VON CLEMENS POKORNY
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05.01.2015 14:43
Sag, wie hältst du's mit der Milch?
Sollen wir Kuhmilch trinken oder nicht? Ist sie gesund oder fördert sie gar die Entstehung von Krankheiten? Kaum ein anderes Thema diskutieren Ernährungsexperten so kontrovers, kaum ein anderes Nahrungsmittel bietet der Forschung noch so viel Stoff wie die Milch. UNI.DE informiert über einige weniger bekannte Aspekte der beliebten weißen Emulsion.
Laut einem Werbeslogan macht Milch müde Männer munter. Wissenschaftlich ist da nichts dran. Der hohe Kalziumgehalt beugt zwar Osteoporose, Übergewicht, Bluthochdruck und Herzinfarkten vor, könnte aber auch das Auftreten von Morbus Parkinson, Prostatakrebs bei Männern sowie Diabetes Typ 1 begünstigen. Niemand bestreitet aber, dass Kuhmilch nahrhaft und wachstumsfördernd ist. Dennoch streiten sich die Fachleute um den Milchgenuss.
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Seit etwa 10.000 Jahren trinken Menschen in Europa vermehrt Kuhmilch. Zur gleichen Zeit, als sie sesshaft zu werden begannen, setzte sich bei den frühen Europäern mehrheitlich eine Genmutation durch, aufgrund derer wir heute noch auch als Erwachsene Milch eher vertragen als z.B. Asiaten. Denn unser Körper kann häufig auch im Erwachsenenalter genügend Laktase produzieren, also dasjenige Enzym, das für die Aufspaltung von Milchzucker (Laktose) im Zuge des Verdauungsprozesses benötigt wird. Laktoseverträglichkeit (Laktosepersistenz) kann als
Voraussetzung für die Ausbreitung der bäuerlichen Landwirtschaft in Europa angesehen werden – und war ein
großer evolutionärer Vorteil, etwa bei Nahrungsmittelknappheit. Nicht zuletzt liefert Kuhmilch das Eiweiß Casein. Bekanntlich lässt sich tierisches Eiweiß nur schwer oder gar nicht vollständig durch pflanzliches ersetzen, und in Form von tierischer Milch kommen wir – im Prinzip – an tierische Proteine, ohne ein einziges Tier töten zu müssen. Es ist daher kein Wunder: Milch und Milchprodukte sind aus unserer heutigen westlichen Ernährung nicht wegzudenken.
Doch
Milch ist nicht gleich Milch, was auch erklärt, dass die wissenschaftlichen Studien zu ihren Wirkungen auf den menschlichen Körper unterschiedlich ausfallen. Eine Faustregel lautet: Je stärker die Milch verändert wurde – durch Erhitzen (Pasteurisieren) oder durch Verkleinerung ihrer Fettglobule (Homogenisieren) –, desto weniger gesund ist sie. Vor völlig unbehandelter Rohmilch warnen Forscher allerdings wegen der hohen Keimbelastung –
was nicht unbestritten bleibt. Als noch bedeutsamer könnte sich ein schon vor einigen Jahren entdeckter
Unterschied zwischen zwei Milchtypen erweisen. Abhängig von der Rasse des Milchviehs enthält die Kuhmilch Beta-Casein vom Typ
A1 oder A2. Der Unterschied: Bei der A1-Milch sitzt an der 67. Stelle der Aminosäurekette, die das Protein Beta-Casein bildet, die Aminosäure Histidin, während dort bei der A2-Milch Prolin vorliegt. Wird das Beta-Casein vom 1. Typ im Darm aufgespalten, entsteht das Opiat Beta-Casomorphin-7, das im Verdacht steht, Müdigkeit, Verdauungsprobleme, koronare Herzerkrankungen und Diabetes zu begünstigen. Leider kommt fast die gesamte in Deutschland erhältliche Kuhmilch von Rindern, die A1-Milch liefern. A2-Milch liefern nur asiatische Rinder (z.B. Yaks) oder die Rassen von den Kanalinseln Jersey und Guernsey, die fast gar nicht mit anderen in Europa verbreiteten Rindern gekreuzt wurden, sowie Schafe und Ziegen. Noch sind die Forschungen zu diesem Thema aber nicht so weit abgeschlossen, dass sich eindeutige Aussagen dazu formulieren ließen.
Vorerst sollte ein
mäßiger Genuss von Milch und Milchprodukten weiterhin zu einer gesunden Ernährung des Omnivoren und Opportunisten Mensch dazugehören. Bewusste Konsumenten können darauf achten, dass
dem Milchvieh seine Hörner belassen wurden – nur der Bio-Verband Demeter garantiert dafür.