Stadtplanung bzw. Urbanistik berücksichtigen.