VON LISI WASMER | 15.07.2013 15:32

Nahrungsmittel – ein teures Vergnügen

Laut eines im Oktober 2012 von der „Food and Agriculture Organization“ der Vereinten Nationen veröffentlichten Reports leiden weltweit fast 870 Millionen Menschen an Unterernährung. Das entspricht mehr als zwölf Prozent der Weltbevölkerung. Dabei ist der fehlende Zugang zu Nahrungsmitteln das eine zentrale Problem. Ein anderes sind die seit Jahren steigenden Lebensmittelpreise. Denn Bevölkerungswachstum, schlechte Ernten, aber auch Spekulationen und der Einsatz von Biokraftstoff treiben die Preise in die Höhe. Wie die einzelnen Faktoren wirken, wer von steigenden Preisen profitiert und wen sie teuer zu stehen kommen.


Fast 7,2 Milliarden Menschen umfasst die derzeitige Weltbevölkerung. Das sind 300 Millionen Menschen mehr als noch 2010. Für 2050 prognostiziert die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung schon 9,6 Milliarden Menschen. All diese Menschen müssen essen. Und im Grunde gäbe es auch ausreichend Lebensmittel, um sie alle zu ernähren. Aber Lebensmittel sind teuer. So teuer, dass gerade in ärmeren Ländern Millionen von Menschen an Unter- oder zumindest Mangelernährung leiden. Aber warum sind Nahrungsmittel so teuer? Der Verein „Deutsche Welthungerhilfe“ nennt auf seiner Website die drei Hauptgründe: Neben Spekulationen auf Agrarrohstoffe seien vor allem der vermehrte Einsatz von Biokraftstoffen und massive Agrarexportsubventionen schuld an den steigenden Nahrungskosten.

Faktor Umweltpolitik

Biosprit

Spekulation mit dem Hunger

Als der umstrittene Kraftstoff „E10“ eingeführt wurde, gab es viel Unmut in der deutschen Bevölkerung. In aller Regel ging es hierbei vordergründig um die Sorge, das Auto würde den Kraftstoff nicht vertragen. An Menschen in Entwicklungsländer wurde zunächst jedenfalls nicht gedacht. Dabei sind gerade sie die Hauptleidtragenden der steigenden Verbreitung von Biokraftstoffen. Denn die Rohstoffe für „E10“ müssen angebaut werden. Angebaut auf Feldern, die so nicht mehr zur Lebensmittelproduktion genutzt werden können. Das senkt die Erträge und steigert so wiederum die Preise für Nahrungsmittel. So stark, dass Millionen von Menschen nicht mehr in der Lage sind, sich ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen.

Faktor Wirtschaftspolitik

Die Menschen leiden also Hunger, bedürfen günstigerer Nahrungsmittel. Betroffene Länder importieren massenhaft Lebensmittel aus Industrienationen wie Deutschland, die ihre Produkte dank enormer staatlicher Subventionen billig ausführen können. Wer aber glaubt, damit sei das Problem gelöst, der denkt nicht weit genug. Fakt ist, dass die Kleinbauern in den Entwicklungsländern keine Chance haben, mit den günstigen Produkten aus Deutschland und Co. zu konkurrieren; so rutschen die ärmeren Länder immer weiter in die Abhängigkeit besser gestellter Staaten. Der Hunger bleibt.

Dirk Niebel (FDP), Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, fordert deshalb eine Beendigung der Agrarexportsubventionen in Deutschland bis 2013. Vage Unterstützung erhält er dabei auch von Bundesernährungsministerin Ilse Aigner (CSU).

Faktor Spekulation

Wo die einen verlieren, gewinnen die anderen. Bereits 2008 nutzten viele Kapitalanleger die rasch steigenden Nahrungskosten, um am Lebensmittelmarkt immense Gewinne einfahren zu können. Ihre Spekulationen führten zu einem noch rascheren Anstieg der Rohstoffpreise und damit indirekt wiederum zur Verteuerung von Nahrungsmitteln.

Was kann getan werden?

Zu wissen, was die Gründe für den schier stetigen Anstieg der Nahrungsmittelkosten sein mögen, reicht aber nicht aus. Die Frage ist: Was kann dagegen getan werden? Eine Beendigung der Agrarexportsubventionen ist ein Schritt. Weitere nennt zum Beispiel die humanitäre Organisation „World Food Programme“ auf ihrer Website: So sei es etwa notwendig, Lebensmittelreserven anzulegen, auf die im Falle größerer Ernteausfälle, beispielsweise aufgrund von extremen Wetterbedingungen, zurückgegriffen werden kann. Sie empfiehlt außerdem den Ausbau „sozialer Sicherheitsnetze“ wie Ernährungsprogramme für Mütter und Kinder oder Schulmahlzeiten. Wichtig ist und bleibt natürlich auch das Bewusstsein für die Situation in den betroffenen Regionen. Denn selbst wenn man sich als Bürger einer Industrienation über gestiegene Preise für Lebensmittel ärgern mag. Teuer zu stehen kommt der Kostenanstieg vor allem andere.