VON RICHARD KEHL | 06.12.2011 10:37

Kriegerin

Bei „Kriegerin“ handelt es sich um den neuen Film von Drehbuchautor und Regisseur David Falko Wnendt über perspektivlose Jugendliche und ihrem Hang zum Rechtsradikalismus. Darunter auch eine junge, extrem gewaltbereite „Nazibraut“, deren rechtsradikale Gesinnung durch ihren Amoklauf ins Wanken gerät.

Die „Kriegerin“ ist das 20-jährige Mädchen Marisa. Wenn Marisa diskutiert lässt sie nicht Worte sprechen, sondern Fäuste fliegen. Sie lebt allein mit ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung in einer Kleinstad im Osten von Deutschland. Beide arbeiten in einem ortsansässigen Supermarkt. Im Gegensatz zu Marisa und ihrem Freund ist ihre Mutter nicht rechtsradikal gesinnt und bedient auch im Ort untergekommene Asylanten – Kriegerin Marisa macht das grundsätzlich nicht. Für die Rechtsradikale sind alle Ausländer, Schwarze, Politiker, Juden Schuld an ihrer Misere und der des Landes. Das Mädchen und ihr eben aus der Haft entlassener Freund leben nach dem Motto: Das Leben ist Krieg und der Krieg fordert seine Opfer. Diese Doktrin hat sie aus der strengen Erziehung von ihrem Großvater Franz übernommen, der unter Hitler als Soldat diente. Dementsprechend bewegt Marisa sich in der rechten Szene offensiv und zeigt ihre Gesinnung auch mit ihrem Äußerem: Die Haare sind seitlich abrasiert, im Friseurjargon Undercut genannt; Marisas Shirt mit Aufschrift „Nazibraut“ ist ärmellos , damit auch ihre etlichen Tatoos - von Hiterbild, Hakenkreuz, germanischen Symbolen – gut zu sehen sind. Als eines Tages ein Streit zwischen ihr und zwei ortsansässigen Neu- Asylanten blutig eskaliert, fängt Marisa an, ihre rechtsradikale Gesinnung in Frage zu stellen. Ganz anders dagegen ist die 15-jährige Halbwaise Svenja. Das Mädchen kommt aus gutem, strengem Hause, durchlebt die Phase der Rebellion und ist sehr empfänglich für jegliches nicht bürgerliche Gedankengut. Für Svenja ist „Nazibraut“ Marisa ein Vorbild und rutscht durch typische Teenie-Probleme in die rechtsradikale Szene ab, während die Kriegerin Marisa ihr bisheriges Weltbild durch die aktuellen Ereignisse immer mehr in Frage zu stellen beginnt. Die seltsame Freundschaft zwischen beiden wird Marisa letztendlich zum Verhängnis.

Die Diskussion um ein Verbot rechtsradikaler Parteien ist seit dem Bekanntwerden der bisher unaufgedeckten Neonazi-Mordserie aktueller denn je. Auch mit gewaltsamen und blutigen Übergriffen von Neonazis auf anders Denkende beschäftigt sich „Kriegerin“.

Leider lässt der Film einige Fragen offen, etwa wie und warum es überhaupt zu solchen Überläufen ins rechte Lager kommen kann. Die Suche von Jugendlichen nach einer Ersatzfamilie, Politikverdrossenheit, die Wut auf anders Denkende und das System, werden als Motiv lediglich an der Oberfläche bei Party mit Bier, Wein, Weib und Gesang mit Alt- und Jung-Nazis angeschnitten.

Insgesamt gesehen ist Kriegerin aber ein sehenswerter Film mit überzeugenden Jungdarstellern. Die 26-jähirge Alina Levshin als Marisa und Jella Haase als die 15-jährige Svenja, verleihen dem Film das nötige Temperament und Tempo, das jedoch auch zeitweise etwas verloren geht.

Allerdings lässt „Kriegerin“ Neonazis unserer Tage entsprechend offensiv auftreten. Das birgt aber wiederum die Gefahr - wie beim Streifen „Romper Stomper“, dass eben diese Brutalität von Neonazis für ihre Zwecke missbraucht werden könnte. „Romper Stomper“ – eigentlich ein Film gegen Neonazis – wurde aufgrund der gezeigten Brutalität in der rechten Szene zum Kultfilm. „Kriegerin“ startet in den deutschen Kinos am 19.01.20212