„Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“, fragt Bert Brecht in der „Dreigroschenoper“. Ähnlich denken die drei Bären Stinker, Krause und Dr. Fies, als sie auf die Idee kommen, Gemeinheiten künftig nicht mehr aus Spaß zu verüben, sondern gegen Geld zu verkaufen. Selbstverständlich werden diese Bärendienste im doppelten Wortsinne nicht dem Käufer erwiesen, sondern denjenigen, für den die solventen Kunden die Gemeinheit bestellt haben. Und so profitieren die Bären von der Demütigung ihrer Mitbürger ungleich mehr: Sie lassen sich – wie Banker – ihr schändliches Gewerbe auch noch gut bezahlen.
Im spießigen Städtchen Nöcklingen findet das infernalische Trio einen idealen Absatzmarkt, und ein Fisch gewordener Kredithai will gleich mitverdienen. Er stattet die Bären mit Anzug und Krawatte aus und legitimiert damit symbolisch das Geschäft der „Bärendienst GmbH“ („Gemeinheit mit besonderer Heimtücke“). Erst reagieren die Nöcklinger scheinbar entrüstet, doch es dauert nicht lange, bis die Austragung eines Nachbarschaftskonflikts an die Profis des Bösen delegiert wird. Den ersten Auftraggeber belehrt Dr. Fies: „Wir alle haben Nachbarn, die meisten von uns sogar mehrere. Nachbarn sind, sozusagen, eine Plage Gottes, die uns daran erinnern soll, dass Adam besser allein geblieben wäre.“ Die zweite Hälfte dieser Philosophie unterschlägt er freilich: „Wir alle haben nicht nur Nachbarn, wir sind auch welche!“ Homo homini lupus, wusste schon Thomas Hobbes. Und so zieht jede professionell ausgeführte Gemeinheit eine Gegengemeinheit nach sich – bis die Häuser der Nachbarn „in Schutt und Asche lagen und sie selbst im Grab.“ Doch einmal engagiert, können sich die drei Bären vor Aufträgen nicht mehr retten...
Eine allzu pessimistische Perspektive? Einstein hätte dagegen gehalten: „Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Und: „Der Mensch erfand die Atombombe, aber keine Maus käme auf die Idee, eine Mausefalle zu konstruieren.“ Nun sind es in „Die Bärendienst GmbH“ aber gerade knuddelige Teddys, die andere Tiere dazu anstiften, sich gegenseitig Schaden zuzufügen. Diese Fabel lehrt uns durch die Artenvielfalt der Beteiligten, dass niemand frei von Abneigung gegenüber seinen Mitmenschen ist. Martin Karau hat sie mit einem Wortwitz geschrieben, der erst vom erwachsenen Leser gänzlich verstanden werden kann; Analoges gilt für die zahlreichen, detaillierten Illustrationen Bernd A. Chmuras. Und die Moral von der Geschicht' lädt dazu ein, darüber nachzudenken, warum das menschliche Zusammenleben immer wieder scheitert und in Konflikte von nahezu beliebig steigerbarer In- und Extensität mündet.
Martin Karau (Text)/Bernd A. Chmura (Illustrationen): Die Bärendienst GmbH
Altberliner Verlag 1991. 24 Seiten
ISBN 3-357-00406-2 (nur noch antiquarisch erhältlich)